Mexikos Peso ist hoch bewertet
Devisenwoche
Mexikos Peso ist hoch bewertet
Von Stefan Grothaus *)
Mexikos Präsident Lopez Obrador muss in knapp einem Jahr am 1. Oktober 2024 die Amtsgeschäfte übergeben, da er bei den Wahlen Anfang Juni nicht erneut antreten darf. Im September hatte sich das Regierungsbündnis auf die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, als Nachfolgekandidatin verständigt. Gegen sie tritt als gemeinsame Kandidatin der größten Oppositionsparteien die Senatorin Xóchitl Gálvez an. Zwar könnten noch weitere Aspiranten in das Rennen eintreten, nennenswerte Chancen dürften diese aber nicht haben. Auch wenn die jüngsten Umfragen Sheinbaum als klare Favoritin ausweisen, ist bis zu den Wahlen noch ein weiter Weg.
In ihrem letzten Amtsjahr verlieren mexikanische Präsidenten oft den Zugriff auf das Tagesgeschäft, da die Öffentlichkeit und das Parlament sich vermehrt auf die Nachfolgefrage konzentrieren. Außerdem müssen Minister und andere Regierungsbeamte frühzeitig von ihren Ämtern zurücktreten, wenn sie bei den Wahlen im nächsten Jahr antreten möchten, so dass in vielen Bereichen nur noch Platzhalter die Verantwortung für das letzte Jahr innehaben.
Lopez Obrador legt derzeit vor allem Wert darauf, dass seine angestoßenen Initiativen umgesetzt werden. Hierzu zählen auch einige größere Infrastrukturprojekte. Dies führte dazu, dass der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr ein Defizit von 4,9% des BIP vorsieht, was im Vergleich zum geplanten Defizit in diesem Jahr (3,3%) einen deutlichen fiskalischen Impuls bedeuten würde. Obwohl die Finanzpolitiker betonen, dass sie grundsätzlich an einer soliden Haushaltspolitik festhalten, bleibt fraglich, wie dies erreicht werden soll. Die höheren Ausgaben für die Infrastrukturprojekte werden zwar wieder zurückgehen, der größte Teil der Ausgabensteigerung betrifft jedoch erhöhte Rentenzahlungen, die nur schwer rückgängig gemacht werden können.
In der Bevölkerung beliebt
López Obrador hat während seiner Amtszeit die Armutsbekämpfung in den Vordergrund gestellt und er wollte die „neoliberale“ Politik seiner Vorgänger umkehren. Dies ist ihm zumindest in weiten Teilen der Energiepolitik gelungen. Die staatlichen Unternehmen Pemex im Ölsektor und CFE im Stromsektor gewannen wieder an Marktmacht. Ob dies die Unternehmen aber gestärkt hat, ist zumindest bei Pemex mehr als fraglich. Ausländischen Wettbewerbern, die in den Markt eingetreten waren oder dies beabsichtigten, wurden Steine in den Weg gelegt, was teilweise auch den Ausstieg aus dem mexikanischen Markt provozierte. Zudem ergaben sich dadurch Konflikte mit den USA und Kanada, die noch nicht gelöst sind. Aufgrund der Regelungen des gemeinsamen Freihandelsabkommens drohen Strafen bzw. Gegenmaßnahmen. Auch sonst werden die Unternehmen immer wieder von unerwarteten Markteingriffen überrascht. Von internationalen Organisationen wie IWF oder OECD wird jedoch schon länger angemahnt, dass die Wettbewerbsintensität in Mexiko zu Wünschen übrig lässt und viele Unternehmen in einem geschützten Umfeld überdurchschnittlich hohe Preise durchsetzen können. Wer hier die Axt anlegt, macht sich natürlich nicht beliebt. Insgesamt können sich Aktienanleger in Mexiko allerdings nicht über die letzten fünf Jahre beschweren, konnten sie doch auf Dollar-Basis einen Ertrag von über 20% erzielen. Nicht üppig, aber mehr als doppelt soviel wie im Durchschnitt der Emerging Markets (MSCI-Indizes).
Auch wenn der Präsident ansonsten wenig auf die Meinung der Finanzmärkte gibt, ist ihm der Peso doch eine Herzensangelegenheit. Und der zeigte sich in den letzten Jahren bemerkenswert stark. Lopez Obrador könnte der erste Präsident der jüngeren Geschichte sein, in dessen Amtszeit der Peso gegenüber dem Dollar zulegen konnte. Bei Amtsübernahme Anfang Dezember 2018 mussten noch mehr als 20 Peso für einen Dollar gezahlt werden, derzeit aber weniger als 18 Peso und im Tief im Juli und August sogar weniger als 17 Peso. Die starke Währung hat allerdings in der Realwirtschaft erste Spuren hinterlassen. Die Zahl der Touristen aus dem Ausland lag im August erstmals wieder unter dem Vorjahresstand (-1,5% gegenüber Vorjahr), während Mexikaner die hohe Bewertung für verstärkte Auslandsreisen ( 26%) nutzten. Nach Jahrzehnten mit teilweise heftigen Abwertungen wird eine stärkere Währung in großen Teilen der Bevölkerung als besondere Errungenschaft gefeiert. Mögliche negative Folgen für die sehr exportlastige Wirtschaft werden derzeit durch den Nearshoring Boom überspielt.
Das Lohngefälle zu den USA oder Kanada ist so eklatant, dass die Peso-Bewertung an der grundsätzlichen Wettbewerbsfähigkeit nur wenig ändert. Gleichwohl kommen aus der Industrie erste Beschwerden über die Bewertung und auch die Oppositionskandidatin Gálvez hat die Peso-Bewertung bereits als ein Problem identifiziert und ihre Sympathie für einen schwächeren Peso zum Ausdruck gebracht. Gebremst werden Investitionsaktivitäten im Lande jedoch vor allem durch strukturelle Faktoren. So wird bereits ein Mangel an Fachkräften und vor allem eine fehlende geeignete Infrastruktur beklagt. Hier schließt sich auch der Kreis zur Bevorzugung der staatlichen Unternehmen. Der staatliche Versorger CFE schafft es nicht, für eine zügige Bereitstellung der Stromversorgung zur sorgen, private Initiativen werden aber ausgebremst.
Eine sanfte Abwertung des Peso wäre ein Idealszenario, die Vergangenheit lehrt jedoch, dass es eher zu heftigen Bewegungen kommen könnte. Wann diese erfolgen, lässt sich jedoch kaum absehen. Unterstützung erfährt der Peso vor allem durch die restriktive Politik der Banco de México, die wiederholt beteuert hat, ihren Leitzins noch einige Zeit auf dem aktuellen Niveau von 11,25% halten zu wollen. In den letzten Monaten ist die Inflationsrate zwar bereits spürbar gesunken, im September lag sie mit 4,5% gegenüber Vorjahr aber immer noch deutlich oberhalb der Zielgröße der Notenbank von 3,0%. Auch die expansive Fiskalpolitik steht einer zügigen Lockerung der Geldpolitik entgegen, so dass ein solcher Schritt wohl frühestens zum Ende des ersten Quartals 2024 erfolgen sollte. Dieser Termin dürfte einer der Faktoren sein, die die Entwicklung des Peso in den kommenden Monaten bestimmen wird. Zum anderen bleibt aber auch die Entwicklung der politischen Landschaft abzuwarten. Sollte sich der Wahlkampf als spannender herausstellen als derzeit absehbar, könnten die damit verbundenen Unsicherheiten auch auf dem Peso lasten. Und dies, obwohl die Oppositionskandidatin Gálvez eigentlich als marktfreundlicher gilt und daher von den Finanzmärkten begrüßt werden sollte. Unsicherheit mag der Peso jedoch gar nicht.
*) Stefan Grothaus ist Senior-Devisenanalyst der DZ Bank.
*) Stefan Grothaus ist Senior-Devisenanalyst der DZ Bank.