TECHNISCHE ANALYSE

Dax vor einem heißen Herbst?

Von Christoph Geyer *) Börsen-Zeitung, 21.9.2016 Viele Analysen und Auswertungen prognostizieren seit Jahren, dass der Herbst eine besonders turbulente Zeit für die Börsen darstellt. Wenn man die Zyklustheorie zu Rate zieht, trifft diese Erwartung...

Dax vor einem heißen Herbst?

Von Christoph Geyer *)Viele Analysen und Auswertungen prognostizieren seit Jahren, dass der Herbst eine besonders turbulente Zeit für die Börsen darstellt. Wenn man die Zyklustheorie zu Rate zieht, trifft diese Erwartung auch zu. Ob man allerdings eine Wette auf diese Aussage eingehen sollte, ist zumindest fraglich. Es gibt immer wieder Jahre, in denen der Herbst eben keine Rückschläge oder Crashs bereithält. Zu viele überlagernde Zyklen kommen im Laufe eines Jahres zusammen und hebeln zuweilen die üblichen Jahreszyklen aus. Mit einem heißen Herbst ist trotzdem zu rechnen, da in den Vereinigten Staaten der Präsidentschaftswahlkampf Fahrt aufnimmt. Intensiv und unfairBeobachter sprechen bereits jetzt davon, dass es einen Wahlkampf geben wird, der frühere an Intensität und Unfairness bei weitem überbieten wird. Davon dürften auch die Börsen nicht verschont bleiben. Hinzu kommt, dass der Präsidentschaftswahlzyklus in den USA in einem Wahljahr eine ganz besondere Situation bereithält. Wenn nämlich der amtierende Präsident wiedergewählt werden kann, verspricht das zweite Halbjahr sich positiv zu entwickeln. Wenn allerdings ein neuer Präsident gewählt werden muss, so wie es in diesem Jahr der Fall ist, da Barack Obama seine zweite Amtszeit bereits hinter sich hat, zeigt der Zyklus einen eher negativen Verlauf im zweiten Halbjahr auf. Dies spiegelt die Unsicherheit der Marktteilnehmer wider, was der neue Mann oder die neue Frau denn bringen mag. Verkaufssignal generiertVon diesem drohenden Ungemach ist beim US-Leitindex Dow Jones bislang noch nichts zu spüren. Das aktuelle Jahr ist bislang recht positiv verlaufen. Die zwischenzeitliche Seitwärtsbewegung in den Sommermonaten wurde nach oben aufgelöst und hievte den Dow auf ein neues Niveau. Dass die kommenden Monate turbulenter verlaufen könnten, zeichnet sich allerdings in der Indikatorenlage bereits ab. Der MACD-Indikator hatte noch im Sommer dieses Jahres ein Kaufsignal generiert, indem er an seiner Trigger-Linie nach oben abgeprallt ist. Dieses Signal wurde inzwischen abgearbeitet. Zuletzt wurde ein Verkaufssignal generiert. Dieses bestätigte das Verkaufssignal des Stochastik-Indikators, welches bereits vor einigen Wochen erzeugt wurde. Noch ist der seit Jahresbeginn bestehende Aufwärtstrend intakt. Sobald dieser gebrochen wird, eröffnet sich Abwärtspotenzial bis in den Bereich des jüngsten Tiefs bei ca. 17 000 Punkten. Da die amerikanischen Börsen immer eine wichtige Rolle für die Weltbörsen spielen, dürfte ein solcher Trendbruch auch für den Dax von Bedeutung sein. Dieser konnte zwar den seit Anfang 2015 bestehenden Abwärtstrend vor einigen Wochen brechen, Aufwärtsdynamik kam aber nicht auf. Weiteres AbwärtspotenzialZuletzt wurde die Widerstandslinie, die mit dem Trendbruch überstiegen wurde, aber wieder unterschritten. Zunächst hatte der Stochastik-Indikator ein Verkaufssignal generiert, welches in den kommenden Wochen vom MACD-Indikator bestätigt werden dürfte. Wenn dies der Fall ist und der Dax die Widerstandslinie nicht wieder zurückerobern kann, eröffnet sich weiteres Abwärtspotenzial. Damit würde sich die nun begonnene Korrekturbewegung signifikant ausweiten.Noch ist es nicht so weit, und noch bestehen gute Chancen für ein Halten des aktuellen Niveaus. Allerdings darf neben dem US-Präsidentschaftswahlkampf nicht vergessen werden, dass auch in Deutschland der Ton zwischen den Parteien rauer wird. Im kommenden Jahr steht die Bundestagswahl ins Haus, die nicht minder von den Börsen beachtet werden dürfte. Die Unsicherheit der Marktteilnehmer dürfte also eher größer als kleiner werden. Unsicherheit ist aber das, was die Börse am wenigsten mag. Daher ist auch von dieser Seite her einiges zu erwarten. Die Gemengelage der wichtigen internationalen Wahlen ist ebenso brisant wie die weiterhin ungelösten Probleme in der Weltpolitik. Viele der aktuellen Krisen sind derzeit gedanklich lediglich in den Hintergrund gedrängt. Zusätzliche TreiberDer Brexit hat zunächst seinen Schrecken verloren, und die Flüchtlingsdiskussion hat ebenfalls zunächst an Brisanz verloren. Wie die Vergangenheit allerdings gezeigt hat, können solche Themen sehr schnell wieder auf die Agenda geraten und werden dann zu zusätzlichen Treibern an der Börse. Die Zutaten für einen heißen Börsenherbst sind also unverändert vorhanden. Bleibt nur die Hoffnung, dass die zu erwartenden Turbulenzen nicht allzu heftig ausfallen und sich neue Kaufgelegenheiten ergeben.—-*) Christoph Geyer ist technischer Analyst bei der Commerzbank.