Der Superzyklus im Rohstoffsektor macht Pause
Der Superzyklus macht Pause
MUFG rechnet 2024 mit verhaltener Entwicklung im Rohstoffsektor
ku Frankfurt
Der Superzyklus im Rohstoffsektor macht im neuen Jahr eine Pause. Davon sind die Rohstoffanalysten der japanischen Großbank Mitsubishi UFG (MUFG) überzeugt. Nach zwei hervorragenden Jahren 2021 und 2022 mit Renditen im zweistelligen Prozentbereich habe es im zu Ende gehenden Jahr eine Kontraktion der Performance aller Rohstoffgruppen gegeben. Für 2024 rechnen die Experten der Bank nun mit einer überwiegend neutralen Preisentwicklung bei den Rohstoffen.
Positive Faktoren seien die nachlassende Wirkung der Leitzinserhöhungen der großen Notenbanken und die schwächer gewordenen Rezessionsängste, was den Verbrauch antreiben werde sowie eine anhaltende sogenannte Backwardation, also der Zustand, dass die Kassakurse oder kurzfristigen Terminkontrakte bei Rohstoffen höher notieren als die langfristigen Kontrakte. Dies weise auf ein knappes Angebot bei den meisten Rohstoffen hin, was dem Markt strukturelle Stärke geben werde, betont Ehsan Khoman, Leiter des Research für Rohstoffe, ESG und Emerging Markets bei MUFG. Ein die Preise bremsender Faktor sei demgegenüber die Erwartung, dass die Zinsen nun doch länger auf höherem Niveau bleiben, was vor dem Hintergrund der makroökonomischen Abschwächung Stress für die Märkte bedeute, insbesondere, wenn sich die Aktivitäten in der weltweiten Industrie 2024 nicht erholten.
Größere Schwankungsbreite
Grundsätzlich ist nach Ansicht der Analysten aber immer noch die Situation gegeben, dass es auf lange Sicht erhebliche Herausforderungen hinsichtlich der Investments in den Rohstoffsektor gebe, wozu die Dekarbonisierung und Deglobalisierung der Weltwirtschaft beitrage. Allerdings sei hinsichtlich dieser Perspektive 2024 mit Blick auf die genannten preisbremsenden Faktoren wohl eine Pause zu erwarten. Aufgrund der zu geringen Investitonen sei langfristig aber mit höheren Preisen und einer größeren Volatilität an den Märkten zu rechnen.
Khosan weist daraufhin, dass nach wie vor 77% der verbrauchten Primärenergien mit Kohlendioxid-Emissionen verbunden seien. Die "alte Kohlenstoff-Wirtschaft" benötige daher dringend Investitionen, bis die grüne Transition abgeschlossen sei. Ansonsten werde es Restriktionen für das Wachstum der Weltwirtschaft geben. Die "grüne Wirtschaft" seit zwar gewachsen, ihr Anteil sei aber noch zu gering, um das weltweite Wirtschaftswachstum anzutreiben, warnt er.
Opec plus steuert Ölpreis
Der Brent-Ölpreis war zuletzt mit Blick auf Nachfragesorgen und die Erwartung, dass sich das Kartell Opec plus nicht auf zusätzliche Förderkürzungen wird einigen können, bis fast auf 73 Dollar je Barrel gesunken. Khosan widerspricht dieser Markteinschätzung. Er betont, dass das Marktmanagement der Opec plus bestrebt sein wird, den Ölpreis in der Größenordnung zwischen 80 und 100 Dollar zu halten. Für 2024 geht er von einem durchschnittlichen Ölpreis von 84 Dollar je Barrel aus, wobei sich Brent bis zum Jahresende auf 89 Dollar verteuern soll und Ende 2025 gar 98 Dollar erreichen soll.
Khosan veranschlagt die Obergrenze bei 100 Dollar, weil sich die Opec langfristig die Nachfrage erhalten wolle und umfangreiche ungenutzte Kapazitäten der Opec plus vorhanden seien. Diese machten immerhin 6 Mill. Barrel pro Tag (bpd) aus. Für eine Preisuntergrenze bei 80 Dollar sprächen die Marktmacht der Opec plus angesichts der unzureichenden Investitionen in die weltweite Erdölförderung sowie die von der Biden-Administration weitgehend leergeräumte strategische Reserve der USA.
Für den europäischen Spotmarkt für Erdgas geht er für den Fall eines weiteren milden Winters und angesichts der hohen Füllstände der Gasspeicher davon aus, dass der Gaspreis im ersten Quartal 2024 nur bis auf 45 Euro je Megawattstunde steigt. Bis zum vierten Quartal 2024 sagte einen Anstieg bis auf 48 Euro voraus.
Für Industriemetalle Trend zum Pessimismus
Für die Industriemetalle ist MUFG neutral bis pessimistisch eingestellt. Über dem Kupferpreis befinde sich das Damoklesschwert einer unsicheren globalen Konjunkturerholung. Ausgehend von einem Kupferpreis von aktuell rund 8.460 Dollar je Tonne rechnet er für das erste Quartal mit einem Preisanstieg bis auf 8.950 Dollar je Tonne und für das Jahresende 2024 mit 9.150 Dollar. Für Aluminium wird ein hartnäckiges Überangebot bei einer enttäuschenden Nachfrage vorausgesagt. Ausgehend von aktuell 2.264 Dollar je Tonne wird für das erste Quartal mit 2.250 Dollar und für das Jahresende 2024 dann mit 2.475 Dollar gerechnet.
Für Nickel, das gegenwärtig zu 16.760 Dollar je Tonne gehandelt wird, geht Khosan von einer signifikanten strukturellen Überversorgung des Marktes aus. Für das erste Quartal 2024 rechnet er mit einem Preisniveau von 17.150 Dollar, das zu Jahresmitte auf 16.850 Dollar sinken soll und sich zum Jahresende wieder auf 17.400 Dollar erholt. Für Gold und Silber sei man innerhalb des Rohstoffsektors besonders optimistisch, betont die Bank. Für 2024 werden weitere Rekordniveaus erwartet. Bei Silber gebe es dieselbe Dynamik wie bei Gold.