Der Bolívar bricht am Schwarzmarkt ein
Bloomberg New York – Venezuelas größte Banknote im Wert von 100 Bolívar ist bei den Geldwechslern mittlerweile weniger wert als ein Vierteldollar in den USA: Der Schwarzmarktwert der Landeswährung ist eingebrochen. Der Bolívar fiel in der vergangenen Woche am Schwarzmarkt um 25 % auf 423 je Dollar, bevor er sich am Montag wieder auf 413 je Dollar erholte, zeigen Daten von dolartoday.com. Die Webseite verfolgt die Wechselkurse an der Grenze zu Kolumbien. 413 Bolívar entsprechen dem 66-Fachen des offiziellen Wechselkurses von 6,3 Bolívar je Dollar. Das bedeutet, dass ein 100-Bolívar-Schein bei den illegalen Straßenhändlern 0,24 Dollar wert ist.Venezuela hält seit 2003 an strikten Devisenkontrollen fest. Das treibt Menschen und Firmen an den Schwarzmarkt, wenn sie von der Regierung keine Erlaubnis für den Dollar-Kauf zum gesetzlichen Kurs erhalten. Das Land leidet unter der weltweit höchsten Inflation, und da Gebrauchsgüter wie Autos und Immobilien rar sind, wollen die Venezolaner zum Schutz ihrer Ersparnisse Dollar halten. “Das Kernproblem sind die Erwartungen”, erklärte Asdrubal Oliveros, Director des Beratungsunternehmens Econanalítica in Caracas. “Die Leute fragen weiter Dollar nach, also steigt der Schwarzmarktkurs basierend auf der Nachfrage.”Der Bolívar hat sich in den vergangenen zwölf Monaten auf den Straßenmärkten um etwa 80 % abgeschwächt. Die Zentralbank reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme zu dem Schwarzmarktkurs.Jesus Faria, ein regierungsfreundlicher Abgeordneter und Mitglied eines Finanzausschusses, sagte in einem TV-Interview, dass der Einbruch des Schwarzmarktkurses “nichts mit der Realität zu tun” habe. “Es gibt einen hinterhältigen Angriff auf die nationale Währung, der ein Niveau erreicht hat, das über jegliche Irrationalität hinausgeht”, so Faria. “Das spiegelt keine Form von Angebot und Nachfrage am freien Markt wider.” Venezuelas Regierung prüft Wege, um das über mehrere Stufen organisierte Währungssystem zu vereinfachen, sagte Faria. Die Regierung plane allerdings keine Dollarisierung der Wirtschaft.Die Analysten Alejandro Arreaza und Alejandro Grisanti von Barclays erklärten, der inoffizielle Wechselkurs könne bis zum Jahresende 600 Bolívar je Dollar erreichen. Nur Tage zuvor hatte Barclays die Anlageempfehlung für venezolanische Dollar-Anleihen von “Übergewichten” auf “Neutral” gesenkt.Die Inflationsrate lag im Dezember bei berichteten 69 %, und die Devisenreserven erreichten am 21. Mai mit 17,7 Mrd. Dollar das niedrigste Volumen seit zwölf Jahren. “Wenn die Obrigkeit ihre Politik nicht ändert, könnte es weiteren Abwärtsdruck am Devisenmarkt geben”, schrieben die Barclays-Analysten.Die Menschen kaufen Oliveros zufolge teilweise auch Dollar wegen des Mangels an Gebrauchsgütern, die als Wertanlage fungieren könnten. “Sie möchten ein Auto kaufen? Es gibt keine. Sie möchten eine Wohnung kaufen? Sie können sich keine leisten”, sagte er. “Die einzige Zuflucht, die den Menschen bleibt, ist der Kauf von Dollar, und deswegen ist die Nachfrage ungebrochen.”