TECHNISCHE ANALYSE

Dax wieder auf dem Rückzug

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 27.3.2019 Des Deutschen liebster Aktienindex, der Dax, hat nach dem katastrophalen Jahr 2018 eine Erholung gestartet. Allerdings sind die alten Probleme auch die neuen im Börsenjahr 2019. Neben dem...

Dax wieder auf dem Rückzug

Von Christian Henke *)Des Deutschen liebster Aktienindex, der Dax, hat nach dem katastrophalen Jahr 2018 eine Erholung gestartet. Allerdings sind die alten Probleme auch die neuen im Börsenjahr 2019. Neben dem Brexit-Drama und dem nicht enden wollenden Handelsstreit zwischen den USA und China sind neuerliche Konjunktursorgen den Anlegern auf den Magen geschlagen. Vor allem das unschöne R-Wort macht seit einigen Tagen die Runde. Die Angst vor einer Rezession hat die Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischt. Diese haben sich in der zurückliegenden Woche von ihren Aktien getrennt. Wir wollen uns daher den daraus entstandenen charttechnischen Schaden näher anschauen. Zwei ProblemeDer Dax ist am Dienstag vergangener Woche an einem betonharten Widerstand gescheitert. Dieser besteht im Tageschart aus den beiden waagerechten Trendlinien bei 11 800/11 840 Punkten. Diese Barriere kommt auch auf Wochen- und Monatsbasis vor und nimmt daher aus charttechnischer Sicht eine wichtige Bedeutung ein. Aber auch wenn es dem heimischen Börsenbarometer gelungen wäre, diese Bastion zu erstürmen, aus dem Schneider wäre der Dax damit nicht gewesen. Neben der psychologischen Marke bei 12 000 Zählern müsste dann noch der seit Januar 2018 intakte Abwärtstrend bei aktuell 12 230 Punkten bezwungen werden.Der deutsche Leitindex hat sich zuletzt von der 11 800-Punkte-Marke nach unten entfernt. Folglich könnte es nun erneut in Richtung der horizontalen Trendlinie bei 10 800 Zählern gehen. Darunter bestünde dann die Gefahr, dass die “runde” Zahl bei 10 000 Punkten wieder ein Thema wird. Im desaströsen Dezember war diese Region gefährlich nahe gerückt. Eine Rückkehr in den vierstelligen Kursbereich hätte fatale Folgen. Bremsklotz 200-Tage-LinieZuletzt ist die 200-Tage-Durchschnittslinie wieder öfter in den Medien präsent. An dem besagten Dienstag, 19. März, schloss der Dax oberhalb der beliebten Glättungslinie. Der Ausflug über den gleitenden Durchschnitt war jedoch nicht von langer Dauer. Einen Tag darauf ging es wieder unter die 200-Tage-Linie. Grundsätzlich sollten solche Signale nicht beachtet werden, wenn der Durchschnitt fällt, der Kurs des Basiswertes darüber aus dem Handel geht. In diesem Fall werden zu viele Fehlsignale generiert. Der jüngste Sprung über den Trendfolgeindikator hat sich auch sehr schnell als Bullenfalle herausgestellt.Die 200-Tage-Linie verheißt auch auf Weiteres nichts allzu Gutes. Zur Trendbestimmung verwenden wir die gewichtete Durchschnittslinie. Diese hat im Februar ein markantes Hoch gebildet und kurz darauf gen Süden gedreht. Dies mittlerweile nachhaltig. Solange der Durchschnitt nicht wieder signifikant steigt, befindet sich das heimische Börsenbarometer in einem gültigen mittelfristigen Abwärtstrend. Auf der Seite der BärenNicht nur die 200-Tage-Linie spricht zurzeit gegen eine baldige Trendwende. Auch weitere technische Indikatoren haben sich auf die Seite der Bären geschlagen. Im Big Picture auf Monatsbasis sind die Bollinger-Bänder zu sehen. Herkömmlich werden diese mit der Einstellung 20 Handelstage und der zweifachen Standardabweichung zur Identifizierung von überkauften und überverkauften Situationen genutzt. Mit der Modifikation zwölf Monate und einer Standardabweichung erhalten wir einen sehr guten Trendfolgeindikator. Bei einem Schlusskurs oberhalb des oberen Bandes springt die Ampel auf Grün. Bei Notierungen unterhalb des unteren Bandes entsprechend auf Rot. Im März des vergangenen Jahres schloss der Dax unterhalb des unteren Bandes. Das Verkaufssignal hat bis zum heutigen Tag Gültigkeit. Die obere Begrenzung der Bollinger-Bänder fungiert aber auch als Widerstand. Im Mai und Juni 2018 vereitelte das obere Band einen Ausbruch nach oben. Warnung vor VerlustenAn dem mittleren Band, entspricht dem einfachen Zwölf-Monats-Durchschnitt bei aktuell 11 863 Punkten, war das heimische Börsenbarometer zuletzt gescheitert. Das untere Band bei momentan 11 200 Zählern fungiert als Unterstützung. Von einem neuen mittelfristigen Kaufsignal ist der Dax noch weit entfernt. Dafür wäre ein Schlusskurs oberhalb des oberen Bandes bei derzeit 12 625 Punkten erforderlich.Auch bei der traditionellen Fibonacci-Methode sieht es im Augenblick nicht gut aus. Der deutsche Leitindex war am 38,2-%-Retracement bei 11 724 Zählern gescheitert. Hierbei wurde die starke Aufwärtsbewegung von Februar 2016 bis Januar 2018 berücksichtigt. Anfang des zurückliegenden Jahres wurde ein Allzeithoch erreicht. Der Dax könnte nun das 50,0-%-Fibonacci-Level bei 11 146 Punkten ansteuern. Darunter sollte es nach Möglichkeit nicht gehen. In diesem Fall drohen weitere Kursverluste bis zum wichtigen 61,8-%-Retracement bei 10 570 Zählern. Im Dezember 2018 konnte diese Unterstützung verteidigt werden.Rutschen die Aktien aus der ersten Börsenliga unter dieses Niveau, könnte es im schlimmsten Fall weiter abwärts bis zum Ausgangspunkt der Aufwärtsbewegung bei 8 696 Punkten gehen.—- *) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG.