TECHNISCHE ANALYSE

Dax bricht signifikant aus

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 4.6.2014 Vor einigen Wochen im Mai hatten wir den Dax charttechnisch näher betrachtet. Zu diesem Zeitpunkt spielten vor allem die Krise in der Ukraine und eine mögliche Eskalation im östlichen Landesteil...

Dax bricht signifikant aus

Von Christian Henke *)Vor einigen Wochen im Mai hatten wir den Dax charttechnisch näher betrachtet. Zu diesem Zeitpunkt spielten vor allem die Krise in der Ukraine und eine mögliche Eskalation im östlichen Landesteil besagten Staates eine wichtige Rolle. Doch urplötzlich war der Konflikt aus den Köpfen der Anleger hierzulande weitgehend verschwunden. Auch andere geopolitische oder makroökonomische Risiken standen nicht mehr auf dem Radar der Marktteilnehmer. Die Bullen haben die Gunst der Stunde genutzt und zum Angriff auf eine betonharte Widerstandsbarriere geblasen. Diese Schlacht konnte überraschend schnell gewonnen und damit auf allen Zeitebenen ein neues Kaufsignal generiert werden. Krise? Welche Krise?Die eingangs erwähnte Krise in dem osteuropäischen Staat hielt die Finanzmärkte, vor allem in Europa, über Wochen hinweg in ihrem Bann. Wenngleich sich die Lage in einigen Landesteilen der Ostukraine zuletzt verschärft hat, blieb die befürchtete Eskalation aus. Die Börsianer nahmen dies zum Anlass, wieder zur Normalität zurückzukehren. Der Konflikt zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen hätte den Bullen durchaus einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen können.Zeitweise stand der Dax mit dem Rücken zur Wand. Vor allem am 14. März, wenige Tage vor dem Referendum auf der Krim, wurde die Unterseite der Seitwärtsbewegung bei 8 952/8 7982 Punkten massiv von den Bären unter Beschuss genommen. Es sollte noch einmal erwähnt werden, dass diese Chartmarke auf allen uns bekannten Zeitebenen (Tages-, Wochen- und Monatsbasis) vorkommt und daher eine wichtige Bedeutung einnimmt. Letztendlich konnte diese Unterstützung verteidigt werden. Aus der Lethargie erwachtDer deutsche Leitindex leitete Mitte März eine Gegenoffensive ein. Dennoch waren die heimischen Blue Chips damit noch nicht aus dem Schneider. Seit Oktober 2013 hatte sich eine Seitwärtsbewegung gebildet. Die Ende Januar markierten Jahreshochs bei 9 792/9 795 Punkten stellten die obere Begrenzung der trendlosen Marktphase dar. Die genannte Erholung ging bis Ende März. Der Dax kam mit 9 721 Zählern auf Intraday-Basis den besagten Jahreshochs relativ nahe.Kurz darauf knickte der Leitindex wieder ein. Das Vorhaben, die Widerstandsbarriere bei rund 9 800 Punkten zu überwinden, musste vertagt werden. Gemäß dem Sprichwort “Aufgeschoben ist nicht aufgehoben” ließ der nächste Angriff nicht allzu lange auf sich warten.Mitte Mai steuerte der Dax erneut den Widerstand an. Am 15. des gleichen Monats kletterte der deutsche Leitindex mit 9 812 Zählern für einen kurzen Moment über diese Hürde. Rund zwei Wochen später war es dann so weit: In den letzten Tagen des Wonnemonats sprang der Dax signifikant über die Jahreshochs bei 9 792/9 7795 und 9 7812 Punkten. Da sich die Notierungen auch in der letzten Börsensitzung des Monats darüber aufhielten, war der Knoten auf allen Zeitebenen geplatzt. Das nächste Ziel auf dem Weg gen Norden liegt praktisch auf der Hand. Es handelt es sich um die psychologisch wichtige Marke bei 10 000 Zählern. Das Erreichen dieses Rekordstandes wurde bereits im Januar von den Marktteilnehmern erwartet. Wie sich herausgestellt hat, war dies ein wenig verfrüht. Anschließend könnte es dann in Richtung 10 560 Zähler gehen. Hierbei wurde die Höhe der nun überwundenen Seitwärtsbewegung berücksichtigt. In den kommenden Monaten ist sogar die obere Trendlinie des mittelfristigen Aufwärtstrendkanals bei aktuell 12 640 Punkten ein mögliches Ziel der Bullen.Kurzfristig kann es aber erstmal zu einer gesunden Korrektur kommen. Oft ist zu beobachten, dass sich die Notierungen nach einem Bruch einer Trendlinie nach oben in einer überkauften Zone aufhalten. Auch beim Dax liegt auf Tagesbasis eine Überhitzung vor. Nach dem klassischen Rollentausch in der technischen Analyse fungiert die überschrittene ehemalige Widerstandslinie bei 9 792/9 795 Punkten nun als solide Unterstützung. Aufgehelltes BildNach dem Verlassen der über lange Zeit andauernden Schiebezone nach oben hat sich das Chartbild zugunsten der Bullen aufgehellt. Die genannten Kursziele könnten durchaus erreicht werden.Diese Annahme wird durch einige altgediente Indikatoren untermauert. Hierbei kommt ein Mix aus einigen “Dinosauriern” zum Einsatz. Dazu zählen der Moving Average Convergence/Divergence (MACD), das Momentum, der Relative-Stärke-Index (RSI) sowie der Williams %R.Auf Monatsbasis halten sich MACD und Momentum oberhalb der Nulllinie und RSI und Williams %R oberhalb des absoluten Wertes von 50 auf. Dies signalisiert eine Fortsetzung der mittelfristigen Aufwärtsbewegung. Erst wenn drei der vier Indikatoren unter den genannten Marken schließen, würde die Ampel auf Rot springen. Dies ist jedoch vorerst nicht zu befürchten. Auch der steigende gewichtete 200-Tage-Durchschnitt, der in der jüngsten Vergangenheit als Unterstützung auftrat, signalisiert den Fortbestand der Hausse.—-Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG und Mitglied in der Vereinigung Technischer Analysten (VTAD e. V.) .