DEVISENWOCHE

Der bisher ausgefallene Währungskrieg

Von Holger Achnitz*) Börsen-Zeitung, 6.3.2018 Vor beinahe acht Jahren prägte der damalige brasilianische Finanzminister Guido Mantega nach einer Serie von Interventionen mehrerer Zentralbanken den Begriff von einem "Internationalen Währungskrieg"....

Der bisher ausgefallene Währungskrieg

Von Holger Achnitz*)Vor beinahe acht Jahren prägte der damalige brasilianische Finanzminister Guido Mantega nach einer Serie von Interventionen mehrerer Zentralbanken den Begriff von einem “Internationalen Währungskrieg”. Gemeint waren mit dieser eher martialischen Analogie Aktionen, deren Ziel die Abschwächung der jeweils eigenen Währung im Vergleich zum US-Dollar war, der in Folge der sehr expansiven Geldpolitik der Federal Reserve – als Antwort auf die globale Finanzkrise – insbesondere gegenüber den Währungen vieler Schwellenländer stark an Wert eingebüßt hatte. Kritik seitens der EZBMarktbeobachter und Medienvertreter waren daher schnell versucht, von einem erneuten Währungskrieg zu sprechen, als Ende Januar in Davos der amerikanische Finanzminister Steven Mnuchin einen schwächeren US-Dollar als gut für die USA bezeichnete und damit die seit Anfang der 1990er Jahre von allen US-Regierungen vertretene “Strong Dollar”-Doktrin in Frage zu stellen schien. Im Gegenzug kritisierten mehrere Funktionsträger der EZB die direkte Bezugnahme auf den Dollar und verwiesen auf die vermeintliche Verletzung bestehender G 20-Vereinbarungen (u.a. Verzicht auf Interventionen zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit).Trotz dieses Disputs bleibt der Beginn eines neuen Währungskriegs zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich. Es steht nicht zu erwarten, dass die aktuellen Meinungsverschiedenheiten zur Ursache internationaler Spannungen in der näheren Zukunft werden. Hierfür gibt es mehrere Gründe:1. Die heutige makroökonomische Situation, deren Beurteilung insgesamt mit einem globalen Wachstum von etwa 3,5 % deutlich besser ausfällt als in den ersten Jahren nach der globalen Finanzkrise.2. Die Arbeitslosenrate ist global mit 5 % deutlich geringer als im Jahr 2010 (8 %).3. Die Deflationsgefahr gilt als gebannt. Auch wenn die Inflation trotz aller geldpolitischen Anstrengungen in den letzten Jahren nur langsam steigt, unterstützt das gegenwärtige Lohnwachstum den jüngsten Trend, so dass Zentralbanken steigende Zuversicht in die begonnene Normalisierung der Geldpolitik haben. Schritt zur NormalisierungDaher ist die Sensitivität der Geldpolitik gegenüber Wechselkursfluktuationen gesunken. Angesichts der robusten Wachstumsperspektiven sind Zentralbanken eher gewillt, Währungsvolatilität zu akzeptieren als in den letzten Jahren, in denen das Ziel war, Inflation durch eine schwache eigene Währung zu importieren – ein Misserfolg, da die niedrige Inflation ein globales Phänomen war. Diese Akzeptanz, insbesondere die Hinnahme der Aufwertung der eigenen Währung, ist eine willkommene Entwicklung, da sie einen weiteren Schritt in Richtung Normalität in den Beziehungen der großen Volkswirtschaften repräsentiert. Starke AbwertungSo kann man auch die Abwertung des handelsgewichteten Dollar von bislang 8 % seit Beginn des vergangenen Jahres als zyklische Korrektur einer zuvor stark überbewerteten Währung interpretieren. Ob es hierbei bleiben kann, hängt zu einem großen Teil von der Bereitschaft der Marktteilnehmer ab, die als Folge der Steuerreform steigenden US-Defizite in der gegenwärtigen Kombination aus Zins und Wechselkurs weiter zu finanzieren. Diese Notwendigkeit geht zeitlich einher mit dem Ende des EZB-Kaufprogramms und damit auch hier steigenden Zinsen, was die Notwendigkeit für Anlagen außerhalb der Eurozone reduziert. Diese Gemengelage birgt die Gefahr einer weiteren, dieses Mal eher strukturellen Abwertung des Dollar, folgend auf die bisherige zyklische Adjustierung. Aktuell besteht für den Euro-Dollar-Kurs eine Widerstandszone bei 1,28. Eine längerfristige Betrachtung erlaubt allerdings Parallelen zu der Periode von 2001 bis 2004, in der auf den Höchstkurs des Dollar eine lange Abwertungsphase folgte. Eine ähnliche Entwicklung jetzt hätte Kurse von 1,40 Dollar innerhalb des kommenden Jahres zum Ziel – deutlich oberhalb des gegenwärtigen Konsensus, der eher bei 1,30 liegt. Kontroversen sind möglichJe nach Geschwindigkeit und abhängig von der dann vorherrschenden Wachstums- und Inflationsdynamik könnte eine solche Abwertung durchaus wieder zu Spannungen im globalen Wechselkurssystem führen. Wie ausgeführt ist deren Ausbleiben primär dem zurzeit synchronen Wachstum zu verdanken und keinesfalls das Resultat erfolgreicher grenzüberschreitender Kooperation. Die wachsenden Misstöne in internationalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, auch zwischen bislang gut zusammenarbeitenden Partnern (siehe die letzte Woche durch Präsident Trump angekündigten Zölle), könnten Wechselkursparitäten in einem Abschwung durchaus wieder zum Gegenstand von Kontroversen und Auseinandersetzungen werden lassen.—-*) Holger Achnitz leitet den Währungshandel bei der Citigroup in Deutschland.