TECHNISCHE ANALYSE

Dax nach dem Mini-Crash

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 26.8.2015 Den 24. August dürften viele Marktteilnehmer nicht so schnell vergessen. An diesem Montag kam es weltweit zu mitunter dramatischen Kurseinbrüchen. Auf dem Frankfurter Börsenparkett arteten diese zu...

Dax nach dem Mini-Crash

Von Christian Henke *)Den 24. August dürften viele Marktteilnehmer nicht so schnell vergessen. An diesem Montag kam es weltweit zu mitunter dramatischen Kurseinbrüchen. Auf dem Frankfurter Börsenparkett arteten diese zu einem “Mini-Crash” aus. Annähernd um 8 % sackten die Notierungen ab. Mit 9 338 Punkten wurde ein trauriger Tiefpunkt markiert. Losgetreten wurde die Kurslawine durch Konjunktursorgen in China und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Weltwirtschaft. Verständlicherweise drängt sich den Anlegern hierzulande nun die Frage auf, ob die Hausse am hiesigen Aktienmarkt zu Ende ist. Big Picture mit KratzernUm hierauf eine Antwort zu finden, schauen wir uns den Langfristchart auf Monatsbasis, das sogenannten Big Picture, an. Seit dem April dieses Jahres befindet sich der Dax im Rückwärtsgang. Nach der Kletterpartie in den ersten Monaten keine allzu große Überraschung. Von den Rekordständen bei annähernd 12 400 Zählern von April haben sich die deutsche Blue Chips um etwa 18 % gen Süden entfernt. Infolge des eingangs erwähnten Kursdesasters fielen den Bären unlängst zwei wichtige Unterstützungen in die Hände. Dies waren zwei aus dem Jahr 2011 stammende Aufwärtstrendlinien. Nun rückt eine weitere wichtige Verteidigungslinie der Bullen in den Mittelpunkt des Interesses. Die Rede ist von der psychologischen Marke bei 10 000 Punkten. Vielen dürfte diese “runde” Zahl noch sehr bekannt sein. Es handelt es sich hierbei um die ehemalige Oberseite des aufsteigenden Dreiecks auf Monatsbasis, welches im Januar 2015 nach oben verlassen wurde und den anschließenden starken Aufwärtsimpuls auslöste. Parallelen zum März 2014Um das heimische Börsenbarometer ist es zurzeit wahrhaftig nicht zum Besten bestellt. Trotz der massiven Kursverluste ist es aber noch zu früh, die Flinte ins Korn zu werfen. Im zurückliegenden Jahr sorgte die Krise in der Ostukraine für eine ähnliche charttechnische Situation. Kampfhandlungen zwischen der ukrainischen Armee und den prorussischen Separatisten drückten den deutschen Standardwerteindex unter die 200-Tage-Durchschnittslinie. Wichtige Unterstützungen wurden überrannt. Zu diesem Zeitpunkt stand die psychologische Marke bei 9 000 Zählern unter erheblichem Druck. Letztendlich konnte die genannte “runde” Zahl verteidigt und anschließend die Glättungslinie zurückerobert werden. Ein ähnliches Szenario könnte nun eintreten. Fundamentale Gründe wie die noch anhaltende Niedrigzinsphase sowie fehlende Anlagealternativen und die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank unterstützen diese Annahme. FehlsignaleZuletzt wurde in den Medien wieder oft die 200-Tage-Durchschnittslinie genannt, die erst kürzlich unterschritten wurde. Für viele bedeutet dies ein Verkaufssignal und somit auch das Ende der Hausse. Allerdings treten bei Berücksichtigung der klassischen Signalgenerierung zu oft Fehlsignale auf. Weitaus interessanter ist die Richtung des altbekannten Trendfolgeindikators. Steigt die Glättungslinie und liegen die Notierungen des Basiswertes darüber, liegt eine Hausse vor. Zurzeit notiert der Dax zwar unter der Glättungslinie, die aber noch nicht nachhaltig gen Süden gedreht hat. Erst dann wäre die Hausse beendet. Ebenfalls zuletzt in aller Munde ist das sogenannte “Todeskreuz”. Bei dem aus den USA stammenden Verfahren wird neben der 200-Tage-Durchschnittslinie auch die 50-Tage-Glättungslinie berücksichtigt. Kein TodeskreuzEin Verkaufssignal liegt vor, wenn die kürzere Durchschnittslinie den längeren Durchschnitt von oben nach unten kreuzt. Dies ist jedoch beim Dax noch nicht der Fall. An der Wall Street hat bislang der Dow Jones Industrial ein solches Signal generiert. Der weitaus marktbreitere S & P 500 sowie die Technologiebörse Nasdaq sind davon noch ein gutes Stück entfernt. Im bereits erwähnten Oktober 2014 lag beim Dax trotz der massiven Kursverluste ebenfalls kein “Todeskreuz” vor. Noch ist nichts verlorenFür die weitere Entwicklung auf dem Frankfurter Börsenparkett ist eine Verteidigung der Marke bei 10 000 Punkten immens wichtig. Dabei sollte der Dax am Ende dieses Monats darüber schließen. In diesem Fall könnten die ersten Anleger das derzeitige Kursniveau zum Einstieg nutzen. Mögliche Ziele einer Gegenbewegung wären dann die zuletzt unterschrittene mittelfristige Aufwärtstrendlinie bei aktuell 10 420 Zählern sowie die “runden” Zahlen bei 11 000 und 12 000 Punkten.Allerdings sollte auch auf das Szenario eingegangen werden, dass der Dax seine Talfahrt fortsetzt und signifikant unterhalb der Preisregion bei 10 000 Zählern auf Monatsbasis schließt. Dies wäre bei Notierungen bei etwa 9 900 Punkten der Fall. Weiteres Abwärtspotenzial bestünde dann bis zur waagerechten Trendlinie bei 9 000 Zählern. Auch diese Chartmarke dürfte vielen noch in Erinnerung sein. Es ist die Unterseite einer ehemaligen Schiebezone.—-*) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG und Mitglied der Vereinigung Technischer Analysten (VTAD e. V.).