Aktienmärkte

Defensiver Ansatz bei Aktien ratsam

Die Analysten von J.P. Morgan AM raten angesichts von Rezessionsgefahren bei gleichzeitigen deutlichen Gewinnen an den Aktienmärkten zur Vorsicht.

Defensiver Ansatz bei Aktien ratsam

Defensiver Ansatz bei Aktien ratsam

J.P. Morgan AM sieht sinkende Zinsen als Schwachpunkt der Aktienrally

kjo Frankfurt

Wer Risiken unterschätzt oder ausblendet, läuft Gefahr, hart zu landen. Ikarus in der griechischen Mythologie ist ein mahnendes Beispiel hierfür. Das Phänomen lässt sich nach Ansicht von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, aktuell auch auf den Aktienmarkt übertragen. Denn globale Aktien sind seit Jahresanfang um fast 10% gestiegen – trotz weiterhin bestehendem Rezessionsrisiko. „In den vorigen Monaten preisten die Märkte nachlassende Inflationsrisiken und eine zukünftig moderatere Notenbankpolitik ein. Auch wenn sich diese Einschätzung nach und nach bestätigt, rückten die Risiken vielleicht etwas zu weit in den Hintergrund“, so Galler. Denn diese seien noch nicht so weit zurückgegangen, wie es die Märkte weismachen wollten. Zumal die Rally in den USA vor allem von einigen Tech-Werten getrieben ist, die inzwischen wieder ein stark überdurchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) aufweisen. Für Anleger sei daher weiterhin ein defensiverer Ansatz mit Fokus auf Qualität, Cashflows und Dividendenstärke sinnvoll, um einen Ikarus-Effekt im Portfolio zu vermeiden.

Die Aussicht auf sinkende Zinsen sieht der Stratege jedoch als den großen Schwachpunkt der aktuellen Aktienrally. Zwar unterstützten tiefere Zinsen aufgrund des niedrigeren Abzinsungsfaktors gerade bei Wachstumsunternehmen eine höhere Bewertung. Doch mit Blick auf die kommenden zwölf Monate sei dieser Vorteil eher zwiespältig zu bewerten: „Angesichts der derzeit immer noch erhöhten Inflation werden die Notenbanken nur dann bereit sein, die Zinsen zu senken, wenn die Konjunktur auf eine Rezession zusteuert oder wachsende Turbulenzen im Bankensystem Unterstützung erfordern. In einem Rezessionsszenario jedoch erscheinen die aktuellen Erwartungen eines leicht positiven Wachstums der Unternehmensgewinne für das Kalenderjahr 2023 sowie eines Wachstums von 10% für 2024 zu optimistisch“, stellt Galler fest. Die vergangenen drei Rezessionen hätten vielmehr zu einem Rückgang der Unternehmensgewinne zwischen 20 und 40% geführt.

 Die anhaltenden Spannungen im Bankensystem sind nach Ansicht des Experten eine weitere Unwägbarkeit für die Aktienmärkte. Der stärkste Zinsanstieg der vergangenen vierzig Jahre habe bereits zu einer Verschärfung der Kreditbedingungen geführt. „Die Unternehmen reagieren mit einer deutlich reduzierten Nachfrage nach Krediten, wodurch zwangsläufig auch die zukünftige Investitionstätigkeit leiden wird“, sagt Galler. Die Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Gewerbe für den Monat Mai signalisierten sowohl in den USA als auch in Europa bereits einen Einbruch bei den Ordereingängen. „Es bleibt abzuwarten, ob die hochgehandelten Technologieunternehmen die einsetzende Investitionszurückhaltung der Industrie ohne größere Gewinnrückgänge wegstecken können.“

Die Kombination aus der Erwartung niedrigerer Zinsen, höherer Aktienbewertungen und der Aussicht auf sinkende Unternehmensgewinne lässt die Experten bei J.P. Morgan Asset Management – nicht zuletzt mit einer möglichen Rezession am Horizont – auf dem aktuellen Aktienmarkniveau vorsichtiger werden. „Selbst wenn die US-Fed die Leitzinsen in diesem Jahr nicht senken wird, müssten die Bewertungen der Mega-Cap-Technologie, und damit auch des Marktes, wieder auf dem Boden der Tatsachen landen“, so Galler. Bei Aktien gelte es daher auf Qualität, Cashflows und Dividendenstärke zu achten.

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