TECHNISCHE ANALYSE

Dax noch nicht über den Berg

Von Stefan Salomon *) Börsen-Zeitung, 28.11.2018 Um es kurz zu machen: Der Dax steht auf der Kippe. Eine klare Bodenbildung ist noch nicht erkennbar. Ein Worst-Case-Szenario mit Kursen auch unter 10 000 Punkten ist aus dem Chartbild der vergangenen...

Dax noch nicht über den Berg

Von Stefan Salomon *)Um es kurz zu machen: Der Dax steht auf der Kippe. Eine klare Bodenbildung ist noch nicht erkennbar. Ein Worst-Case-Szenario mit Kursen auch unter 10 000 Punkten ist aus dem Chartbild der vergangenen Monate ableitbar. Etwas Hoffnung besteht allerdings, dass dieses Worst-Case-Szenario noch abgewendet wird. Doch der Reihe nach: Der Dax pendelte von März 2017 bis September 2018 innerhalb einer Range hin und her. Diese Range zwischen einer kräftigen Unterstützungszone bei rund 11 900/11 700 Punkten und einer Widerstandszone im Bereich 13 200/13 500 Punkten wurde sodann im Oktober 2018 mit einer langen schwarzen Monatskerze nach unten verlassen. Ein Verkaufssignal.Die vorherige Range kann zudem als Gipfelbildung interpretiert werden, da mit drei markanten Tops mit gewissen Freiheitsgraden in der Deutung des Chartbildes eine Schulter-Kopf-Schulter-Formation erkannt werden darf. Alternativ zu dieser Trendwendeformation konnte auch ein symmetrisches Dreieck zum Beispiel in den Wochen- oder Tageskerzen im Zeitraum Januar 2018 bis September 2018 ausgemacht werden, welches die vorherrschende Verunsicherung der Marktteilnehmer widerspiegelte und im Oktober 2018 nach unten verlassen wurde. Aufwärtstrend verlassen Sowohl dieser Umstand als auch die lange schwarze Oktober-Monatskerze sind negativ zu werten. Denn wenn ein Markt in einer Unsicherheitsphase sich entscheidet – nach oben oder unten – wird in der Regel ein aussagekräftiges Richtungssignal generiert. Zusätzlich hat der Dax einen langfristigen Aufwärtstrend verlassen. Demzufolge besteht aus der Sicht der langfristigen Zeitebenen noch Abwärtspotenzial. Entsprechend den Bandbreiten des symmetrischen Dreiecks sowie auch der Schulter-Kopf-Schulter-Formation ergeben sich Kursziele auch unter der runden Marke von 10 000 Punkten. In dieses negative Szenario passt zudem durchaus der bisherige Verlauf des Dax im November 2018. Denn die derzeit abwartende Haltung im Markt, verbunden mit Unsicherheit, die wiederum die aktuellen Wochenkerzen sowie die sich gegenwärtig bildende November-Monatskerze anzeigen, ist nicht ungewöhnlich nach einem kräftigen Verkaufssignal. Diese stellt jedoch lediglich eine Pause in der Abwärtsbewegung dar. Der Markt schaut verwundert um sich, und mag noch nicht daran glauben, dass die Kurse weiter abbröckeln.Statistische Auswertungen von Verkaufssignalen nach Ausbrüchen aus Formationen in den übergeordneten Zeitebenen weisen direkt nach Ausbruch per Periodenschlusskurs in 41 % der untersuchten Formationen auf eine Pause in der nachfolgenden Periode hin. Daher wäre ein Fall unter das bisherige November-Tief im Dezember 2018 trendbestätigend und würde das Worst-Case-Szenario wahrscheinlicher werden lassen – zumindest wäre ein Test der 10 800 Punkte im kurzfristigen Bild zu erwarten. Erst ein Anstieg per Wochen- oder Monatsschlusskurs über 11 700 Punkten sowie folgend über 11 900, 12 150 und dem Hoch der Oktober-Kerze bei 12 373 Punkten würde jeweils eine Entspannung und Trendumkehr andeuten.Eine durchaus spannende Chartsituation zeigt sich im Dax allerdings in den kurzfristigeren Zeitebenen, den Tages- und Stundenkerzen. So konnte der deutsche Leitindex zum Wochenauftakt angesichts einer Entspannung im Haushaltsstreit zwischen der Europäischen Union und Italien sowie in der Brexit-Frage eine aufwärtsgerichtete Kurslücke ausbilden und die runde 11 400er-Marke testen. Mit dem jüngsten Kursanstieg kann nun im Dax von Mitte Oktober 2018 ausgehend ein fallendes Dreieck konstruiert werden, sofern man die Tiefs vom Oktober und November als untere Begrenzungszone des Dreiecks annimmt. Jedes weitere Hoch in der Erholungsbewegung seit 20. November 2018 würde somit einen Test und Breakversuch der oberen Dreiecksbegrenzung offerieren. Ein gelungener Ausbruch nach oben und ein Anstieg über 11 600 Punkte würde wiederum deutliches Aufwärtspotenzial ableiten lassen verbunden mit der Möglichkeit, die Bewegung des deutschen Leitindex von Mitte Oktober 2018 als W-Formation zu interpretieren.Dieses Trendwendemuster wäre folgend bei einem Anstieg über 11 700 Punkte vollendet mit Kursziel in Richtung der 200-Tage-Linie, die gegenwärtig bei 12 387 Punkten notiert. Solange auch die Kurslücke zwischen 11 301 bis 11 205 Punkten offen bleibt, ist gemäß der Anlegerregel: “Investiere in Richtung der Kurslücke” grundsätzlich von steigenden bis stabilen Kursen auszugehen. Eher negativ wäre im Umkehrschluss ein Fall unter 11 200 Punkte per Tagesschlusskurs im Dax. Das negative Szenario würde sodann wieder wahrscheinlicher werden. Politik dämpft Kauflaune So weit die charttechnischen Perspektiven. Fraglich ist jedoch, ob der seit Monaten politisch geprägte Markt vor dem Votum des britischen Parlaments am 11. Dezember eine nachhaltige Erholung startet. Auch der Haushaltsstreit der EU mit Italien als auch der Handelsstreit zwischen den USA und China dürften die Kauflaune dämpfen. So wäre unter Einbeziehung dieser Faktoren noch mit einer stabilen aber gedämpften Haltung im Dax bis Anfang Dezember zu rechnen.—-*) Stefan Salomon ist freiberuflicher Chartanalyst (www.candlestick.de).