Der Schweizer Franken und die Konsequenzen für die Vermögensallokation
Devisenwoche
Der Schweizer Franken und die Vermögensallokation
Von Andrea Quapp *)
Die Sichtweise aus der Schweiz ist öfters etwas anders – auch beim Anlegen. In den vergangenen Jahren dominierten die großen US-Tech-Werte wie Apple, Amazon und Co. das Börsengeschehen. Doch deren hohen Kursgewinne erfolgen in Dollar. Für einen Frankenanleger relativiert sich diese Wertentwicklung, wenn man bedenkt, dass der Dollar gegenüber dem Franken seit der Jahrtausendwende rund die Hälfte seines Wertes eingebüßt hat. Angesichts dieser Ausgangslage stellt sich dem in Franken rechnenden Investoren die Frage: Welches Risiko gehe ich ein, wenn ich mein Portfolio global diversifiziere – und erreiche ich damit überhaupt einen Wertvorteil?
Unter anderem aufgrund der niedrigeren Inflationsraten in der Schweiz im Vergleich zum Ausland tendiert der Franken zur Stärke. Nach einer Phase der starken Aufwertung zwischen 2007 und 2011 blieb der reale Wert des Frankens zum Dollar in den vergangenen Jahren aber eher stabil. Das nominelle Wachstum der Volkswirtschaften ist im Ausland vielfach höher, folglich sollten man von Aktien-Investitionen in diesen Märkten profitieren können. Bei Investitionen in festverzinsliche Anlageklassen kann die Abwertung der Fremdwährung aber ein Nachteil sein. Für einen Frankeninvestor sind Fremdwährungen daher eher von taktischer Relevanz. In Zeiten von tiefer Korrelation von Kapitalmärkten und Währungen kann der Anteil an Fremdwährungen in größerem Umfang sinnvoll sein. In den vergangenen Monaten wertete sich der Franken tendenziell wieder auf. Dies wird von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) durchaus über einen überschaubaren Zeithorizont toleriert. Ein starker Franken senkt die Preise der Importe und damit die Inflationsrate – aber gleichzeitig auch den Wert der hohen Devisenbestände, welche die SNB in den vergangenen Jahren angehäuft hat, um den Franken zu schwächen. Denn lange Zeit galt für die SNB das Mantra: Wertete sich der Franken übermäßig auf, springt die Notenbank ein und kauft Devisen. Der Paradigmenwechsel kam mit der ersten Leitzinserhöhung im Juni 2022.
Entscheidende Rolle
Doch neben der Notenbankpolitik und der Konjunktur der einzelnen Wirtschaftsräume spielt die geopolitische Lage eine entscheidende Rolle. In Zeiten von Unsicherheit sind «sichere Häfen» wie der Franken gesucht. Solche Fluchtbewegungen haben ihre Ursache meist in "Black-Swan"-Ereignissen – also Geschehnissen, die niemand vorausgesehen hat. Das jüngste Beispiel ist der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Vom 20. Februar 2022 bis Ende September 2022 verlor der Euro gegenüber dem Schweizer Franken 22 Prozent an Wert. Weder der Zeitpunkt noch das Ausmaß dieser Veränderung war vorhersehbar. Das gilt aber auch für die Gegenbewegung: Vom September 2022 bis zum Jahrestag des Kriegsausbruchs stieg der Euro wieder um de facto denselben Prozentsatz.
Branchen fehlen
Die SNB hat 2021 folgendes festgehalten: "Der Devisenmarkt ist heute ein sogenannter ‘fast-paced electronic market’; hochfrequent, elektronisch und komplex. Veränderungen des Wechselkurses wirken sich in einer kleinen, offenen Volkswirtschaft wie der Schweiz maßgeblich auf die Teuerung und die Konjunktur aus und müssen daher auch bei der Gestaltung der Geldpolitik berücksichtigt werden."
Ungefähr 40% der Schweizer Unternehmen sichern ihre Fremdwährungsengagement ab. Außer bei Schockereignissen, bei denen es zu einer unmittelbaren regelrechten Exportstarre kommt, überkompensiert die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität der Unternehmen durch Produktivitätsgewinne wie auch die Preismacht der Hersteller jedoch eine Franken-Aufwertung. Mit einem starken Franken können die Schweizer Unternehmen in der Regel gut umgehen – bis auf Ausnahmen, ausgelöst durch überraschende Entscheide wie Anfang 2015, als die SNB den Mindestkurs zum Euro aufhob. Bei der Kursentwicklung der Werte im Schweizer Hauptaktienindex SMI gibt es kaum eine Korrelation zu den Franken-Bewegungen. Anleger erhalten mit einem Engagement in multinationale Schweizer Großunternehmen bereits eine gewisse internationales Diversifikation. Unternehmen wie Nestlé erzielen weit über 95% der Einnahmen außerhalb des Heimmarktes. Doch zahlreiche wachstumsstarke Branchen wie Technologie und Rohstoffe finden sich in der Schweiz nur wenig. Um deren Potenzial zu nutzen, muss der Frankeninvestor seine "Heimat" in der Regel verlassen.
Investoren sollten aber stets die eigene Prognosefähigkeit hinterfragen und sich eingestehen, was man nicht gut ein- oder abschätzen kann. Für eine möglichst optimierte Vermögensallokation gibt es zahlreiche berechenbarere Renditequellen mit abschätzbarer Volatilität in den Anlageklassen Aktien, Renten, indirekte Immobilienanlagen sowie zur Glättung der Portfolioschwankungen in Satelliteninvestitionen wie Private Equity, aktiv verwalteten Hedge-Funds-Strategien und indirekte Infrastrukturanlagen.
*) Andrea Quapp ist Investment Direktorin Multi Asset Class Solutions Kontinental-Europa bei GAM Investments.
*) Andrea Quapp ist Investment Direktorin Multi Asset Class Solutions Kontinental-Europa bei GAM Investments.