Bergbau

Der große Umbruch bei BHP

Bei BHP erfolgt der große Umbruch. Das Unternehmen verfolgt ambitionierte Klimaziele. Kali soll als neue Säule im Portfolio aufgebaut werden.

Der große Umbruch bei BHP

Von Rüdiger Neeb*)

Mitte August hat der Bergbaukonzern BHP im Rahmen der Geschäftsberichterstattung 2021 wesentliche Änderungen in der Konzernstruktur sowie dem Geschäftsmodell verkündet. Nicht nur, dass die seit 20 Jahren bestehende „Dual-Listed-Company-Struktur“ abgeschafft werden soll. Auch die Förderung fossiler Brennstoffe dürfte für den Konzern demnächst Geschichte sein. Stattdessen beabsichtigt BHP, den Düngemittelrohstoff Kali als neue Säule im Portfolio aufzubauen.

Mehr Flexibilität

Seit der Fusion der Broken Hill Proprietary Company Ltd aus Australien und der in Großbritannien beheimateten Billiton plc im Jahr 2001, besteht die BHP Group aus zwei rechtlich eigenständigen, aber vertraglich gleichgestellten Muttergesellschaften, die von einem ge­meinsamen Management geführt werden. Diese „Dual-Listed-Company“-Struktur (DLC) plant der Konzern nun zu Gunsten einer einzigen Muttergesellschaft in Australien aufzulösen. Die Logik dahinter ist nachvollziehbar: Der Klimawandel ruft auch in der Bergbaubranche Anpassungsdruck hervor. Die Ab­schaffung des DLC-Wasserkopfs, der in der Vergangenheit seine Daseinsberechtigung gehabt haben mag, schafft einfachere und effizientere Unternehmensstrukturen. Dadurch entsteht mehr strategische Flexibilität, die der Konzern für die Positionierung in einer CO2-armen Zukunft nutzen will.

Details zur genauen Kapitalstruktur nach der Vereinheitlichung sind noch nicht bekannt. Es erscheint aber die Annahme plausibel, dass sämtliche Vermögenswerte der aufzulösenden britischen Gesellschaft (BHP Group plc) auf die künftig alleinige Konzernmutter BHP Group Ltd übergehen werden. Die Anleihen wurden zum Großteil ohnehin von den Finanzierungstöchtern der australischen Gesellschaft begeben. Implikationen für das Kreditrisiko ergeben sich aus der Verschmelzung damit vermutlich nicht.

Ambitionierte Klimaziele

Den Nutzen der erwähnten Flexibilität könnte der Konzern gleich bei der Umsetzung des angestrebten Öl-Ausstiegs demonstrieren. Infolge der in den vorigen Jahren stetig steigenden Achtsamkeit der Gesellschaft und Investoren in Bezug auf den Klimawandel sind Rohstoffunternehmen weltweit gezwungen, ihre Aktivitäten in fossilen Brennstoffen zu überdenken. Rio Tinto hatte aus diesem Grund bereits 2018 die letzten Kohleaktivitäten verkauft und Anglo American 2021 einen Großteil des Kohleportfolios in eine unabhängige Gesellschaft abgespalten. BHP will diese Lücke nun schließen und bei der eigenen Klimaagenda vorankommen. Neben dem bereits be­schlossenen Ausstieg aus der Kraftwerkskohleförderung soll daher auch das Öl-Geschäft abgestoßen werden. BHP verfolgt ambitionierte Klimaziele und ist bestrebt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Als Zwischenschritt sollen die selbst erzeugten (Scope 1) und durch den Einkauf von Energie (Scope 2) verursachten Emissionen bis 2030 um 30% gegenüber dem Niveau von 2020 sinken. Die mit der Förderung fossiler Brennstoffe in Verbindung stehenden diffusen Emissionen (z.B. Methan) verantworteten 2020 rund 12% der insgesamt 16 Mill. Tonnen CO2, welche BHP durch die operative Tätigkeit erzeugte. Durch den Ausstieg aus der Förderung von Öl und Kohle macht der Konzern also bereits einen großen Schritt in Richtung der 2030er-Zielmarke. Diese vereinfachende Aussage lässt zwar außer Acht, dass die wettbewerbsfähigsten Kokskohle-Assets im Unternehmen verbleiben. Dafür reduzieren sich aber die Energie- und Transportemissionen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität spart der Konzern durch die Maßnahmen zudem auf einen Schlag deutlich Scope-3-Emissionen ein. Diese fallen auf der Kundenseite durch die Nutzung und Weiterverarbeitung der Rohstoffe an und liegen im Vergleich zu den von BHP erzeugten Emissionen um ein Vielfaches höher. Von den diesbezüglich geschätzten 467 Mill. Tonnen CO2 standen rund 135 Mill. Tonnen im Zusammenhang mit den Öl- und Kohle-Assets.

Angesichts der in vielen Fällen haussierenden Rohstoffpreise hat BHP im Geschäftsjahr 2021 einen bemerkenswerten Anstieg des unterliegenden operativen Ergebnisses um 69% auf über 37 Mrd. Dollar erzielt. Haupttreiber waren dabei die Rohstoffe Eisenerz und Kupfer. Vor dem Hintergrund der zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie verabschiedeten staatlichen Stützungsmaßnahmen zeigte sich hier ein deutlicher Nachfrageschub und Preisauftrieb. Weniger relevant für das erfolgreiche Geschäftsjahr waren hingegen die Öl-Aktivitäten des Konzerns. Ehemals aufgrund der hohen Profitabilität eine wichtige Säule, hat die Bedeutung für die Geschäftsentwicklung unter anderem aufgrund der Preisentwicklung über die Jahre sichtbar abgenommen. Während 2011 noch 15% des Konzernumsatzes und 22% des unterliegenden Ebitda dem Öl-Geschäft entsprangen, reduzierte sich dessen Beitrag bis 2021 auf je­weils 6%.

Unterschiedliches Echo

Das Echo der Ratingagenturen auf den avisierten Öl-Ausstieg fiel dennoch unterschiedlich aus. Während S&P den Diversifikationsverlust beklagt und die Auswirkungen auf das Geschäftsprofil mit negativen Implikationen („Creditwatch Negative“) prüfen will, äußerten sich Moody’s und Fitch freundlicher. Zwar wurde auch hier die geringere Größe und Breite im Portfolio moniert, aus ESG-Gesichtspunkten sei das Vorhaben jedoch positiv zu werten. Während bei S&P am Ende eine Herabstufung um zwei Notches stehen könnte, scheinen die Pläne bei den beiden anderen Agenturen keine Folgen für das Ratingprofil zu haben.

Als neue Säule im Portfolio soll der Düngemittelrohstoff Kali aufgebaut werden. Dazu investiert BHP weitere 5,7 Mrd. Dollar in die Fertigstellung der Jansen-Mine in Kanada, nachdem seit 2008 bereits rund 4,5 Mrd. Dollar in das Projekt geflossen sind. Aufgrund der Überkapazitäten am Kali-Markt ist das Projekt bei Investoren nicht unumstritten. Der Konzern ist aber aufgrund der unterliegenden Mega-Trends (z.B. Bevölkerungswachstum) von der Zukunftsfähigkeit des Projekts überzeugt. Der derzeitige Angebotsüberschuss würde durch eine steigende Nachfrage allmählich absorbiert, so dass spätestens Anfang der 2030er Jahre Chancen für ein neues Angebot bestehen. Jansen wird in der ersten Ausbaustufe etwa 4,4 Mill. Tonnen Kali pro Jahr produzieren (Weltproduktion: rund 70 Mill. Tonnen p.a.) und 2027 die Produktion aufnehmen.

Lohnenswerte Rotation

Auf Basis der erwarteten Positionierung im ersten Quartil der Kostenkurve sollen die Aktivitäten hochprofitabel sein und mit einer unterliegenden Ebitda-Marge von rund 70% in etwa gleichauf mit den Eisenerzaktivitäten liegen. Sofern sich diese Prognosen bewahrheiten, wäre die Portfoliorotation nicht nur aus der ESG-, sondern auch aus der ökonomischen Sicht lohnenswert.

*) Rüdiger Neeb ist Senior Credit Analyst bei der DZ Bank.

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