TECHNISCHE ANALYSE

Die Krise bestimmt die Richtung des Dax

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 30.9.2020 Im Februar dieses Jahres war die Welt für die Anleger noch in Ordnung. Der deutsche Leitindex konnte ein neues Rekordhoch erklimmen, und die Aussichten waren vielversprechend. Doch dann kam das...

Die Krise bestimmt die Richtung des Dax

Von Christian Henke *)Im Februar dieses Jahres war die Welt für die Anleger noch in Ordnung. Der deutsche Leitindex konnte ein neues Rekordhoch erklimmen, und die Aussichten waren vielversprechend. Doch dann kam das Coronavirus, und alles hatte sich plötzlich verändert, auch auf dem Frankfurter Börsenparkett.Ende März war der anfängliche Schrecken erst einmal verdaut, und die Marktteilnehmer sind zur Normalität zurückgekehrt. Doch die jüngsten gestiegenen Neuinfektionszahlen und die bevorstehende Grippesaison haben die Investoren wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei und könnte auch in den kommenden Wochen und Monaten für eine hohe Volatilität und für Turbulenzen sorgen. Angst vor LockdownAber nicht nur die Angst vor einem zweiten Lockdown mit fatalen Folgen für Wirtschaft und Börsen, sondern auch die im November stattfindende Präsidentschaftswahl in den USA, der immer noch schwelende Konflikt zwischen Washington und Peking sowie das nicht endende Brexit-Drama könnten den Dax auf eine Zerreißprobe stellen. Am heutigen Mittwoch endet der Börsenmonat September. Auch in diesem Jahr konnte der September nicht mit Kursgewinnen glänzen. Wir nehmen das Ende des dritten Quartals zum Anlass, uns den Dax auf Quartalsbasis anzuschauen. Und auf dieser Zeitebene finden wir ein großes Haar in der charttechnischen Suppe.Seit dem vierten Quartal 2017 geht es für das heimische Börsenbarometer nicht so recht vorwärts. Im November des besagten Jahres wurde mit 13 534 Punkten eine neue Bestmarke aufgestellt. Im Januar 2018 und im Januar dieses Jahres wurde das Allzeithoch im Handelsverlauf zwar übertroffen, ein Schlusskurs über dem besagten Niveau auf Quartalsbasis blieb aber aus. Ausgehend von dem Kurs von Ende Dezember 2017 hat sich der Dax unter starken Kursschwankungen vor allem 2018 und 2020 bislang nicht großartig von der Stelle bewegt. Deckel bleibt vorerst draufDer Deckel bleibt vorerst drauf. Interessant sind aber auch zwei altbekannte Unterstützungen. Dies sind zum einen der seit März intakte Aufwärtstrend bei momentan 9 400 Zählern und zum anderen die ehemaligen Hochs bei 8 150 Punkten. Beide Chartmarken konnte in den ersten drei Monaten 2020 Schlimmeres verhindern und wurden erfolgreich verteidigt. Eine weitere halbwegs stabile Unterstützung liegt im Quartalschart bei 11 860/11 800 Zählern. Strich durch die Rechnung?Wie jedes Jahr, wenn das dritte Quartal kurz vor dem Ende steht, werfen wir einen prüfenden Blick auf die Saisonalität und stellen uns dann die Frage nach dem künftigen Kursverlauf in den letzten drei Monaten des Jahres. Statistisch betrachtet gilt gerade dieser Zeitraum als besonders stark. In dem Zeitraum 1997 bis 2019 konnte der deutsche Leitindex mit einer Trefferquote von mehr als 80 % überzeugen und für einen freundlichen Jahresausklang sorgen. Natürlich bleibt abzuwarten, inwieweit die jüngsten Neuinfektionen und daraus resultierenden weiteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie der Saisonalität einen Strich durch die Rechnung machen. Index tritt auf der StelleWie wir gesehen haben, kommt der Dax nicht so recht von der Stelle. An der Wall Street sieht das anders aus. Der deutsche Leitindex konnte bis zum heutigen Tag sein Allzeithoch aus dem Jahr 2017 nicht signifikant, sprich also auf Schlusskursbasis, bezwingen. Die US-Indizes konnten dagegen fast stetig neue Kurserhöhen erklimmen. Kein Wunder, dass die charttechnische Verfassung gegenüber den europäischen Pendants ein wenig besser ausschaut. Ampel springt auf GrünAbschließend wollen wir den Dax einer Indikatorenanalyse unterziehen. Hierbei werfen wir einen Blick auf den exponentiellen Durchschnitt, das Momentum, den Relative-Stärke-Index (RSI) sowie den Williams %R auf Sicht der vergangenen zwölf Monate. Kaufsignale entstehen, wenn der Schlusskurs des heimischen Börsenbarometers oberhalb des gleitenden Durchschnitts liegt, das Momentum über der Nulllinie aus dem Handel geht und RSI und Williams die Marke bei 50 auf Monatsbasis hinter sich lassen können. Die technische Ampel springt dann auf Grün, wenn drei der vier erwähnten Indikatoren die Kaufkriterien erfüllen. Dies ist seit Ende Juni dieses Jahres der Fall. Einem neuerlichen Erreichen der Intraday-Höchststände bei 13 534 Punkten aus dem Jahr 2017 bzw. bei 13 795 Zählern von Januar 2020 steht demnach nichts im Weg. Angespannte SituationDie Situation an den Aktienmärkten bleibt angespannt. Die Pandemie dürfte vorerst das zentrale Thema bleiben. Einen zweiten Lockdown gilt es zu vermeiden. Covid-19 ist aber nicht der einzige Störenfried. Der Ausgang der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten, der immer wieder aufflammende Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie das alte Thema Brexit dürften die Anleger weiterhin beschäftigen. *) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG.