GASTBEITRAG

Der Ausweg aus dem Renditedilemma ist konvex

Börsen-Zeitung, 15.3.2016 Langfristig orientierte Investoren, die in Anleihen oder Aktien investieren, befinden sich seit geraumer Zeit in einem Dilemma: Anleihen bieten vergleichsweise geringe Renditen, Aktien durchlaufen nach ihrer sechsjährigen...

Der Ausweg aus dem Renditedilemma ist konvex

Langfristig orientierte Investoren, die in Anleihen oder Aktien investieren, befinden sich seit geraumer Zeit in einem Dilemma: Anleihen bieten vergleichsweise geringe Renditen, Aktien durchlaufen nach ihrer sechsjährigen Aufwärtsbewegung eine spürbare Korrektur und schwanken kräftig. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist die gewinnbringende Kombination beider Assetklassen: Wandelanleihen! Sie bieten einen laufenden Ertrag dank regelmäßiger Zinszahlungen und eröffnen die Möglichkeit zur Teilhabe an Kursgewinnen des Aktienmarktes. Umfangreiche AnalysenDoch eines vorneweg: Aufgrund ihrer Komplexität und der heterogenen Ausgestaltung erfordern Wandelanleihen besonders umfangreiche Analysen und empfehlen sich in der Direktanlage nur für erfahrene Anleger. Die Kombination aus Anleiheeigenschaften (fixer Kupon, Rückzahlung zum Nominalwert) und dem Wandlungsrecht in die zugrundeliegende Aktie sorgt für einen konvexen Ertragsverlauf der Wandelanleihe beziehungsweise eines ganzen Wandelanleiheportfolios. Oder vereinfacht ausgedrückt: Der Wandelanleiheinvestor partizipiert an Aufwärtsbewegungen des Aktienmarktes stärker als an Abwärtsbewegungen. Er verfügt also über Aktienmarktexposure mit Sicherheitsnetz. Die moderate Euroland-Wandelanleihen-Strategie von Oddo Meriten AM ist zum Beispiel derzeit so eingestellt, dass an einem Aktienmarktanstieg von 20 % mit + 7,1 % Wertentwicklung partizipiert wird, bei einem vergleichbaren Kursrückgang jedoch nur mit – 3,5 %.Diese Konvexität sorgt für ein äußerst ansprechendes Verhältnis von Risiko zu Ertrag, insbesondere im Vergleich zu Investments ausschließlich in Aktien oder Anleihen. Wer Ende 1993 in europäische Wandelanleihen (gemessen am Thomson Reuters Europe Hedged Convertible Bond Index EUR) investierte, konnte sich per Ende Januar 2016 über eine Performance von 7,2 % pro Jahr freuen. Aktieninvestoren (Euro Stoxx Net Return) verzeichneten dagegen im gleichen Zeitraum lediglich ein Plus von 6,4 % bei einer im Vergleich zu Wandelanleihen fast doppelt so hohen Volatilität. Mit Unternehmensanleihen (Barclays Euro Aggregate Corporates) ließen sich jährlich lediglich 5,5 % erzielen. Auch die Ergebnisse einer Kombination aus jeweils 50 % Aktien und Unternehmensanleihen reichten – bei ähnlicher Volatilität – nicht an die Ergebnisse von Wandelanleihen heran. Bewertung attraktivAbgesehen von diesem überzeugenden langfristigen Track Record erscheinen Wandelanleihen aber auch aufgrund ihrer aktuell günstigen Bewertung attraktiv. Gemessen am BofA ML Convertible Bond Index notieren sie in Europa knapp 3 % unter ihrem theoretischen Wert. So günstig waren sie zuletzt vor rund vier Jahren.Im Vergleich zum Anleihe- und Aktienmarkt sind Wandelanleihen zweifellos ein Nischenmarkt. Die Liquidität in diesem Segment ist aber akzeptabel. Allein Oddo Meriten AM verwaltet Wandelanleiheprodukte im Wert von 1,8 Mrd. Euro. Der Gesamtmarkt an ausstehenden Wandelanleihen beträgt rund 400 Mrd. US-Dollar. Davon stammt die Hälfte aus den USA, etwas mehr als ein Drittel aus Europa, der Rest aus Asien. Die Primärmarktaktivität war in den vergangenen Jahren mit einem Neuemissionsvolumen von durchschnittlich 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr recht hoch. In Europa kommen die Emittenten vor allem aus Frankreich, Deutschland und Italien. Synthetisch erweiterbarDas klassische Wandelanleiheuniversum lässt sich dank liquider Derivatebörsen mit synthetischen Papieren in Umfang und Vielfalt erweitern. In diesem Falle wird eine klassische Anleihe oder auch nur Cash mit einer gelisteten Call-Option auf die gewünschte Aktie kombiniert. Damit lassen sich Investmentfälle nutzen, für die es entweder überhaupt keine Wandelanleihe gibt, die mit der klassischen Wandelanleihe zu teuer sind oder die auf diese Weise mit einer günstigeren Aktiensensitivität umgesetzt werden können.Aufgrund des zusätzlichen Kontrahentenrisikos gilt es allerdings bei strukturierten Produkten genau hinzuschauen. Bei Oddo Meriten AM verzichten wir auf von Dritten strukturierte Produkte und nutzen ausschließlich gelistete Instrumente. Zudem beschränken wir uns bei synthetischen Papieren auf 34 % unseres Anlagevolumens.Erfolgreiches Investieren in Wandelanleihen resultiert neben der sorgfältigen Einzeltitelauswahl vor allem aus einem aktiven Management der Konvexität. Liegt nämlich der Kurs einer Aktie deutlich unterhalb der Konversionsparität (Kurs bei dem der Betrag, der dem Investor bei sofortiger Wandlung zufließt, gerade dem Wert der Wandelanleihe entspricht) verhält sich die Wandelanleihe wie eine klassische Anleihe. Bei Kursen erheblich oberhalb der Konversionsparität wird diese dagegen in immer stärkerem Maße von der Kursentwicklung der zugrundeliegenden Aktie geprägt. Einen gemischten Charakter und damit eine besonders hohe Konvexität weisen hingegen Papiere auf, bei denen die Parität nicht allzu weit vom Aktienkurs entfernt ist. Um die Vorteile eines Wandelanleiheinvestments effektiv zu nutzen, gilt es daher, gezielt Portfolien aus gemischten Wandelanleihen zusammenzustellen, diese hinsichtlich der Konvexität regelmäßig zu überwachen und gegebenenfalls durch den Einsatz synthetischer Papiere zu optimieren.Fazit: Wandelanleihen stellen eine gewinnbringende Kombination der Assetklassen Anleihen und Aktien dar, die sich gerade im aktuellen Marktumfeld empfiehlt. Um deren Vorteile vollständig auszuschöpfen, sollten sich Anleger jedoch an erfahrene Experten wenden. Denn erst durch die gezielte Zusammenführung von sorgfältiger Titelauswahl und aktivem Konvexitäts-Management wird ein effektives Aktienmarktexposure mit Sicherheitsnetz geschaffen.—-Luc Varenne, Leiter Wandelanleihemanagement, Oddo Meriten Asset Management