Dax vor volatiler Seitwärtsbewegung
Von Stefan Salomon *)Jetzt kaufen? Oder doch lieber abwarten im Dax? Im Zuge des Referendums in Großbritannien am 23. Juni und des allseits bekannten Ergebnisses rutschte der Dax gegen Ende Juni kräftig abwärts und markierte bei 9 214 Punkten ein Juni-Tief, nachdem noch zuvor hoffnungsvolle Käufe den deutschen Leitindex bis 10 340 Punkte aufwärts trieben. Die negative Überraschung des Brexit trotz vorheriger anderslautender Umfragen und Wettquoten der britischen Buchmacher versetzte die Anleger in Schockstarre. Die Hoffnung auf steigende Kurse ist gründlich abhandengekommen. Auch wenn sich der Dax vom Juni-Tief wieder deutlich erholen konnte, scheinen die Anleger skeptisch zu bleiben.Denn die Unsicherheit über die weitere Entwicklung in Großbritannien bleibt. Der Fokus der Börsianer richtet sich zudem auf weitere Krisenherde in der EU – sei es die Verfassung der italienischen Banken oder seien es die Sorgen um die europäische Autobranche, allen voran um die deutschen Autobauer. Charttechnisch zeigt sich der Dax in der langfristigen Perspektive weiterhin angeschlagen. Anfang des Jahres 2016 wurde ein seit 2011 bestehender Aufwärtstrendkanal verlassen. Breite UnterstützungszoneDie Monatskerzen, welche die Grundstimmung in einem Markt sehr gut wiedergeben, sind noch negativ. So überwiegen die negativen schwarzen Kerzen sowohl in ihrer Anzahl als auch in der Kerzenkörperlänge seit Dezember 2015, dem letzten Zwischenhoch im Dax. Die jüngste Juni-Monatskerze allerdings zeigt mit einer kurzen Lunte eine Bestätigung der Unterstützungslinie bei 9 325 Punkten an. In Verbindung mit den vorherigen Lunten in den Monatskerzen seit August 2015 darf daher ab etwa 9 490 Punkten bis ca. 9 200 Punkte eine breite Unterstützungszone angenommen werden.Auch die Länge der Juni-Kerze weist noch auf Unterstützung, auf Kaufinteresse auf niedrigerem Niveau hin. Nach oben hingegen ist der Markt ab etwa 10 270 Punkten bis 10 485 Punkte deutlich gedeckelt. Kurze Dochte und die jüngsten Eröffnungs- und Schlusskurse der Monatskerzen seit Jahresanfang weisen in diesem Bereich auf verstärktes Verkaufsinteresse hin. So darf aus Sicht der Dax-Monatskerzen von einer anhaltenden Seitwärtsbewegung im Markt ausgegangen werden. Deutlichere Rücksetzer bieten eher die Chance auf einen Einstieg im Markt – in Verbindung mit kurzfristigeren Kaufsignalen innerhalb der Unterstützungszone. Eine kräftigere Erholung hingegen in Richtung 10 300 oder 10 400 Punkte dürfte im ersten Anlauf wieder verkauft werden.Erst ein Ausbruch aus der Range der jüngsten vier Monatskerzen per Wochen- oder Monatsschlusskurs dürfte ein Richtungssignal auslösen. Nach oben wäre sodann auch ein Break des seit April 2015 laufenden Abwärtstrends mit Zielen von 11 000 bis 11 430 Punkten (Hoch im November 2015) zu erwarten. Ein Ausbruch nach unten wäre entsprechend negativ, und ein Test einer Unterstützungszone im Bereich 8 900 bis 8 700 Punkte wäre wahrscheinlich.Aus Sicht der Trendanalyse und eines intakten Abwärtstrendkanals könnte bei neuen Tiefs zudem ein Ziel von ca. 8 350 Punkten abgeleitet werden. Dieses Ziel entspricht der nach unten abgetragenen Schwankungsbreite des verlassenen langfristigen Aufwärtstrendkanals. Das Risiko nach unten ist auch aus Sicht der diversen Einzelaktien im Dax noch nicht vom Tisch. So zeigen sich in den Monatskerzen der Dax-Werte Allianz, BMW, Commerzbank, Conti, Daimler, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Lufthansa, Heidelberg Cement, Linde, Münchener Rück, ProSiebenSat.1, SAP, Siemens, Thyssenkrupp und Volkswagen jeweils lange schwarze Monatskerzen. Verbreitet negatives BildTeilweise wurden auch langfristige Formationen nach unten verlassen, zum Beispiel in der Continental-Aktie ein symmetrisches Dreieck. Somit präsentiert die Hälfte der Dax-Werte ein deutlich negatives Chartbild entsprechend den japanischen Candlesticks. Denn lange schwarze Kerzen sind per Definition negativ und lassen weitere Kursverluste erwarten. Nur eine zügige Erholung über die Mitte einer entsprechenden Kerze würde eine erste Aufhellung und die Chance auf eine Erholung an das Hoch der Kerze darstellen. Ein Anstieg folgend über das Hoch einer langen schwarzen Kerze würde auf das Fehlen der Bären im Markt hinweisen und die vorherige Abwärtsbewegung als Marktbereinigung klassifizieren.Im “Best-Case-Szenario” würde der Juni 2016 somit einen Ausverkauf darstellen, dem nach der kurzfristigen Panik ein neuer Aufwärtstrend folgen darf. Doch ohne klare Hinweise auf eine Bodenbildung auch in den kurzfristigen Zeitebenen und ohne einen Anstieg des Dax über die Mitte der Juni-Kerze bei 9 961 Punkten und letztlich über die eher psychologisch bedeutsame runde 10 000er Marke in Verbindung mit einem Re-Break der 200-Tage-Linie, die aktuell bei 10 056 Punkten notiert, dürfte der Dax volatil in den kommenden Wochen seitwärts pendeln. Auch die bevorstehende Berichtssaison dürfte die Kauflaune bremsen. So wäre bis Anfang August vorerst mit einer Pendelbewegung im Dax zwischen maximal 9 900/10 000 Punkten als Widerstandszone und einem Unterstützungsbereich zwischen 9 490 Punkten bis ca. 9 200 Punkte zu rechnen.—-*) Stefan Salomon ist technischer Analyst bei wallstreet-online.de.