TECHNISCHE ANALYSE

Der Dax sehnt den Sommer herbei

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 14.5.2014 Auch wenn es die Temperaturen momentan nicht vermuten lassen, der Sommer steht vor der Tür. Hierbei sprechen wir nicht vom meteorologischen, sondern vor allem vom Börsensommer. Statistisch betrachtet...

Der Dax sehnt den Sommer herbei

Von Christian Henke *)Auch wenn es die Temperaturen momentan nicht vermuten lassen, der Sommer steht vor der Tür. Hierbei sprechen wir nicht vom meteorologischen, sondern vor allem vom Börsensommer. Statistisch betrachtet eine für die Anleger wahrhaftig heiße Jahreszeit. Der Konflikt zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen könnte dem jedoch einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen.Anfang dieses Jahres, dem Zeitpunkt, wo viele Marktteilnehmer ihre Prognosen für das Gesamtjahr abgeben, war die Börsenwelt noch in Ordnung. Die eingangs erwähnte Krise und die daraus resultierenden Auswirkungen auf das weitere Kursgeschehen auf dem Frankfurter Parkett spielten keine Rolle. Ende Januar markierte der Dax mit 9 792/9 795 Punkten neue Rekordstände. Das Ziel, die psychologisch wichtige Marke bei 10 000 Zählern, war greifbar nahe. Doch nur wenige Wochen später bekamen die Bullen einen starken Gegenwind zu spüren. Der Vormarsch in bis dato noch nie betretenes Terrain musste infolge der Geschehnisse in der Ukraine abgeblasen werden. Der deutsche Leitindex geriet gehörig unter Druck. Ein SägezahnmarktMit der Flucht des bis dahin amtierenden ukrainischen Präsidenten Janukowitsch fingen die Notierungen hierzulande an deutlich abzubröckeln. Der Tiefpunkt der Abwärtsbewegung wurde am 14. März erreicht. An diesem Handelstag rutschte der Dax auf Intra-Day-Basis bis 8 913 Punkten ab. Allerdings schlossen die heimischen Blue Chips an diesem Tag deutlich darüber. Diese Gegenbewegung war für den Dax immens wichtig. Zu diesem Zeitpunkt wurde die horizontale Unterstützung bei 8 952/8 982 Punkten verteidigt. Es sollte an dieser Stelle betont werden, dass diese Chartmarke auf allen uns bekannten Zeitebenen (Tages-, Wochen- und Monatsbasis) vorkommt und daher eine besondere Rolle einnimmt. Im Tageschart konnte zudem der Unterstützungsbereich bei 9 027/9 070 Zählern Schlimmeres verhindern. Kurz darauf leiteten die Bullen eine Gegenoffensive ein.Bei der Trendlinie bei 8 952/ 8 982 Punkten handelt es sich nur um eine der wichtigen Unterstützungen, die im hier dargestellten Wochenchart zu sehen sind. Auch die untere Trendgerade des mittelfristigen Aufwärtstrendkanals bei aktuell 9 430 Zählern musste sich seit dem Beginn der Ukraine-Krise gleich mehreren Tests unterziehen. Bislang mit Erfolg. Die horizontale Unterstützung bei 9 425 Punkten sollte ebenfalls genannt werden. Um diese Chartmarke haben sich die Bullen und Bären in den zurückliegenden Wochen öfter gestritten.Zurzeit notiert der Dax deutlich darüber. Dennoch ist das deutsche Börsenbarometer noch nicht aus dem Schneider. Das nächste Widerstandsbündel wartet bereits. Auf Tagesbasis liegt bei 9 631/9 647 Punkten eine charttechnische Barriere. Im Mittelfristchart nähert sich der Dax dem seit Ende Januar gültigen Abwärtstrend bei momentan 9 630 Zählern. Richtig interessant wird es jedoch erst dann, wenn die erwähnten Jahreshochs bei 9 792/ 9 795 Punkten erreicht werden. In diesem Preisbereich dürfte es zu einer richtungsweisenden Entscheidungsschlacht kommen. Börsenweisheit trifft zuAn dieser Stelle der Analyse soll kurz auf die Saisonalität eingegangen werden. Diese ist beim Dax seit den 70er Jahren sehr ausgeprägt. Vor allem hört man seit Beginn des Monats Mai in den Medien öfter die Börsenweisheit “Sell in May and go way”. Statistisch betrachtet stimmt diese Regel. In den vergangenen Jahrzehnten fielen zwischen dem 6. und 21. Mai Kursverluste an. Ab dem 21. des Wonnemonats begann im Durchschnitt bis Ende Juli eine starke Marktphase mit Kursgewinnen. Aus diesem Grund könnte der Dax auf absehbarer Zeit seinen Aufwärtstrend fortsetzen.Aber nicht nur die Saisonalität spricht für weiter steigende Notierungen. Mut macht auch der Blick auf die altbekannten Indikatoren. Hierbei kommt ein Mix aus einigen “Dinosauriern” zum Einsatz. Dazu zählen der Moving Average Convergence/Divergence (MACD), das Momentum, der Relative Stärke Index (RSI) sowie der Williams Prozent Range (Williams %R). Auf Monatsbasis halten sich MACD und Momentum oberhalb der Nulllinie und RSI und Williams %R oberhalb des absoluten Wertes von 50 auf. Dies signalisiert eine Fortsetzung der mittelfristigen Aufwärtsbewegung. Erst wenn drei der vier Indikatoren unter den genannten Marken schließen, würde die Ampel auf Rot springen. Dies ist jedoch vorerst nicht zu befürchten. Krise darf nicht eskalierenUnter dem Strich sieht es eigentlich ganz gut aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Jahreshochs bei 9 792/9 795 Punkten überwunden werden, ist aus charttechnischer Sicht recht groß. Nächstes Ziel gen Norden wären dann die 10 000 Zähler. Weiteres Potenzial bestünde dann bis 10 650 Punkten. Hierbei wurde die Höhe der Seitwärtsbewegung berücksichtigt. Mittelfristig könnte sogar in Richtung der oberen mittelfristigen Aufwärtstrendkanallinie bei aktuell 12 460 Zählern gehen. Allerdings sollte die Krise in der Ukraine nicht dramatisch eskalieren. Ansonsten würde dem Dax erheblicher Schaden drohen.—-*) Christian Henke ist Senior Market Analyst beim Handelshaus IG und Mitglied in der Vereinigung Technischer Analysten (VTAD e.V.).