GASTBEITRAG

"Die EIB wird ihren Beitrag zum Klimaschutz deutlich ausweiten"

Börsen-Zeitung, 18.10.2019 "Die jüngsten Klimaproteste sind ein Weckruf an uns alle." Das hat der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB) , Werner Hoyer, mit deutlichen Worten jüngst auf dem UN-Klimagipfel in New York angemahnt. Die EIB,...

"Die EIB wird ihren Beitrag zum Klimaschutz deutlich ausweiten"

“Die jüngsten Klimaproteste sind ein Weckruf an uns alle.” Das hat der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB) , Werner Hoyer, mit deutlichen Worten jüngst auf dem UN-Klimagipfel in New York angemahnt. Die EIB, die Klimabank der Europäischen Union, will ihren Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels deshalb deutlich ausweiten. In den nächsten zehn Jahren will sie mit ihren Finanzierungen Investitionen in Klimaschutz in Höhe von einer Billion Euro mobilisieren. Dazu will die Bank ab 2025 mindestens 50 % ihrer Mittel für Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit einsetzen. Von Ende 2020 verpflichtet sie sich zudem sicherzustellen, dass alle Finanzierungen mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang stehen. Als ein erster wichtiger Schritt soll die Finanzierung fossiler Energieprojekte ab dem Jahr 2021 auslaufen. InkubatorMit ihrer Klimapolitik sieht sich die EIB als “Inkubator für Klimafinanzierungen und Expertise, der andere mobilisiert und die Gesellschaft und Volkswirtschaften auf dem Weg in eine CO2-arme Zukunft begleitet”, so Präsident Hoyer vor der UN-Klimakonferenz. Und die Bank kann in diesem Zusammenhang auf eine lange Erfahrung zurückgreifen, darunter auch der Bereich Kapitalmarkt. Denn hier war sie Wegbereiter der “Grünen Anleihen”. Bei ihren sogenannten Climate Awareness Bonds (CAB) handelt es sich um Schuldverschreibungen, die die EIB erstmals 2007 begeben hat und deren Erlöse ausschließlich nachhaltigen Klimaschutzprojekten alloziert werden.Die EIB hat mit der Emission dieser Green Bonds ein Marktsegment erschlossen, das heute Milliardensummen bewegt und in dem sich mehr und mehr Adressen engagieren, darunter Staaten und regionale Gebietskörperschaften sowie auf privater Seite Unternehmen und Geschäftsbanken. Seit 2018 arbeitet die EU-Bank zudem daran, im Rahmen des EU-Aktionsplans zur Finanzierung Nachhaltigen Wachstums und daher im Einklang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs), ihre Emissionsbandbreite um sogenannte Sustainability Awareness Bonds (SABs) zu erweitern. Mit Hilfe der SABs sollen High-Impact-Projekte in weiteren Nachhaltigkeitsbereichen wie Zugang zu Wasser, Bildung und Gesundheit unterstützt werden.Für Investoren in Nachhaltigkeitspapiere ist es entscheidend, welchen Projekten die eingesammelten Gelder zukommen. Bis heute haben sich jedoch in diesem Segment keine verbindlichen rechtlichen Standards herausgebildet, die die Bondauflagen eindeutig definieren und festschreiben, um die Mittelverwendung überprüfbar zu machen. CABs und SABs entsprechen den Empfehlungen der Green Bond Principles (GBP) der ICMA (International Capital Market Association), eines internationalen Marktstandards mit nicht bindenden Guidelines, der unter anderem eine detaillierte Berichterstattung sowie externe Verifizierung hinsichtlich der Projekte und deren erwarteten Umweltfolgen empfiehlt.Für die EIB, deren Kreditvergabe den Anforderungen europäischer Gesetzgebung entspricht, ist die Übereinstimmung mit den ICMA-GBP dabei kein Selbstzweck, sondern Anspruch, “Best Practices” im Markt mitzugestalten und zu fördern. Denn die Anleger sollen in der Lage sein, aufgrund verlässlicher und vergleichbarer Informationen nachhaltiges Investment effizient und wirksam zu tätigen.Konkret geht die EIB dabei folgendermaßen vor: Das Geld aus einem CAB oder SAB wird auf ein internes Portfolio gebucht, das ausschließlich für Investitionen in Klimaschutz- oder sonstige Nachhaltigkeitsprojekte vorgesehen ist. Dies ist möglich, da sie als die Bank der Europäischen Union auf eine umfassende Pipeline von solchen Projekten zurückgreifen kann.Erst bei Auszahlung von Kredittranchen an konkrete Projekte werden die Bonderlöse nachhaltigen Investitionen zugeordnet. Dazu stellt die EIB anhand eines strikten Kriterienkatalogs sicher, dass die Projekte sämtliche Auflagen erfüllen. Eindeutige ZuordnungErwirbt ein Anleger einen Climate Awareness Bond, dann ist er in der Lage, sein Investment diesen Projekten in der Realwirtschaft zuzuordnen. Denn für die Klimaschutzanleihen der EIB existiert ein sogenanntes CAB Framework, das bereits seit 2016 jährlich veröffentlicht wird und sämtliche relevanten Informationen hinsichtlich der aus jedem Bond allozierten Projekte zusammenfasst. Dieses Dokument wird zudem von einem Wirtschaftsprüfer testiert, und zwar mit “hinreichender Sicherheit” laut ISAE 3000, dem internationalen Standard der Wirtschaftsprüfer für sonstige betriebswirtschaftliche Prüfungen. Mit anderen Worten: Mit Hilfe dieser geprüften Berichterstattung ist eine unmissverständliche und zuverlässige Zuordnung jeder Klimaschutzanleihe der EIB zu den allozierten Projekten möglich.Da die Bank ein Projekt nie allein finanziert, sondern stets weitere Investoren an Bord holt, ist das tatsächlich angestoßene Investitionsvolumen deutlich (im Durchschnitt dreimal) höher als das Volumen der durch die Anleihen im Kapitalmarkt aufgenommenen Gelder.Im letzten Jahr entfielen etwa 30 % Prozent aller EIB-Finanzierungen auf den Bereich “Climate Action”. Die Projekte, die innerhalb dieser Zielgruppe mit CAB-Mitteln alloziert werden, betreffen bisher aus historischen Gründen lediglich zwei Bereiche: die Förderung erneuerbarer Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz.Bevor die Bank die Zuteilung von CAB-Erlösen an ausgewählte Projekte in diesen beiden Bereichen freigibt, stellt sie mit einer weiteren Prüfung sicher, dass sämtliche der Projektplanung zugrunde liegenden Einschätzungen einschließlich der avisierten CO2-Reduktion weiterhin zutreffend sind. Sollte sich in der Überprüfung herausstellen, dass sich Eckpunkte der Planung wesentlich verschoben haben, stoppt die Bank die CAB-Allokation. In diesem Fall werden die Projekte aus der Liste der High-Impact-Projekte herausgenommen und in ein reguläres Projektportfolio überführt, das nach dem herkömmlichen Regelwerk der Bank finanziert wird.Das bedeutet allerdings nicht, dass hier keine Klimakomponenten enthalten sind. Auch diese Projekte unterliegen weiterhin klaren Auflagen zum Klimaschutz und werden danach bewertet. Für jedes Projekt, das die Bank finanziert, wird ein eigener Rechenschaftsbericht (Environmental Summary Data Sheet) angelegt. Dieser Bericht ist entsprechend den EU-Transparenzvorschriften öffentlich einsehbar. Außerdem unterliegt jedes Projekt in der Realisierungsphase einem strikten Monitoring. Positive, regelmäßige Zwischenberichte, wonach die vereinbarten Vorgaben erfüllt sind, sind Voraussetzung für die Freigabe und Auszahlung weiterer Tranchen.Nach Projektabschluss und vor Inbetriebnahme des Projekts wird eine weitere Prüfung vor Ort vorgenommen. Drei Jahre nach Inbetriebnahme wird das Projekt nochmals im realen Betrieb gecheckt. Soweit die Informationen weder ein Betriebsgeheimnis darstellen noch allgemeine Datenschutzvorschriften entgegenstehen, sind diese öffentlich zugänglich. Zu den für CAB-Allokationen bisher auswählbaren Projekten gehören im Sektor erneuerbare Energien vor allem die Solarenergie sowie Windparks, besonders solche, die offshore produzieren. Sie machen heute den größten Teil der CAB-Projekte aus. Gleiches gilt für Biogasanlagen. Im Bereich der Energieeffizienz steht die energetische Sanierung von Wohngebäuden und Industrieanlagen im Vordergrund.Bei den Nachhaltigkeitsanleihen hat sich die Arbeit der Bank bisher auf den Bereich Wasser konzentriert. Dabei geht es um Umweltziele (Schonung von Wasserressourcen, Vermeidung von Wasserverschmutzung) sowie darüber hinaus auch soziale Ziele (Zugang zu Wasser, Risikomanagement von Naturkatastrophen). Seit Neuestem werden auch Projekte, die zu den Zielen Bildung (SDG 4) und Gesundheit (SDG 3) wesentlich beitragen – wie etwa durch den Bau oder die Renovierung von Schulgebäuden und Krankenhäusern -, ebenfalls berücksichtigt. Auch für SAB-Projekte werden, im Einklang mit der CAB-Praxis, strikte Transparenz- und Monitoring-Auflagen gelten. Komplementärer StandardUm nachhaltiges Investment zu erleichtern, bereitet die Europäische Kommission, unter tätiger Mithilfe der EIB, eine Taxonomie für Sustainable Finance vor, die auf einer Nachhaltigkeitsprüfung der finanzierten Aktivitäten basiert. Außerdem will die Kommission im Green-Bond-Markt, der aktuell lediglich auf dem GBP aufbaut, einen neuen und komplementären EU-Green-Bond-Standard etablieren. Dieser sollte klarere Vorschriften bezüglich Mittelverwendung, Berichterstattung und externe Verifizierung anbieten. Damit sollten Unsicherheit reduziert sowie fairer Wettbewerb, höhere Vergleichbarkeit und daher mehr Impact sichergestellt werden.Die EIB ist die erste Emittentin, die eine direkte Verbindung zwischen Green-Bond-Dokumentation und EU-Taxonomie in bereits sieben verschiedenen Währungen etabliert hat. Dies sollte u. a. die zeitnahe Erweiterung auswählbarer Projekte parallel zur evolvierenden europäischen Gesetzgebung stufenweise ermöglichen. Vierfach überzeichnetDiese Initiative hat das Interesse internationaler Investoren erweckt. Ein Beispiel ist die Globalanleihe, die am 2. Oktober mit zehnjähriger Laufzeit für eine Mrd. US-Dollar emittiert und viermal überzeichnet wurde. Dies hat der Bank im Markt zusätzliche Anerkennung gewonnen: Im September wurde die EIB beispielsweise zur “Most impressive” SRI-Emittentin in der Kategorie “Supranationals” von der Finanzzeitschrift “Global Capital” ernannt.Im Bereich Umwelt geht es laut EU-Regulierungsvorschlag um sechs Zielvorgaben: Bekämpfung des Klimawandels, Anpassung an den Klimawandel, Schutz des Wassers und maritimer Ressourcen, Kreislaufwirtschaft, Verschmutzungsprävention und gesunde Ökosysteme. Diese Bereiche sind inhaltlich weit gefasst, weshalb sich die Kommission zunächst auf die Bereiche Bekämpfung des Klimawandels und Klimaanpassung konzentriert. Die in diesen Segmenten vorgeschlagene EU-Taxonomie wird außerhalb Europas mit erheblichem Interesse verfolgt, vornehmlich in Asien. Beispielsweise werden China – die EIB arbeitet seit 2017 mit China an der Entwicklung eines gemeinsamen Klassifizierungsansatzes zusammen – und Japan auf einer von der EU angestoßenen International Platform for Sustainable Finance (IPSF) an der Diskussion direkt teilnehmen. Die erste Tagung des Steuerungskomitees der IPSF ist für Mitte Oktober anlässlich der IWF Annual Meetings in Washington, DC, vorgesehen. Die EIB wird durch ihren Präsidenten Werner Hoyer bei der Tagung vertreten sein. Gunnar Münt, Stellvertretender Generaldirektor, Abteilung technische Projektprüfung der EIB und Aldo M. Romani, Leiter Sustainability Funding, Abteilung Kapitalmarkt der EIB