Dax-Aus von Wirecard steht bevor

Börse beschließt sofortigen Rauswurf im Insolvenzfall - Aktie wird in der nächsten Woche entfernt

Dax-Aus von Wirecard steht bevor

Nach einem kurzen Marktkonsultationsverfahren hat die Deutsche Börse eine Regeländerung beschlossen, nach der Aktien insolventer Unternehmen umgehend aus den Dax-Auswahlindizes entfernt werden. Damit wird Wirecard in einer Woche nach Börsenschluss aus dem Dax sowie aus dem TecDax ausscheiden. ck Frankfurt – Die frühere Entfernung der Aktie des von einem Bilanzfälschungsskandal erschütterten und insolventen Zahlungsdienstleisters aus dem Dax sowie aus dem TecDax ist beschlossene Sache. Als Ergebnis ihres kurzen Marktkonsultationsverfahrens, das vom 7. bis zum 17. August dauerte, hat die Deutsche Börse eine Regeländerung verkündet, nach der Aktien insolventer Unternehmen künftig umgehend aus ihren Auswahlindizes ausscheiden. Die Änderung des Indexregelwerks tritt am 19. August in Kraft. Sich daraus ergebende Veränderungen in der Zusammensetzung der Dax-Auswahlindizes werden an diesem Tag um 22 Uhr bekannt gegeben und anschließend nach zwei weiteren Handelstagen, d. h. am 21. August nach Börsenschluss umgesetzt. Am 24. August wird Wirecard nicht mehr in den Indizes enthalten sein. “Vor dem Hintergrund der bestehenden Situation würde diese Regeländerung die Wirecard AG betreffen”, so die Deutsche Börse. Favorit für die Nachfolge von Wirecard im Dax ist die Aktie von Delivery Hero.Bislang sah das Regelwerk vor, dass insolvente Unternehmen zum jeweils nächsten regulären Indexüberprüfungstermin entnommen werden. Das hätte bedeutet, dass Wirecard erst zum 21. September entfernt worden wäre. Dagegen sehen die ebenfalls zur Deutschen Börse gehörenden Stoxx-Indizes die sofortige Entnahme vor, so wie dies ab jetzt auch bei den Dax-Indizes geschieht. Aufgrund der Ungeheuerlichkeit des Bilanzfälschungsskandals und des schweren Kurssturzes der Aktie geriet der Marktbetreiber unter Druck und entschied sich für ein beschleunigtes Verfahren zur Entfernung der Aktie.Als den Indexausschluss auslösendes Insolvenzverfahren definiert das geänderte Regelwerk “jedes geltende Insolvenz-, Konkurs-, Auflösungs-, Liquidations- oder Abwicklungsverfahren oder ähnliche Verfahren in Bezug auf das Vermögen eines Unternehmens”. Ein solches Ereignis gilt als eingetreten, wenn der Indexanbieter Stoxx “von dem Unternehmen oder einer zuständigen nationalen Behörde oder einem Gericht schriftlich oder durch öffentliche Bekanntmachung (außer durch Eintragung in ein Register) darüber informiert wurde, dass ein Insolvenzverfahren beantragt wird oder beantragt wurde, oder (ii) dass ein Insolvenzverfahren in Bezug auf eine Indexkonstituente eröffnet wurde, oder (iii) dass die betreffende Indexkonstituente die Bestellung eines Verwalters, Insolvenzverwalters, Treuhänders, Verwahrers oder eines ähnlichen Amtsträgers für ihn oder für sein gesamtes oder nahezu sein gesamtes Vermögen beantragt oder vorbehaltlich der Bestellung eines solchen Amtsträgers wird, oder (iv) dass das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt wird, oder (v) dass sich die Indexkonstituente in Liquidation befindet, sei es infolge eines Insolvenzverfahrens oder einer Entscheidung der Aktionäre oder aus anderen Gründen”. Vertiefte PrüfungUmgesetzt wird auch der Vorschlag, eine Abwicklung bzw. Umstrukturierungsmaßnahmen im Rahmen der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten nicht als Insolvenzereignisse zu betrachten. Die neue Regelung bezieht sich nicht nur auf das deutsche Insolvenzrecht, da Unternehmen aus anderen EU-Staaten Indexmitglieder werden können. Die Deutsche Börse erklärte erneut, dass sie das Dax-Regelwerk derzeit einer vertieften Prüfung unterzieht. Auch für mögliche weitere Regeländerungen wird es eine Marktkonsultation geben. Die Ergebnisse aus diesem Prozess sollen bis Jahresende bekannt gegeben werden.Die Deutsche Börse hat die Marktteilnehmer am 17. Juli aufgerufen, zu ihrem Regeländerungsvorschlag Stellung zu nehmen. Beteiligt haben sich 21 institutionelle Investoren und 88 Privatanleger. Außerdem sind in die Entscheidungsfindung Stellungnahmen zweier nicht namentlich genannter Verbände eingeflossen. Für die sofortige Entnahme von Aktien im Insolvenzfall stimmte eine deutliche Mehrheit von 95 der insgesamt 109 Teilnehmer, neun stimmten dagegen, fünf gaben keine Antwort. Zum Vorschlag, Abwicklungs- und Sanierungsverfahren von Kreditinstituten gemäß der EU-Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen nicht als Insolvenzereignisse zu werten, nahmen 90 Teilnehmer keine Stellung. Elf stimmten dafür, acht dagegen.