Das Comeback des russischen Rubel

Im Vorjahr mit der weltweit schlechtesten Entwicklung - Nun legt er zu wie keine zweite Währung

Das Comeback des russischen Rubel

Von Eduard Steiner, MoskauInmitten einer Fülle von Negativnachrichten aus Russland vollzieht sich plötzlich ein Positivtrend auf einer Seite, von der man einen solchen am wenigsten erwartet hätte: Der Rubel gewinnt seit Wochen an Stärke und hat gestern ein neues Jahreshoch markiert. Konkret verbilligte sich der Euro allein gestern um 3 % auf 56,017 Rubel, der Dollar fiel zum Rubel um 3,2 % auf 51,937 Rubel.Damit hat die russische Währung seit Februar zum Euro fast ein Drittel an Wert gewonnen, zum Dollar immerhin ein gutes Viertel. Keine zweite Währung weltweit steigt derzeit in solchem Tempo an. Freilich: Auch keine zweite Währung – außer der ukrainischen Hrywnja – war 2014 so tief abgestürzt und hatte mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren.Die jetzige positive Gegenbewegung sticht vor allem deshalb ins Auge, weil sich die Entwicklung der Währung seit März von der Dynamik des für Russland so entscheidenden Ölpreises entkoppelt hat. Bis dahin hatte der Rubel die Bewegung des Ölpreises weitgehend abgebildet. Nun zieht er seit Wochen nach oben, obwohl der Preis der für Russland maßgeblichen Nordseeölsorte Brent nach einem Erholungsschub Ende Januar unspektakulär in einem Korridor zwischen 55 und 60 Dollar je Barrel pendelt.Auf dem Markt herrscht die Einschätzung, dass der Rubel im Vorjahr übermäßig verloren habe, so dass eine Gegenbewegung nur eine Frage der Zeit gewesen sei. In der Tat hatten mehrere Negativemotionen einander bis Ende Januar verstärkt. So war befürchtet worden, dass der Ölpreis noch weiter – und zwar bis zu 30 bis 40 Dollar – absacken würde. Dazu kam die Unberechenbarkeit in der russischen Außenpolitik. Und schließlich noch die Angst, wie Russlands Firmen die Rückzahlungen ihrer Auslandsschulden stemmen würden. Am Ende kam alles nicht so dick wie befürchtet. Durch Repo-Geschäfte mit der Zentralbank konnten die Unternehmen ihre über 60 Mrd. Dollar Auslandsschulden im ersten Quartal bedienen, ohne den Devisenmarkt zu belasten. Auch die politische Situation in der Ostukraine hat sich trotz aller Fragilität deutlich beruhigt. Außerdem hat der sanktions- und währungsbedingte Einbruch des Imports (im Januar 40,7 %) die Nachfrage nach Devisen gebremst. Zuletzt begann die Bevölkerung wieder vermehrt Fremdwährungen zu verkaufen, Ausländer investieren vermehrt in russische Aktien, die gemäß Leitindex RTS seit Anfang Februar um 34 % zulegten. Schließlich beginnen makroökonomische Daten immerhin um eine Spur besser auszufallen.Der Rubel kehre zu seinem fundamentalen Wert zurück, so Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew dieser Tage. Analysten sehen die Gegenbewegung aber schon ihrem Ende zuzugehen, zumal Exportfirmen in Erwartung eines schwächeren Rubel zuletzt aufgehört haben, ihre Devisenerlöse in Rubel zu wechseln.Was die Prognose zum BIP-Wachstum betrifft, so erklärte Uljukajew, die Rezession dauere erstens nur drei Quartale an und werde maximal 3 % ausmachen. Das sei das konservative Szenario, dem ein Ölpreis von 50 Dollar je Barrel zugrunde liege. Die Weltbank ist pessimistischer und geht von einer zweijährigen Rezession aus, wobei das BIP 2015 zwischen 2,9 und 4,6 % fallen dürfte.