MARKTCHANCEN 2018

Das Timing zählt

Der Jahresauftakt wird dem Dollar gehören - Mit der Tapering-Diskussion kommt der Euro 2018 zurück

Das Timing zählt

Von Stefan Schaaf, FrankfurtDie beiden spannendsten Fragen beim Euro/Dollar-Kurs lauten im neuen Jahr: Wann kommt die Trendwende? Und was löst sie aus? Am Markt herrscht die Meinung vor, dass der Jahresauftakt dem Dollar gehören wird und der Euro mit dem Beginn einer Tapering-Diskussion in der Währungsunion im Jahresverlauf Schwung aufnehmen wird. Für Investoren und Treasurer wird es deshalb beim Währungsmanagement stark auf das Timing ankommen. Die gute Nachricht dabei: Der Euro-Dollar-Kurs reagiert wieder viel stärker als noch vor wenigen Jahren auf fundamentale Faktoren wie Inflations- und Zinserwartungen. Das macht die Vorhersage etwas einfacher.Sollte dieses Szenario eintreffen, würde sich das Jahr 2017 wiederholen, als der Euro wegen der Erwartung der “Trumpflation” zunächst abrutschte, dann aber kräftig anzog. Glaubt man dem Konsens, so wird der Ausschlag im neuen Jahr allerdings weit weniger stark ausfallen als 2017. Im Median erwarten die von Reuters befragten Broker auf Sicht von zwölf Monaten eine moderate Aufwertung des Euro auf 1,22 Dollar, womit dieser – gemessen an den Kaufkraftparitäten – noch immer deutlich unterbewertet wäre.Zunächst könnte der Euro jedoch unter Druck geraten. “Das Jahr 2018 wird zweigeteilt sein, treibende Kraft ist die Geldpolitik”, sagt Tobias Frei, Währungsexperte beim Vermögensverwalter Bantleon. Der Markt habe nur ein bis eineinhalb Zinserhöhungen der Fed eingepreist. Aber die US-Konjunktur laufe sehr robust, die Steuersenkungen dürften Frei zufolge das Wachstum um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte steigen lassen. “Dies sollte die Fed bewegen, auf einen strafferen Kurs einzuschwenken und dreimal die Zinsen zu erhöhen im Jahr 2018.” Damit wird der Dollar auch an Wert gewinnen, wobei die Tiefstwerte des Euro aus 2017 von rund 1,05 Dollar wohl nicht erreicht werden sollten. Dafür spricht das fundamental aufgehellte Umfeld der Eurozone mit kräftigem nicht schuldenfinanziertem Wachstum, sinkender Arbeitslosigkeit und einer sich langsam dem EZB-Ziel von “knapp unter 2 %” annähernden Inflationsrate. Zudem dürfte die Dollar-Aufwertung eher schwach ausfallen angesichts der flachen US-Zinskurve. Während die relativ hohen kurzfristigen US-Zinsen die jüngste Straffung der Geldpolitik widerspiegeln, drücken die recht niedrigen langfristigen Zinsen die Erwartung eines langfristig geringeren Wachstums aus. EZB könnte überraschenSollte der Markt drei oder gar vier Zinsschritte der Fed komplett eingepreist haben, so wird sich die erwartete Zinsdifferenz nicht weiter ausweiten und die Dollar-Aufwertung auch auslaufen. Und damit gerät die Europäische Zentralbank und deren Präsident Mario Draghi in den Blickpunkt. Nachdem zum Jahresbeginn die monatlichen Anleihekäufe der Notenbank bereits auf 30 Mrd. Euro sinken, erwarten die Marktakteure für den Jahresverlauf Signale für eine weitere Straffung der Geldpolitik. Damit dürften Aussagen führender EZB-Notenbanker in Reden und Interviews wieder einmal genauestens analysiert werden – ebenso wie Draghis Aussagen bei dessen regelmäßiger Pressekonferenz auf die Goldwaage gelegt werden dürften.Mit den ersten Signalen zur weiteren Straffung wird auch der Euro anziehen. Der EZB stehen folgende Stellschrauben zur Verfügung: Verringerung der Anleihekäufe (Tapering im engeren Sinne), Anhebung des Einlagensatzes (derzeit – 0,4 %), Leitzinserhöhung und Abbau der Bilanz. Letzteres wird noch lange auf sich warten lassen, auch die Fed hat erst nach einigen Zinsschritten mit dem Bilanzabbau in der zweiten Jahreshälfte 2017 vorsichtig begonnen.Am Markt wird vielmehr erwartet, dass die EZB – falls nicht irgendetwas schiefläuft – die Anleihekäufe noch etwas über das derzeitige Enddatum September hinaus verlängert und dann auslaufen lässt. Spannend für den Euro wird also werden, wann Draghi Signale für eine Zinserhöhung geben wird. Es wird erwartet, dass der EZB-Präsident im Jahr 2019 nicht aus dem Amt scheiden wird, ohne zuvor wenigstens einmal die Zinsen erhöht zu haben als Zeichen, dass seine Krisenpolitik erfolgreich war und beendet ist. “Die EZB verspricht im zweiten Halbjahr eindeutig mehr Überraschungspotenzial als die Fed”, ist Frei überzeugt. Die Experten der DZ Bank kommen zu einer ähnlichen Einschätzung: “Geldpolitisch ist die Trendwende der Fed zwar mittlerweile voll diskontiert, was die EZB betrifft, sehen wir allerdings weiterhin Überraschungspotenzial. Vor allem die Diskussion über den Zeitpunkt erster Zinsanhebungen, die im Herbst beginnen sollte, dürfte sich für den Euro als positiver Einflussfaktor erweisen.” Ein Hindernis für das Euro-Tapering und damit die Euro-Aufwertung könnte am Arbeitsmarkt liegen. Zwar hat die Arbeitslosigkeit in der Währungsunion ihre Rekordstände aus der Staatsschuldenkrise längst hinter sich gelassen, doch die Löhne steigen nur langsam – ein Thema das auch die Fed umtreibt, deren aus dem Amt scheidende Präsidentin Janet Yellen von Durchhängern bei der Lohnentwicklung (“Slack”) spricht. Risiken Trump und ItalienUnd auch wenn der Euro-Dollar-Kurs wieder stärker fundamental bestimmt wird, so bleiben dennoch politische Risikofaktoren – allerdings auf beiden Seiten des Kurses. Der Dollar könnte nämlich darunter leiden, dass die mit den Steuersenkungen verbundenen Hoffnungen auf eine Wiederbelebung des Trump Trade enttäuscht werden – wobei ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten als schlimmster anzunehmender Fall für die Währung betrachtet wird. Umgekehrt können in Europa einmal mehr Ängste vor einem Auseinanderbrechen der Währungsunion aufkommen, wenn in Italien die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung bei der Wahl im März erfolgreich ist. Allerdings dürfte dieser Effekt begrenzt sein. “Der Wille, die Gemeinschaftswährung zusammenzuhalten, ist extrem stark”, ist Frei überzeugt.