FAKTOR-INVESTING - LOW SIZE

Der Glanz der Kleinen verblasst

Faktor-Investing (6 und Schluss): Nebenwerten gelingt häufig die Outperformance

Der Glanz der Kleinen verblasst

Nebenwerte haben in der Vergangenheit oftmals eine höhere Performance aufgewiesen als Blue Chips. Zuletzt ist dies aber nicht mehr der Fall.Von Stefan Schaaf, FrankfurtOb an der Börse Frankfurt oder im globalen Vergleich: Nebenwerte haben in den vergangenen 15 Jahren bei der Wertentwicklung die Standardwerte klar hinter sich gelassen. So hat der deutsche Nebenwerte-Index SDax seit Anfang des Jahres 2000 rund 213 % an Wert gewonnen, während der große Bruder Dax im gleichen Zeitraum nur auf einen Kursanstieg von rund 65 % kommt. Ähnlich sieht es für einen von MSCI berechneten globalen Index aus, in dem insbesondere solche Unternehmen enthalten sind, die spezielle Nebenwerte-Kriterien erfüllen. Allerdings gilt hier auch: Es ist alles eine Frage des Betrachtungszeitraumes, denn zuletzt blieben die kleineren Werte hinter den großen zurück.In quantitativen Strategien, die auch als Smart-Beta-Strategien vermarktet werden, wird die Frage nach der Unternehmensgröße auf Basis historischer Performance-Daten als Faktor “Size” diskutiert. Sogenannte Faktoren bilden Anlagestrategien jenseits der klassischen Orientierung an der Marktkapitalisierung von Unternehmen ab. Sie definieren Charakteristika einer Gruppe von Aktien, die deren Risiko-Rendite-Profil widerspiegeln. In Abkehr von der Markteffizienz-Hypothese geht inzwischen allerdings auch die ökonomische Theorie verstärkt von Marktineffizienzen und -anomalien aus.Im Fall des Faktors Size, der typischerweise über die Marktkapitalisierung ermittelt wird, gibt es für diese Anomalien zwei grundlegende Erklärungsansätze. “Es gibt verschiedene Theorien, die dieses Phänomen beschreiben, und die Debatte hält noch an”, schreibt MSCI, die Indizes für sechs Faktoren berechnet. Ein Erklärungsansatz stammt sogar aus der Theorie effizienter Märkte und geht unter anderem auf den Nobelpreisträger Eugene Fama zurück. Die Hypothese lautet, dass kleinere Unternehmen ein höheres systematisches Risiko beinhalten und deshalb höhere Erträge liefern. Andere Autoren wiesen darauf hin, dass der Faktor Size eine Annäherung an tieferliegende Risikofaktoren sein könnte. Hierzu zählen unter anderem Liquidität der Aktie, Informationsunsicherheit, Insolvenzgefahr und Ausfallrisiko. All dies würde zum Ausgleich höhere Erträge erfordern.Abgesetzt von der Risikobetrachtung wird auch darauf hingewiesen, dass kleine Unternehmen oft noch jung sind und deshalb stärker wachsen als die etablierten Konzerne. Einen weiteren Erklärungsansatz für die Existenz des Faktors Size liefert die Verhaltensökonomie, die ebenfalls auf höhere Risiken und damit die Notwendigkeit höherer Erträge abstellt. Als Risikofaktoren für Nebenwerte werden von Verhaltensökonomen genannt die falsche Interpolation aus der Vergangenheit in die Zukunft, die Jagd nach glamourösen Überflieger-Aktien oder Überreaktionen auf Unternehmensnachrichten. Gruppe von SkeptikernNeben diesen beiden Denkschulen gibt es eine Gruppe von Skeptikern. Sie erkennen zwar den empirischen Befund an, dass Nebenwerte die Standardwerte übertreffen, haben dafür aber eine schlichte Erklärung: Überlebensbias. Vereinfacht gesagt: Viele kleine Unternehmen brechen schnell auch wieder zusammen und werden deshalb in der Untersuchung der historischen Erträge von Nebenwerten nicht erfasst. Diese berücksichtigen quasi nur die Firmen, die im Überlebenskampf durchgekommen sind.Ohnehin ist der Glanz der Nebenwerte zuletzt verblasst. Seit 2011 blieb der MSCI World Mid Cap Equal Weighted Index Jahr für Jahr hinter seinem Stammindex MSCI World zurück. Zuvor lief es besser, so dass im Zehnjahreszeitraum eine Jahresrendite von 7,8 % zu 6,4 % zu Buche steht. Die Outperformance war besonders in den Jahren 2001 bis 2006 auffällig. Dies unterstreicht die Tatsache, dass die sogenannten Faktoren über längere Zeit zwar eine Outperformance liefern, jedoch auch in längeren Phasen einmal hinter dem breiten Markt zurückbleiben können.Eine Besonderheit – aus deutscher Sicht – bietet zudem die Zusammensetzung des MSCI-Nebenwerte-Index. Er ist der einzige der sechs Faktor-Indizes des Unternehmens, der unter den Top Ten einen deutschen Wert enthält, den Kasseler Düngemittel- und Salzhersteller K + S. Er rangiert auf Platz 4. Der MSCI World enthält zwar Aktien aus 23 Industrieländern, jedoch dominieren Papiere großer US-Konzerne. In den Faktor-Indizes spielen zudem die beiden Schweizer Schwergewichte Nestlé und Novartis eine große Rolle.—-Zuletzt erschienen: – Der neue Zins verliert an Schwung (11.8.)- Die irrationale Herde (7.8.)- Die grauen Mäuse des Aktienmarktes (6.8.)