Die Jahresendrally des Dax beginnt
Technische Analyse
Die Jahresendrally beginnt, Weihnachten steht vor der Tür
Von Christoph Geyer*)
Wenn Mitte September die ersten Lebkuchen, Spekulatius und Pfeffernüsse in den Regalen der Supermärkte Einzug halten, wird jedem vor Augen geführt, dass Weihnachten vor der Tür steht, auch wenn die Temperaturen noch zum Kurzarmoutfit einladen. Diese saisonale Gepflogenheit hat sich im Laufe der Jahre immer weiter nach vorne verschoben. Während vor 40 Jahren der Verkauf der Weihnachtsnaschereien meist erst im November begonnen hatte, kann jeder, der es nicht mehr aushalten kann, sich diese Süßigkeiten bereits jetzt schon einverleiben.
Saisonalitäten im Blick
Saisonalitäten bestimmen das ganze Leben und der Mensch muss sich an diese anpassen. Zumindest gilt das für die naturgegebenen Ereignisse. So wird man eher selten im Sommer mit Handschuhen unterwegs sein und im Winter nur in extremen Fällen nur mit einer Badehose bekleidet vor die Tür gehen. Anderen Saisonalitäten, wie den oben beschriebenen, kann man durch einen Käuferstreik aus dem Wege gehen.
Die Saisonalitäten, die sich durch die verschiedenen Vorkommnisse an der Börse ereignen, kann der Anleger aber für sich bestens nutzen. Für diese regelmäßigen Gesetzmäßigkeiten werden sogenannte Seasonal Charts erstellt.
Dabei stellen diese Charts zwar Hinweisgeber für wiederkehrende Ereignisse dar, dürfen aber nicht als alleinige Signalgeber verwendet werden. Ungeachtet dessen, dass hinter diesen Gesetzmäßigkeiten immer ein Grund stehen sollte, gibt es einige Saisonalitäten, die schon vor langer Zeit eine (börsen-) sprichwörtliche Bekanntheit erlangt haben.
Start schon Ende September?
So ist die Jahresendrally jedes Jahr ab spätestens November in aller Munde. Was viele selbsternannte Analysten oft übersehen, ist die Tatsache, dass die Statistik den Beginn der Jahresendrally bereits für Ende September aufzeigt. Betrachtet man nämlich die letzten 43 Jahre, kann man feststellen, dass der Dax in 35 Jahren vom 30. September bis zum 31. Dezember eine positive Performance und durchschnittlich über 5% in diesem Zeitraum erzielen konnte.
Betrachtet man den wichtigen US-Index Dow Jones Industrial, beginnt hier die Jahresendrally etwas später, nämlich erst in der letzten Oktoberwoche. In 126 Jahren konnte aber auch hier ein beachtliches Ergebnis von 91 positiven Jahren erreicht werden. Grenzt man den Zeitraum auf die letzten 48 Jahre ein, so konnte man sich in 40 Jahren über einen Gewinn mit durchschnittlich über 4% freuen.
Dass es sich nicht nur um ein deutsches oder US-amerikanisches Phänomen handelt, beweist unser Nachbar-Index aus Frankreich CAC 40. Auch dieser europäisch angesehene Index kann von Ende Oktober bis Jahresende eine durchschnittliche Performance von über 3% bei 24 positiven gegenüber 12 negativen Jahren vorweisen.
Dramatisch positiv wird es in den USA, wenn man nun noch ein Ereignis mit in die Betrachtung einbezieht, welches dort nur alle vier Jahre ansteht. Nämlich ein Präsidentschaftsvorwahljahr. In einem solchen befinden wir uns nun und die Statistik für diese Jahre zeigt bei 30 Vorwahljahren an, dass ab Ende November bis zum Jahresende beachtliche 24 Mal ein positives Ergebnis gestanden hat.
Charttechnik muss passen
Würde man also ausschließlich nach dieser Analysemethode vorgehen, steht eine hervorragende Phase an den Aktienmärkten unmittelbar bevor. Allerdings darf man sich davon nicht blenden lassen. Das charttechnische Gesamtbild muss zur Erwartungshaltung passen. Beim Dow Jones macht ein Blick auf den langfristigen Monatschart eher skeptisch. Dieser notiert nämlich knapp unter einer Widerstandszone, welche zwischen rund 36.000 und 37.000 Punkten verläuft. Die Indikatoren, gerechnet auf die Monatsschlusskurse, geben keinen Anlass zu Euphorie. Daher könnte in den USA zwar eine positive Entwicklung bis Jahresende stattfinden, sehr ausgeprägt dürfte diese aber kaum ausfallen.
Kaum anders stellt sich der Dax in dieser langfristigen Betrachtung dar. Auch hier notieren viele Indikatoren im überkauften Bereich und stehen vor Verkaufssignalen. Lediglich auf Tagesbasis sind aktuell Lichtblicke zu erkennen. So befinden sich die Indikatoren in dieser kürzeren Darstellungsform bereits im überverkauften Bereich oder kurz davor.
Etablierte Unterstützungszone
Zwischen ca. 15.200 und 15.700 Punkten hat sich eine Unterstützungszone etabliert, die in den letzten Monaten immer wieder erfolgreich getestet wurde. Auch wenn dies keine Garantie dafür ist, dass die Unterstützung auch künftig hält, könnte das Zusammenspiel der Indikatoren mit der Unterstützung und der Saisonalität zumindest für ein Halten dieses Bereichs sorgen.
Alle diese vermeintlich positiven Aspekte werden natürlich keine Hilfe darstellen, wenn unerwartete Ereignisse eintreten. Diese kann aber keine Analysemethode voraussehen. Daher muss man mit den Werkzeugen arbeiten, die zur Verfügung stehen. Die technische Analyse ist ein solches Werkzeug mit sehr guten Ergebnissen.
*) Christoph Geyer ist freier technischer Analyst der VTAD e.V.