TECHNISCHE ANALYSE

Dax könnte auf 18 000 Punkte klettern

Von Stefan Salomon *) Börsen-Zeitung, 8.7.2020 Während die professionellen Anleger und Investoren eher skeptisch gegenüber der gegenwärtigen Hausse eingestimmt sind, haben private Anleger den Corona-Crash zum Einstieg genutzt und sind überwiegend...

Dax könnte auf 18 000 Punkte klettern

Von Stefan Salomon *)Während die professionellen Anleger und Investoren eher skeptisch gegenüber der gegenwärtigen Hausse eingestimmt sind, haben private Anleger den Corona-Crash zum Einstieg genutzt und sind überwiegend positiv gestimmt. So zumindest die jüngsten Umfragen und Ergebnisse unter Brokern und Analysten. Dies könnte gar für eine Fortsetzung der starken Erholungsbewegung seit März 2020 sorgen. Denn wenn die Profis und Vermögensverwalter der Hausse hinterherlaufen, könnte sich die Bewegung aufgrund des Handlungszwangs der größeren Anleger gar verstärken.Gleichwohl bleibt die fundamentale Frage, ob die Aktienmärkte sich von der wirtschaftlichen Realität wegbewegen und eine vor allem liquiditätsgetriebene Hausse vorliegt. Unter charttechnischen Aspekten gilt aber stets: Nur der Markt hat Recht. Und hier ergeben sich grundsätzlich langfristig positive Szenarien. Denn sowohl im Deutschen Aktienindex als auch im langfristigen Bild der US-Indizes können die jüngsten starken Abgaben im “Corona-Crash” im März 2020 als eine kräftige Marktbereinigung interpretiert werden. So sind die internationalen Indizes in der Crash-Phase erst aus längeren Seitwärtsphasen oder nur leicht ansteigenden Aufwärtstrendkanälen, so zum Beispiel im Dax, nach unten ausgebrochen, um anschließend wieder in diese Trendkanäle oder Phasen zurückzukehren. Der Crash im März darf daher als Fehlausbruch im langfristigen Bild gedeutet werden. Fehlsignale aussagekräftigFehlsignale wiederum sind in der technischen Analyse sehr aussagekräftige Signale. Denn sie zeigen an, dass der Markt in einer Richtung komplett falsch lag und in dieser Richtung nun keine weiteren Anleger bereit sind, zu investieren. In der Regel folgt auf entsprechende Fehlsignale eine starke Bewegung, die eben dem Fehlsignal entgegengeht. So werden bei Fehlausbrüchen aus Trendkanälen oder Seitwärtsbewegungen oft die gegenüberliegenden Begrenzungen erreicht und übertroffen. Für den Dax würde dies implizieren, dass in den kommenden Monaten nicht nur das bisherige Allzeithoch erreicht, sondern deutlich übertroffen wird. In einer Phase der Übertreibung und Euphorie wären so – in Verbindung mit einer nachhaltigen Lösung der Coronakrise – auch Kurse bis 18 000 Punkte möglich. Ein ähnliches Bild ergibt sich aus den langfristigen Monatskerzen der japanischen Candlestick-Methodik für den Dow Jones und den breiten S & P 500 Index. Der Verlauf der Crashs beinhaltet mit der starken Erholung und vor allem einem Anstieg über die Tops vom März 2020 die Chance auf ein Vorrücken über die bisherigen Allzeithochs. So wären für den Dow Jones auch Kursniveaus aus Sicht der langfristigen Aufwärtstrendkanäle bis rund 38 000 Punkte machbar. Interessant ist zudem der Blick auf den historischen Verlauf des Dow Jones seit 1910. Blasen und Über- als auch Untertreibungen sind ein Bestandteil der Börsen – so ist gut die Übertreibung und dynamische Beschleunigung der Kurse seit Mitte der 1920er Jahre erkennbar, die in der Weltwirtschaftskrise endete. Denn nach einer Phase der Euphorie und Übertreibung tritt das Gegenteil auf: eine Phase der Ernüchterung, die nicht selten in Depression umschlägt. ÜbertreibungsphasenÄhnliche Übertreibungsphasen wie vor Beginn der Weltwirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre im Dow Jones traten auch in Zeiten der “Dotcom-Blase” oder kurz vor der Finanzkrise 2008 auf. Auch hier wurden – ähnlich wie Ende der 1920er Jahre – Aufwärtstrendkanäle nach oben verlassen, um anschließend wieder in diese zurückzukehren – ein jeweiliger Fehlausbruch nach oben. Im Gegensatz zur Weltwirtschaftskrise haben jedoch in den vergangenen Jahrzehnten stets die Notenbanken die eher gesunde “Ernüchterung” und “Depression”, die auf vorherige Phasen der Euphorie folgten, mit entsprechenden Liquiditätsmaßnahmen aufgefangen und so eine Fortsetzung oder langanhaltende Dauer der Krisen verhindert und letztlich die Basis für eine neue Aktienhausse gegründet. So auch in der Coronakrise? Wiederholt sich somit das Muster, dass nach einer Krise, die von den Notenbanken und Staaten mit viel Geld abgefedert wird, eine erneute Hausse und Übertreibung stattfindet? So könnten die oben vorgestellten positiven Szenarien durchaus zum Tragen kommen.Das Ende der bevorstehenden Hausse im Dax oder auch im Dow Jones könnte sodann in zwei bis drei Jahren mit der Berührung der langfristigen oberen Aufwärtstrendkanallinie, der sogenannten Rückkehrlinie erfolgen. Im Dow Jones wäre somit knapp vor der runden 40 000er Marke und im Deutschen Aktienindex im Bereich von 18 000 bis 19 000 Punkten mit einem Ende der Hausse in Form einer Übertreibung zu rechnen. Das langfristig positive Szenario für den Dax würde mit jedem Anstieg über die nächsten Tausendermarken wahrscheinlicher werden – so würde ein Anstieg über die Marke von 13 000 Punkten per Wochen- oder Monatsschlusskurs ein erstes weiteres positives Signal darstellen mit Ziel 13 800 bis 14 000 Punkte. Kurzfristig hingegen wäre mit Gewinnmitnahmen unter dem Juni-Tief bei 11 597 Punkten mit Ziel 11 000 Punkte zu rechnen – hier wäre jedoch erneute Kaufneigung anzunehmen. *) Stefan Salomon ist freiberuflicher Chartanalyst (www.candlestick.de).