TECHNISCHE ANALYSE

Dax vor neuer Abwärtsbewegung

Von Stephen Schneider *) Börsen-Zeitung, 27.6.2012 Erneut enttäuschend präsentiert hat sich der Dax in den vergangenen Tagen. Bemerkenswert ist, dass der Index bereits unterhalb des Widerstands und damit der zwischenzeitlichen Zielmarke von 6 450...

Dax vor neuer Abwärtsbewegung

Von Stephen Schneider *)Erneut enttäuschend präsentiert hat sich der Dax in den vergangenen Tagen. Bemerkenswert ist, dass der Index bereits unterhalb des Widerstands und damit der zwischenzeitlichen Zielmarke von 6 450 Punkten wieder Richtung Süden drehte. Unter charttechnischen Gesichtspunkten lässt sich mit der Marke bei 6 078 Punkten zwar nochmals ein Stützpunkt finden, wir sind aber kritisch, ob diese Marke den weiteren Verfall aufhalten kann.Als nächstes Ziel bietet sich vielmehr ein Niveau von etwa 5 800 Punkten an, das sich u. a. aus der möglichen Kopf-Schulter-Formation errechnen lässt. Auch die Elliott-Wellen-Theorie spricht für eine weitere Welle. Zur Komplettierung einer übergeordneten Bewegung – die in diesem Fall Mitte März gestartet wurde – werden fünf Sequenzen benötigt. Eine Welle steht noch ausVier dieser fünf Wellen wurden abgearbeitet, damit steht eine (vorerst) letzte aus, die Mitte der Woche initiiert wurde. Auch mit dieser Methode lässt sich ein Ziel von etwa 5 800 Punkten berechnen. An dieser Marke kann es zu einer Bodenbildung kommen, ausreichende Hinweise dafür lassen sich aber noch nicht erkennen. Im Gegenteil: Sollte dieser Zielbereich markant unterschritten werden, lassen sich die nächsten Marken erst unter 5 400 Zählern ausmachen.Dreh- und Angelpunkt für die weitere Entwicklung dürfte die Wall Street werden: Sie befindet sich an einem Scheideweg, der über die mittelfristige Tendenz entscheidet. Gelingt es dem Dow Jones Industrial Index in den kommenden Handelstagen nicht, über 12 850 Punkten zu schließen, befürchten wir anschließend eine mehrwöchige Abwärtswelle, die den Index von momentan 12 640 Punkten bis in den Bereich von 11 250 bis 11 500 Zähler drücken kann. Gen Süden gerichtetIm Kielwasser der amerikanischen Börse dürfte dann auch der Dax belastet werden, was sich auch in den Indikatoren dokumentiert: Der Moving Average Convergence Divergence (MACD), der die Trendrichtung des deutschen Börsenbarometers anzeigt, ist weiterhin gen Süden gerichtet. Zuletzt ließ sich lediglich eine Abnahme der Abwärtsdynamik feststellen.Ein vergleichbares Bild zeigt sich auch beim Euro Stoxx 50. Unter charttechnischen Gesichtspunkten kommt die aktuelle Schwäche ebenfalls nicht überraschend, schließlich hat der Index in der zurückliegenden Woche einen markanten Widerstand bei 2 240 Punkten erreicht. Bedrohliche KursmusterMit einem sofortigen Bruch hatten wir ohnehin nicht gerechnet. Sorgen macht uns jedoch die Struktur, die das Börsenbarometer ausgeprägt hat, denn nach deutlichen Gewinnen drehten die Kurse im Tagesverlauf und schlossen im Minus. Während die Futures (aufgrund der längeren Handelszeit) ein sogenanntes “Key Reversal Down” zeigten, prägte die Kasse einen “Spike” aus. Beide Kursmuster leiten in der Regel eine mehrtägige Abwärtsbewegung ein. Schwächephase bis JuliDas zeitnahe Überwinden der anstehenden Hürde – das wir wegen des schlechten Sentiments nicht ausschließen wollten – ist nun wieder unwahrscheinlicher geworden. Unter zyklischen Gesichtspunkten steht vielmehr eine Schwäche bis in die zweite Juli-Woche an. Sollten die Kurse bereits um den 2. Juli einen Tiefpunkt ausprägen, stehen die Chancen auf einen Anstieg bis etwa 2 350 Punkte hingegen wieder gut. Zuvor sollte aber das Niveau von 2 140 Zählern nicht markant unterboten werden. Wird dieser Stützpunkt dennoch unterschritten, findet der Index bei 2 050 Punkten erst bei den bisherigen Jahrestiefstkursen wieder eine Unterstützung.Der Bund-Future sollte von dieser Bewegung profitieren können, und tatsächlich steigen seine Notierungen an. Obwohl Tage-Schwankungen von teilweise über 100 Ticks zu verzeichnen sind und die Indikatoren ein kurzfristiges Kaufsignal generiert haben, mag sich eine prägnante Dynamik aber nicht einstellen. Fehlt dem Rentenbarometer “die innere Kraft”? 5 800 Punkte als ZielFast scheint es so, denn Anzeichen für neue Renditetiefs lassen sich nicht erkennen. Die Sätze der zehnjährigen Anleihen können zwar nochmals bis 1,3830 % fallen (das Tief wurde bei 1,1270 % markiert), darunter liegende Notierungen erwarten wir aber nicht. Der korrespondierende Wert des Bund-Future läge dann bei gut 143,50 %. Mit Erreichen dieser Marke droht dem Rentenbarometer dann ein erneuter Rücksetzer.Insgesamt dürften in den kommenden Wochen weitere Verluste für den Dax anstehen. Zunächst ist das Abwärtspotenzial bis auf 5 800 Punkte beschränkt. Hier wird es spannend, denn die Chancen für eine mittelfristige Gegenbewegung stehen nicht schlecht. Sollten die Bullen diese Chancen aber nicht nutzen können, droht ein Absturz bis unter 5 400 Zähler. Auf der anderen Seite verbessert jede Bodenbildung über 5 800 Punkten die Position der Bullen. Im Rahmen der kurzfristigen Aktienerwartungen trauen wir dem Bund-Future einen Anstieg zu, der aber bei etwa 143,50 % ein Ende finden dürfte.—-*) Stephen Schneider ist technischer Analyst bei der WGZ Bank.