TECHNISCHE ANALYSE

Der Dax wird vorerst seitwärts tendieren

Von Stephen Schneider *) Börsen-Zeitung, 28.2.2018 Nach den markanten Verlusten von Ende Januar bis zur zweiten Februarwoche konnte sich der Dax stabilisieren und leicht anziehen. Dieser Anstieg stellt dennoch nicht zufrieden, zeigt sich bislang...

Der Dax wird vorerst seitwärts tendieren

Von Stephen Schneider *)Nach den markanten Verlusten von Ende Januar bis zur zweiten Februarwoche konnte sich der Dax stabilisieren und leicht anziehen. Dieser Anstieg stellt dennoch nicht zufrieden, zeigt sich bislang doch nur eine sehr zähe Erholungsbewegung. Vor allem im Vergleich mit der Wall Street schnitt der Index unterdurchschnittlich ab, der S & P 500 hat bereits um über 7 % seit dem letzten Tief zugelegt, der Dax nur um gut 2 %. Anders sieht diese Rechnung allerdings aus, wenn man die zuvor betrachteten Verluste vergleicht. Im Rahmen der Abwärtsbewegung verloren beide Indizes in der Spitze gut 13 %. An dieser einfachen Rechnung lässt sich bereits ablesen, dass deutsche – und mit ihnen auch europäische – Aktien in der Gunst der Anleger momentan nicht ganz oben stehen. Dabei waren es weniger die in diesen Phasen sonst üblichen Branchen, die Dax und Euro Stoxx 50 ausbremsten. Eher die vermeintlich defensiven Sparten, wie z. B. die Pharmabranche oder die Nahrungsmittel, blieben deutlich hinter dem Gesamtmarkt zurück. Auch klassisch dividendenstarke Titel, etwa die Telekommunikationswerte, zeigen seit Monaten eine sehr schwache Entwicklung. Segen und FluchOhne den positiven Einfluss der Wall Street, welche die “Zykliker” besonders beeinflusste, hätte der Dax vermutlich bereits im letzten Jahr eine Korrektur eingelegt. Diese stand zumindest unter zyklischen Aspekten ab dem Frühsommer an. Durch die Entwicklung in den USA wurden die Verluste in dieser eigentlich anstehenden Korrektur nicht nur abgemildert, sondern die Kurse sogar nach oben “verzerrt”, so dass offensichtlich eine steigende Tendenz erkennbar war. Bei genauerer Betrachtung des Charts fällt aber auf, dass der Dax seit letztem Juni keine deutlichen Gewinne mehr erzielte. Die technische Analyse kennt in diesem Zusammenhang den Begriff der “running correction”. Die relative Schwäche, die der Dax dabei gezeigt hat und bislang noch zeigt, stellt Segen und Fluch dar. Sicherlich ist der Dax aktuell anfällig für die Bären. Andererseits dürfte er unter zeitlichen Aspekten im Konsolidierungsprozess bereits weiter vorangeschritten sein und hat dabei keine markanten Verluste gezeigt. Diese Sichtweise lässt erahnen, dass ein weiterer Rücksetzer, der bei einer beginnenden Korrektur der weltweit wichtigen Indizes anstehen dürfte, vergleichsweise mild ausfallen sollte. Damit stellt sich auch die nächste Frage, wann diese globale Korrektur beginnen wird – oder ob sie bereits begonnen hat. Wie aus dem Schaubild ersichtlich ist, brach der Dax aus seinem bis dahin gültigen Trendkanal nach unten aus. Damit wurde ein charttechnisches Verkaufssignal generiert. Hinzu kam das Unterschreiten der 200-Tage-Linie, die sich nun in den kommenden Handelstagen als Widerstand etablieren sollte.Isoliert betrachtet, würden wir dem Dax damit keine bedeutenden Gewinne zutrauen. Vergessen wollen wir aber nicht den Einfluss der Wall Street. Hier zeigt die Erfahrung, dass derartige Rücksetzer, wie sie ab Januar zu sehen waren, eine Art “Schuss vor den Bug” der Bullen sind. Möglicherweise stellt der scharfe Rückgang den ersten Teil einer Trendwendeformation – hier käme z. B. eine Kopf-Schulter-Formation in Betracht – dar. Diese Sichtweise muss sich noch bestätigen. Dennoch erwarten wir, dass der S & P 500 in einer vermutlich letzten Aufwärtswelle nochmals neue Höchstkurse markieren kann. Hält sich der US-Index dabei an die idealtypischen zyklischen und saisonalen Vorgaben, sollte er noch bis zum April anziehen können. Fraglich ist dabei, wie sich der Dax in diesem Umfeld schlagen wird. Ein zeitnahes Ende der relativen Schwäche können wir aktuell nicht erkennen. Zudem sind auf der Oberseite einige markante Hürden, wie der bereits angesprochene 200-Tage-Durchschnitt. Unter der Prämisse eines “Zickzacks”, das der Index im Rahmen von Korrekturen öfters zeigt, könnten sich die Kurse sogar bis auf 13 170 Zähler erholen, ohne dass sich das Bild aufhellt. Gleich darüber warten bei 13 600 Punkten zudem die historischen Höchstkurse, die ebenfalls einen Widerstand darstellen. Der Weg nach oben ist also verbaut und die nötige Dynamik, die zu einem Bruch nötig wäre, nicht erkennbar. Gleichzeitig scheint das Geschehen auf der Unterseite relativ gut abgesichert zu sein. Eine Methode in der technischen Analyse erlaubt die parallele Verschiebung einer ehemalig gültigen Bandbreite nach einem Ausbruch nach unten. Die im Chart dargestellte gestrichelte Linie zeigt diese Verschiebung und sollte sich als nächste Unterstützung etablieren. Aktuell liegt sie bei 11 400 Punkten. In vier Wochen wird sie hingegen bis auf ein Niveau von 11 600 Zählern gestiegen sein, und Mitte Mai wird sie auf dem Niveau des letzten zyklischen Tiefs bei 11 850 Punkten verlaufen. Im Gesamtkontext – wir erinnern uns an die zyklischen Vorgaben, die eine Schwäche der Wall Street ab April wahrscheinlich werden lassen – erscheint uns ein bis Mai seitwärts tendierender Dax als die wahrscheinlichste Option. In diesem Szenario kann der Index zunächst nochmals etwas zulegen, kommt dann aber wieder zurück und dürfte im Bereich von 11 600 bis 11 850 Punkten eine zumindest erste Unterstützung finden. Diese Sichtweise würde auch zu den Indikatoren passen, denn während der Stochastik-Oszillator ein Drehen und damit eine kurze Aufwärtswelle einleiten kann, deutet der mittelfristig orientierte MACD eine anhaltende Schwäche an.—-*) Stephen Schneider ist technischer Analyst bei der DZ Bank.