Die Luft an den Aktienmärkten wird dünner
Ausblick
Die Luft wird dünner
Dax weiter im Rallymodus – Zinssenkungshoffnungen könnten überzogen sein
Von Tobias Möllers, Frankfurt
Silvester ist noch ein paar Tage entfernt, doch an den Aktienmärkten knallen schon seit Wochen die Sektkorken. An gleich drei Handelstagen der abgelaufenen Woche markierte der deutsche Leitindex neue Rekordstände. Die zwischenzeitliche Herbstschwäche haben der Dax, aber auch der Euro Stoxx 50 inzwischen mehr als kompensiert.
Hoffen auf Zinssenkungen
Getrieben wurden die Aktienmärkte zuletzt immer stärker von der Vorfreude auf baldige Zinsgeschenke von EZB und Fed. Da konnte auch die durchwachsene Konjunktur hierzulande den Dax kaum bremsen. Zuletzt schlugen sich Dax und Euro Stoxx sogar ein Stück weit besser als die amerikanischen Aktienmärkte, weil die Zinsfantasien in der Eurozone noch ausgeprägter sind als jenseits des Atlantiks. Nicht zuletzt „taubenhafte“ Äußerungen von EZB-Direktorin Isabel Schnabel, die eigentlich als geldpolitischer Falke gilt, gaben den Märkten neuen Rückenwind. Mittlerweile preisen die Märkte für Europa Leitzinssenkungen von 150 Basispunkten im nächsten Jahr ein.
Die Frage ist nun, ob diese Zinssenkungsspekulationen an den Aktienmärkten nicht inzwischen zu weit gelaufen sind. Auf jeden Fall haben kurzfristig die Rückschlags- und Enttäuschungsrisiken spürbar zugenommen. Beim Dax ist schon aus charttechnischer Sicht allmählich Vorsicht angezeigt. Zudem wäre es auch alles andere als ungewöhnlich, wenn der Dax, der seit Ende Oktober nur die Richtung aufwärts kennt, eine Verschnaufpause einlegen würde. Nicht wenige Banken sehen den deutschen Leitindex Mitte 2024 daher kaum höher als aktuell. Die Helaba taxiert den Dax Ende Juni auf 16.800 Zähler, die LBBW auf 16.500 Punkte. Zunächst etwas optimistischer ist die DZ Bank, die den Leitindex Ende Juni bei 17.500 Punkten sieht, diesen allerdings auch Ende kommenden Jahres nicht höher taxiert. So oder so, kurzfristig wird die Luft an den Aktienmärkten dünner. Zwar haben die Märkte noch etwas Spielraum für weitere Anstiege. Eine baldige Konsolidierung scheint aber nicht weniger wahrscheinlich.
Aussichten werden besser
Mittelfristig sehen die Aussichten für die Aktienmärkte schon wieder besser aus. Sören Hettler von der DZ Bank erwartet im kommenden Jahr aufgrund einer weltweit anziehenden Konjunktur neue Rekordstände in Europa und den USA. Sascha Rehbein von der Weberbank schätzt das Gewinnpotenzial der Unternehmen im S&P 500, der dieses Jahr fast ausschließlich von wenigen Tech-Titeln getrieben wurde, für 2024 deutlich positiver ein. Frank Klumpp von der LBBW sieht den Dax Ende 2024 bei 18.000 Punkten, weil die deutsche Rezession dann überwunden sei. Patrick Franke von der Helaba glaubt sogar, dass die Chancen der USA, an einer Rezession vorbei zu schliddern so schlecht nicht sind. Dies bedeute allerdings auch, dass die Fed erst Mitte kommenden Jahres auf einen vorsichtigeren Kurs bei den Leitzinsen einschwenken wird.