IM GESPRÄCH: STEPHEN KING, HSBC

"Das ist ein Nullsummenspiel"

Den Währungskrieg kann nach Ansicht des Ökonomen nur eine internationale Übereinkunft beenden

"Das ist ein Nullsummenspiel"

Währungskriege sind keine Lösung für globale Ungleichgewichte und deflationäre Trends. Dieser Überzeugung ist Stephen King, Chefvolkswirt der britischen Großbank HSBC. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung setzt er sich für eine neue globale Übereinkunft gegen den Abwertungswettlauf ein. Besonders gefragt seien hierbei die USA, China und Deutschland.Von Stefan Schaaf, DüsseldorfDie Devisenmärkte haben immer schon turbulente Phasen erlebt. Beispielsweise in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts: Als die US-Notenbank Federal Reserve zu Beginn des Jahrzehnts zur Brechung der hohen Inflation die Leitzinsen drastisch anhob, schoss der Dollar in die Höhe. Der inzwischen berühmte Plaza Accord (benannt nach dem gleichnamigen Hotel in New York) der sieben wichtigsten Industrienationen (G 7) bremste diese Entwicklung ab. Als der Dollar einige Jahre später abrutschte, half eine weitere Übereinkunft, der Louvre Accord, den Devisenmarkt zu stabilisieren.Die beiden Abkommen zieht King als Beispiel heran, wenn er sich für eine neue internationalen Übereinkunft am Währungsmarkt ausspricht. “Ein Accord wäre eine Möglichkeit, aus dem Teufelskreis an Abwertungen und infolge dessen einem globalen deflationären Umfeld auszubrechen”, betont er.Die jüngste Abwertungsrunde war durch die Europäische Zentralbank (EZB) mit der Ankündigung einer quantitativen Lockerung ausgelöst worden. Aber auch die Notenbanken in Japan sowie kleineren Ländern wie jüngst Schweden versuchen mittels Schwächung ihrer Währung die Inflationserwartungen zu erhöhen. Diese Strategie kann aber global nicht funktionieren, ist King überzeugt. Denn die Welt als Ganzes könne schließlich nicht abwerten – solange sie nicht mit dem Mars Handel treibt, wie der Ökonom scherzhaft sagt. “Durch die Abwertungen wandert die Deflation von Region A nach Region B”, so King. “Das löst die Probleme nicht. Wenn der Euro über lange Zeit zum Dollar abwertet, exportiert Europa dadurch schlichtweg Deflation in die USA.” Auf globaler Ebene sei es durch den Export von Deflationserwartungen mittels immer lockerer Geldpolitik nicht möglich, die Inflationserwartungen zu steigern. “Die Inflationsgewinne des einen sind die Deflationsverluste des anderen, das ist ein Nullsummenspiel”, betont er.Einen Ausweg sieht der HSBC-Volkswirt in einer neuen internationalen Übereinkunft. Besondere Verantwortung für einen solchen Accord tragen seiner Ansicht nach die USA, China und Deutschland – Erstere mit Leistungsbilanzdefizit, potenziell steigenden Zinsen und einer Aufwertung des Dollar. China und Deutschland erzielen hingegen Leistungsbilanzüberschüsse. “Die USA sollten die Erhöhung der Leitzinsen zunächst vergessen”, legt King der Fed nahe. Damit könnte die Aufwertung des Dollar gegen nahezu alle Währungen und damit der Export von Deflation gestoppt werden. Im Fall Chinas spricht sich King für eine Stärkung des Konsums aus, wozu eine Reform der Kreditvergabe an Private beitragen könne. Das größte wirtschaftliche Ungleichgewicht in der Volksrepublik rühre von der hohen privaten Sparrate her.Und damit ist der Ökonom auch bei Deutschland, das regelmäßig von eher nachfrageorientierten Volkswirten wegen der hohen Ersparnisse kritisiert wird. “Deutschland muss sich anpassen, weil es einen enormen Leistungsbilanzüberschuss erwirtschaftet. Dies ist kein Zeichen von Exporterfolgen, sondern vielmehr davon, dass die Erträge daraus eher gespart als ausgegeben werden.” Kings Lösungsvorschlag ist die Anhebung des Renteneintrittsalters, damit die Deutschen weniger für das Alter sparen und so über mehr Konsum die globale Nachfrage stützen können. Für Deutschland bestehe das Risiko, dass es “Verluste auf sein Auslandsvermögen hinnehmen muss”, warnte King. Schließlich seien viele der deutschen Ersparnisse nach Südeuropa geflossen. Allerdings räumt King einem neuen Währungs-Accord relativ geringe Chancen ein, schon allein weil anders als vor 30 Jahren mehr Länder beteiligt werden müssten. Zudem habe sich die Interessenlage einzelner Länder geändert. Deutschland etwa habe in den frühen achtziger Jahren die D-Mark-Aufwertung im Kampf gegen die Inflation begrüßt.