Der Abwärtsdruck nimmt zu

Beim Euro rückt das Tief von 2010 in greifbare Nähe - Barclays: "Grexit" wird Währung unter Parität drücken

Der Abwärtsdruck nimmt zu

Am Donnerstag verzeichnete der Euro den siebten Handelstag in Folge mit Verlusten. Die Unterstützung des Marktes für die Währung schwindet. Trotz vieler anderer Risiken stehen die Ereignisse in Griechenland im Fokus vieler Devisenmarktteilnehmer. <NameVon Georg Blaha, FrankfurtDie Stimmung für die Gemeinschaftswährung trübt sich stark ein. Über sieben Handelstage in Folge ging es für den Euro zum Dollar abwärts. Die Negativereignisse, die auf der Devise lasten, überschlagen sich geradezu. Neben dem drohenden Ausstieg Griechenlands aus dem Euro (“Grexit”) sorgt die Eskalation der Bankenkrise in Spanien für Unruhe. Gleichzeitig mehren sich die Zeichen für eine konjunkturelle Abschwächung, wenn nicht gar Rezession im Euroraum. So fiel das Wirtschaftsvertrauen im Währungsgebiet auf den tiefsten Stand seit Mitte 2009. Der Devisenmarkt zeigt sich extrem risikoscheu.Bei einem Kurs von 1,2340 Dollar notiert der Euro so tief wie seit Sommer 2010 nicht mehr. Damals hatte sich die Währung gerade vom ersten Griechenland-Schock erholt, in dessen Folge sie auf ein Mehrjahrestief von 1,1875 Dollar gefallen war. Diese Schreckensmarke ist nun wieder in greifbare Nähe gerückt. Über vier Wochen hat der Euro 7,2 % zur US-Währung verloren und 9,7 % zum japanischen Yen. Kurzfristig überverkauftAuch wenn der Markt laut Teilnehmern kurzfristig überverkauft ist und es so wie am Donnerstag kurzfristig zu Gegenbewegungen kommen kann – der Euro sprang im frühen Handel über 1,24 Dollar -, so überwiegen die Abwärtsrisiken. Zudem ist die charttechnische Unterstützung nicht sehr stark. Die Analysten von Metzler Financial Markets weisen auf die täglichen Trendfolger hin, die allesamt auf weiter fallende Kurse hindeuteten. Gleitende Durchschnittlinien und andere Indikatoren sprächen eine für den Euro klar negative Sprache. Unterstützung sehen die Experten erst bei 1,20 bzw. 1,1875 Dollar.Viele Institute senken ihre Prognosen für Euro/Dollar weiter ab. So sieht die DZ Bank den Euro bis zum Herbst auf 1,15 Dollar fallen. Die Analysten der Bank nehmen aber eine vergleichsweise konstruktive Haltung ein. So gehen sie davon aus, dass es zwar bei einer latenten Bedrohung der Eurozone bleibt, der Kollaps aber ausbleiben wird. Ab Herbst könne sich die Situation vorsichtig zu bessern beginnen und die eingeleiteten Fortschritte der Eurozone zum Thema Reform und Fiskaldisziplin könnten anfangen, erste Früchte zu tragen, heißt es in einer aktuellen Studie. Sollte es zudem gelingen, den Vertrauensverlust am Markt zum Stoppen zu bringen, so wären innerhalb von zwölf Monaten auch wieder Kurse um 1,30 Dollar erreichbar. Bis dahin sei es aber noch ein steiniger Weg für Europa und den Euro.Die Analysten von Barclays gehen davon aus, dass der Euro unter Druck bleiben wird, ganz gleich, ob Griechenland die Währungsunion verlässt oder nicht. Das Hauptszenario der Bank geht von einem Verbleib von Hellas im Euro aus. In diesem Falle werde die Währung angesichts der vielen anderen Risiken in drei Monaten auf 1,21 und in zwölf Monaten auf 1,15 Dollar fallen.Bei einem chaotischen Austritt wären weit größere Verluste zu befürchten. Als Basis nahmen die Analysten Volatilität und Kursbewegungen nach der Lehman-Brothers-Krise. Im schlimmsten Falle drohe ein Kurs von nur noch 0,98 Dollar. “Ein Grexit wäre ein übergreifendes Risiko-Event. Es gibt kein vergleichbares Ereignis mit solch komplizierten ökonomischen, finanziellen, politischen und rechtlichen Auswirkungen”, schreiben die Experten.—— Bundesbürger trauen Euro nicht mehr- Der Euro als europäischeGemeinschaftswährung trifft bei den Deutschen auf Skepsis. So gab jeder fünfte Deutsche über 18 Jahren an, dass er nicht glaube, dass es den Euro in fünf Jahren noch geben werde. Dies ergab eine Umfrage von TNS Infratest im Auftrag von ING Investment Management.- Zudem halten laut Umfragerund 62 % ihre Regierung nicht für kreditwürdig.- Jedoch haben diese Einschätzungen kaum Auswirkungen auf das Anlageverhalten. Sparbuch, Banksparplan, Tages- und Festgeld werden von rund 65 % der Befragten bevorzugt. Diese Lieblingsanlageformen sind aber an den Euro gebunden.——