Deutsche Annington auf dem Weg in den Dax
Von Annette Becker, DüsseldorfGröße, Größe, Größe. Das ist die Kurzform der Strategie, die die Deutsche Annington, Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern, seit dem Börsengang im Sommer 2013 verfolgt. Bislang ist diese Geschäftspolitik aufgegangen, hat sich die Marktkapitalisierung des unangefochtenen Marktführers der Republik seit dem IPO am 20. Juli 2013 doch beinahe vervierfacht. Damit einher ging allerdings auch eine Verdoppelung der ausgegebenen Aktien auf inzwischen 466 Millionen Stück. Erst kürzlich erhöhten die Bochumer das Grundkapital im Wege einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht um 30 %. Ein Grund dafür: Einige Großaktionäre waren nicht länger bereit, die massive Verwässerung ihrer Aktien zu akzeptieren. Bis dahin hatten die Bochumer die zahlreichen Akquisitionen meist mit einer Mischung aus Fremd- und Eigenkapital finanziert – und dabei auf Sachkapitalerhöhungen oder beschleunigte Platzierungen zurückgegriffen. Kurs mäßigDie reine Kursentwicklung im laufenden Turnus ist dagegen weniger beeindruckend. War die Aktie im Januar mit einem Kurs von 26,80 Euro gestartet, ist bis gestern gerade einmal ein Zuwachs um 6 % zustande gekommen. Wettbewerber, die um die Gunst der Real-Estate-Investoren buhlen, wie Deutsche Wohnen oder LEG, schnitten mit + 16,2 % bzw. + 6,8 % besser ab.Im Vergleich zum MDax, dem die Aktie (noch) angehört, muss sogar eine klare Underperformance konstatiert werden, hat der Index der mittelschweren Werte seit Jahresbeginn doch gut 21 % an Wert gewonnen. Die Frage der Indexzugehörigkeit ist es aber auch, die der Aktie in nächster Zeit Auftrieb verleihen könnte.Allerdings muss sich die Deutsche Annington noch ein paar Wochen gedulden, bevor feststeht, ob es mit dem ersehnten Aufstieg in den Blue-Chip-Index Dax im September klappt. Der entsprechende Arbeitskreis der Deutschen Börse entscheidet nämlich erst Anfang September auf Basis der Daten von Ende August über die Indexveränderungen. Über Wohl und Wehe entscheiden dabei die letzten 20 Handelstage im August.Einen Anhaltspunkt für die Aufstiegschancen geben aber zumindest die von der Deutschen Börse allmonatlich veröffentlichten Ranglisten. Demnach brachte es der Wohnimmobilienkonzern per Ende Juni mit einer Marktkapitalisierung von damals 6,9 Mrd. Euro auf Rang 25 und beim Börsenumsatz auf Basis des gleitenden Zwölf-Monats-Durchschnitts auf Rang 32. Für einen regulären Aufstieg ist das zu wenig, erfordert dieser doch, dass der Kandidat in beiden Kriterien zumindest Rang 30 aufweist.Doch es gibt zwei gute Nachrichten: Erstens hat die Deutsche Annington unter allen potenziellen Dax-Aufsteigern die Nase klar vorn, und zweitens haben die Bochumer mit der üppigen Kapitalerhöhung Anfang des Monats nachgeholfen. Seither hat sich das durchschnittliche Handelsvolumen spürbar erhöht. Nach 1,25 Millionen Aktien, die in den vergangenen 250 Handelstagen durchschnittlich pro Tag gehandelt wurden, waren es in den letzten 30 Tagen im Schnitt schon 1,8 Millionen Stück.Hinzu kommt, dass ein Aufstieg in den Dax auch dann gelingen kann, wenn ein anderer Wert regelgebunden absteigt. So werden Dax-Werte, die bei einem der beiden Kriterien einen schlechteren Rang als 40 ausweisen, aus dem Index entfernt, sofern es einen Nachrücker gibt, der in beiden Kriterien zumindest Rang 35 belegt. Als hochgradig gefährdet gilt in dieser Hinsicht der Chemiekonzern Lanxess, der per Ende Juni in puncto Marktkapitalisierung nach Streubesitz auf Platz 42 rangierte. Investoren früh am BallVon daher sollte einem Aufstieg der Deutschen Annington in den deutschen Blue-Chip-Index nichts mehr im Wege stehen. Allein diese Aussicht dürfte sich in den kommenden Wochen positiv im Kurs niederschlagen, beginnen Investoren in der Regel doch schon etwa einen Monat vor der offiziellen Bekanntgabe der Indexveränderungen mit dem Kauf der potenziellen Aufsteiger. Der Tag der Indexaufnahme mag dann für den Vorstand noch ein Ereignis sein, für die meisten Investoren hat sich das Thema dann aber schon erledigt, und die gesamtwirtschaftlichen sowie die unternehmensspezifischen Faktoren gewinnen wieder die Oberhand.Besondere Beachtung dürfte dabei die bevorstehende Zinswende in den USA finden, reagieren die Immobilienkonzerne in aller Regel doch besonders sensibel auf dieses Thema. Zwar haben die auf Betongold setzenden Gesellschaften, die mit hohen Fremdkapitalhebeln arbeiten, ihre Verschuldung in den vergangenen beiden Jahren schon deutlich zurückgefahren, dennoch sind steigende Zinsen Gift für die Kursentwicklung der Immobilienaktien. Hohe ZinssensitivitätEinen Vorgeschmack auf die Zinssensitivität gab es bereits Ende Mai/Anfang Juni, als die Bundrenditen kräftig anzogen und die Kurse der Immobilienaktien umgekehrt auf Tauchstation gingen. Ausgehend von einer Notierung am 20. Mai von knapp 30 Euro tauchte die Annington-Aktie bis 19. Juni bis auf knapp unter 24 Euro ab – entsprechend einem Kursverlust von annähernd 20 %. Sicher spielte dabei auch die Mitte Juni angekündigte Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Übernahme von Süddeutsche Wohnen (Südewo) eine Rolle. Doch ein Blick auf die Rivalen verrät, dass mehr hinter dem Kursrutsch stand. So brach der Kurs der LEG ausgehend von 73,90 Euro (20. Mai) bis Ende Juni um fast 17 % ein. Bei Deutsche Wohnen summierte sich der Kursverlust im gleichen Zeitfenster ebenfalls auf knapp 17 %.So ist denn auch wenig verwunderlich, dass Analysten bei der Beurteilung der Perspektiven für Annington geteilter Meinung sind – unabhängig davon, dass die Strategie der “Industrialisierung der Wohnungswirtschaft” einmütig begrüßt wird. Während neun Beobachter den Wert weiterhin zum Kauf empfehlen, wird der Wert von acht Analysten nur noch als Halteposition gesehen. Zwei Experten raten gar zum Verkauf. Die Kursziele rangieren dabei zwischen 36 Euro (Bankhaus Lampe) und 23,80 Euro (Bankhaus Metzler). Basierend auf dem für 2015 erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis nimmt Annington im Vergleich zu LEG (18,5) und Deutsche Wohnen (24,4) mit 19,6 die Sandwich-Position ein.