LEITARTIKEL

Das grüne Anleihejahr 2018

Das Jahr 2018 wird das Jahr der grünen Anleihen. Dem Vernehmen nach interessieren sich immer mehr Emittenten für diese Bonds, mit denen Umwelt- und Klimaschutzprojekte wie beispielsweise im Bereich der erneuerbaren Energien, der...

Das grüne Anleihejahr 2018

Das Jahr 2018 wird das Jahr der grünen Anleihen. Dem Vernehmen nach interessieren sich immer mehr Emittenten für diese Bonds, mit denen Umwelt- und Klimaschutzprojekte wie beispielsweise im Bereich der erneuerbaren Energien, der Wasserversorgung/Abwasserentsorgung oder Müllentsorgung finanziert werden. Emittenten aus praktisch allen Bereichen wie Banken, Unternehmen und Staaten sowie halbstaatliche Adressen sind in der Vorbereitung von Debüt-Emissionen und setzen sich demzufolge intensiv mit Green Bonds und allem, was damit zusammenhängt, auseinander. Und auch auf der Investorenseite ist Green Finance ein zentrales Thema; manch einer sieht darin einen Megatrend, nicht nur für dieses Jahr, sondern für die nächsten Jahre. Es sind auch nicht mehr nur die Millennials, also die einige Jahre vor der Jahrtausendwende geborenen Menschen, die dem Thema “grün” oder “nachhaltig” einen sehr hohen Stellenwert beimessen. Auch bei anderen Anlegergruppen sind grüne Anleihen und von diesem Bereich ausgehend die nachhaltigen Geldanlagen längst ein immer wichtiger gewordener Aspekt.Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass das Thema “grün” nicht nur auf Anleihen beschränkt bleiben wird. Werner Hoyer, Präsident der in Luxemburg beheimateten Bank der EU – der Europäischen Investitionsbank (EIB) -, hat natürlich völlig recht, wenn er prognostiziert, dass sich dieses Thema in der nächsten Zeit sehr viel weiter ausdifferenzieren wird. Blaue Bonds zur Erhaltung der Ozeane, soziale Anleihen/Migrationsbonds, Smart-City-Anleihen sind nur einige Beispiele hierfür. Ausgehend vom Fixed-Income-Bereich werden auch andere Kapitalmarktsegmente und Produkte vom grünen Virus infiziert werden. Grüne Investmentfonds sind längst im Gespräch, grüne Aktienindizes stehen zwar erst am Anfang, aber es gibt sie eben schon.Das Kapitalmarktthema “grün” ist aber weitreichender, als sich das so mancher Emittent heute vorstellt. Wer heute eine herkömmliche, also nichtgrüne Anleihe kaufen will, macht seine Kaufentscheidung im Wesentlichen von drei bzw. vier Aspekten abhängig. Wer ist der Emittent und in welcher Rating-Liga ist er zu Hause, ist die erste zu beantwortende Frage. Zweitens: Welche Laufzeit hat der angebotene Bond? Drittens: Welche Rendite wirft er ab, bzw. welcher Risikoaufschlag wird offeriert? Wenn diese Aspekte zur Zufriedenheit des Investors ausfallen, der Bond also ins Portfolio passt, wird geordert. Für Investoren und Emittenten gleichermaßen ein übersichtliches Spiel. Aber gilt das auch für grüne Anleihen oder andere nachhaltige Kapitalmarktprodukte? Nein! Denn hier geht es darum, wie der Emissionserlös verwendet wird. Wird das Geld so eingesetzt wie angekündigt? Welchen Umwelteinfluss hat man denn mit der grünen Anleihe erzielt? Emittenten müssen dafür ein entsprechendes Berichtswesen aufsetzen und sich der Kontrolle unabhängiger Zertifizierer aussetzen, nicht nur einmal, sondern laufend. Das ist mit entsprechendem Aufwand verbunden – denn solche Anleihen können auch mal zehn und mehr Jahre laufen.Aber nicht nur die Emittenten stehen vor Herausforderungen, sondern auch die Anleger. Nicht jeder Anleger wird das Geld immer selbst in grünen Anleiheportfolios managen wollen oder können. Hier wird auf Fondsmanager zurückgegriffen. Und die müssen sich überzeugende Deinvestitionsprozesse überlegen, wenn Kapitalanlagegelder bei Emittenten einmal nicht so eingesetzt werden wie versprochen. Wie geht man dann mit so einer Adresse in Zukunft um, und wie gestaltet sich der Verkaufsprozess solcher Anleihen/Produkte, vor allem in schwierigen, d.h. volatilen Marktphasen? Und schließlich muss man auch die Seriosität der Zertifizierer genauer betrachten.Doch damit nicht genug. Anleger werden bei den Emittenten auch darauf achten, wie tiefgreifend sich eine Adresse dem Thema “Green Finance” tatsächlich verpflichtet fühlt. Wird eine grüne Anleihe oder ein anderes grünes bzw. nachhaltiges Kapitalmarktprodukt als Modetrend angesehen? Nach der Devise: Das ist jetzt gerade “in”, da müssen wir doch dabei sein. Das wird sicherlich zu wenig sein. Denn Investoren achten darauf, ob der Emittent “grün” und “nachhaltig” vorlebt. Wie sieht es denn mit der Klimaeffizienz des Bürogebäudes dieser Adresse aus? Wie fortschrittlich ist man beim Thema Abfallentsorgung, E-Mobilität, grüner Strom etc.? Wer einfach nur eine grüne Anleihe emittiert, weil es gerade schick ist, kann mit dem Green Bond auch schnell sein blaues Wunder erleben – nämlich dann, wenn die Investoren über seine Anleihe den Daumen senken und dem Emittenten den Rücken kehren, und das vermutlich für eine sehr lange Zeit.——–Von Kai Johannsen2018 wird das grüne Anleihejahr. Auf Investoren und Emittenten kommen gewaltige Herausforderungen zu. Denn mit Emission und Kauf allein ist es nicht getan.——-