TECHNISCHE ANALYSE

Dax nimmt runde Zahl ins Visier

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 24.5.2017 Der deutsche Leitindex Dax hat in den zurückliegenden Wochen und Monaten seinen Weg gen Norden eisern fortgesetzt. Allerdings galt es einige Untiefen zu umschiffen. Im April stand in unserem...

Dax nimmt runde Zahl ins Visier

Von Christian Henke *)Der deutsche Leitindex Dax hat in den zurückliegenden Wochen und Monaten seinen Weg gen Norden eisern fortgesetzt. Allerdings galt es einige Untiefen zu umschiffen. Im April stand in unserem Nachbarland Frankreich die Wahl zum Präsidenten ganz oben auf der Agenda. Der sozialliberale Kandidat Emmanuel Macron konnte sich nicht nur in der ersten Runde, sondern auch in der Stichwahl Anfang Mai gegen Marine Le Pen von der rechtspopulistischen und eurokritischen Partei Front National durchsetzen. Somit konnte ein Kursbeben im Falle eines Sieges von Le Pen verhindert werden. Die Marktteilnehmer an den europäischen Handelsplätzen zeigten sich davon mehr als erleichtert.Auch die geopolitischen Risiken hinsichtlich Nordkorea waren nicht von langer Dauer, wenngleich der Konflikt immer noch andauert und jederzeit auf die Börsenbühne zurückkehren kann. Zuletzt hat sich Donald Trump zurückgemeldet und für gehörige Verunsicherung nicht nur an der Wall Street gesorgt. Nach der Entlassung des FBI-Chefs James Comey steht der US-Präsident nun wegen der mutmaßlichen Weitergabe vertraulicher Geheimdienstinformationen an Russland unter Beschuss. Zudem macht in Washington ein mögliches Amtsenthebungsverfahren die Runde. Viele Akteure befürchten nun, dass sich die im Wahlkampf vollmundig angekündigten Infrastrukturprogramme, Steuererleichterungen und Deregulierungen weiter verzögern könnten. Gerade diese Versprechen hatten die Finanzmärkte in neue Höhen katapultiert. Somit mangelt es auch weiterhin nicht an Belastungsfaktoren. Neue BestmarkeIm April hatte sich das heimische Börsenbarometer dem bis dato gültigen Rekordhoch bei 12 390 Punkten von April 2015 genähert. Dank des Sieges von Emmanuel Macron in der eingangs erwähnten ersten Runde der Präsidentschaftswahl konnten die Börsen in Europa ihren Aufwärtstrend fortsetzen, so auch der Dax. Ende des besagten Monats wurde die genannte Barriere signifikant überwunden. Dies war die lang ersehnte Initialzündung. Zuletzt wurde in den Medien die Zahl 13 000 Zählern genannt. Diese psychologische Marke fungiert als charttechnisches Kursziel. Zuvor liegt jedoch im Big Picture auf Monatsbasis der einstige Aufwärtstrend bei aktuell 12 870 Punkten, der Anfang Januar 2016 in die Hände der Bären fiel. Mit 12 842 Zählern war der Dax diesem Ziel in diesem Monat bereits sehr nahe gekommen.Seit November befindet sich der deutsche Leitindex im Höhenflug. In dieser Zeit wurden auf Monatsbasis immer neue Rekordhochs erklommen. Einige Oszillatoren weisen auf dieser Zeitebene mittlerweile jedoch eine Überhitzung auf. Mit anderen Worten. Der Dax ist reif für eine technische Korrektur. Das Problem dabei ist, dass solche Extrembereiche durchaus eine Weile andauern können. Ein Erreichen der erwähnten ehemaligen Aufwärtstrendlinie und der runden Zahl von 13 000 Punkten ist daher ein durchaus realistisches Szenario. Anschließend könnten Gewinnmitnahmen einsetzen. Eine Konsolidierung täte dem Dax durchaus gut und wäre aus charttechnischer Sicht auch kein Beinbruch. Die eingangs erwähnte bezwungene Bestmarke aus dem Jahr 2015 bei 12 390 Zählern dient für diesen Fall als erstes Rückzugsgebiet. Weitere Unterstützungen sind auf dieser Zeitebene bei 11 860 Punkten in Form des gewichteten Zehnmonats-Durchschnitts, der altbekannten waagerechten Trendlinie bei rund 11 400 Zählern sowie des gewichteten 20-Monats-Durchschnitts bei 11 210 Punkten zu finden. Euro wird zum ProblemWir sind am Anfang dieses Beitrages auf die zurzeit aktuellen Belastungsfaktoren eingegangen. Zu nennen ist aber der zuletzt zum US-Dollar wieder erstarkte Euro. Infolge des möglichen Amtsenthebungsverfahrens in den USA geriet zuletzt der Greenback deutlich unter Druck. Folglich konnte der Euro spürbar an Wert zulegen. Der Gemeinschaftswährung gelang vor kurzem der Sprung über die psychologische Widerstandsmarke bei 1,10 Dollar. Notiert der Euro am Ende dieses Monats darüber, könnte es in Richtung 1,15/1,17 Dollar gehen. Und gerade in dieser Euro-Stärke liegt ein mögliches Problem für den Dax. Vor allem die exportorientierten Konzerne leiden unter einer aufwertenden Gemeinschaftswährung. Zurzeit ist zwischen dem Dax und dem Euro auf Dreimonats-Sicht eine sehr hohe inverse Korrelation zu beobachten. Dies bedeutet: Steigt die Einheitswährung, zieht sich das heimische Börsenbarometer gen Süden zurück. “Goldenes Kreuz”Ein weiteres Indiz auf eine denkbare nachhaltige Stärke des Euro ist ein bevorstehendes “Goldenes Kreuz”. Darunter versteht man in der technischen Analyse, dass der einfache 50-Tage-Durchschnitt die 200-Tage-Linie von unten nach oben kreuzt. Derzeit nähert sich die kurze Glättungslinie dem längeren Durchschnitt. Ein Schnittpunkt beider gleitenden Durchschnitte hätte ein neues mittelfristiges Kaufsignal zur Folge. Beim Dax liegt ein “Goldenes Kreuz” seit Ende August 2016 vor. Die 50-Tage-Durchschnittslinie bei aktuell 12 295 Punkten sowie die 200-Tage-Linie bei momentan 11 343 Zählern stellen weitere Unterstützungen dar.—-*) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG und Mitglied der Vereinigung Technischer Analysten (VTAD e.V.).