IM INTERVIEW: MONICA FERNANDEZ, DZ BANK

"Die Party sollte noch ein Weilchen weitergehen"

Strategin über die Aussichten an den Emissionsmärkten für Unternehmensbonds - Spreads sind schon deutlich enger - Comeback der Hybriden setzt sich fort

"Die Party sollte noch ein Weilchen weitergehen"

Die gute Liquiditätsausstattung an den Märkten treibt die Bond-Hausse in Europa an. Monica Fernandez, die bei der DZBank das Corporate-Bond-Research leitet, geht davon aus, dass die Party an den Märkten noch eine Weile anhalten wird. Aber so üppig wie 2013 werden die Erträge wohl nicht mehr aus- fallen, denn die Spreads haben sich bereits kräftig eingeengt. Rege Emissionstätigkeit erwartet sie bei Hybrid-Anleihen, die im vergangenen Jahr ihr Comeback feierten.- Frau Fernandez, 2013 ist für die Corporates ein gutes Jahr gewesen, sowohl am Primär- als auch am Sekundärmarkt. 2014 zeichnet sich ein sehr guter Start ab. Geht die Party unvermindert weiter? Was treibt den Markt?Die Party an den Corporate-Bond-Märkten sollte noch ein Weilchen weitergehen. Allerdings müssen sich die Partygäste darauf einstellen, dass die Häppchen nicht mehr ganz so üppig belegt sind. Investoren, die dem Corporate-Bond-Markt 2013 die Treue gehalten haben, wurden mit zweistelligen Spread-Einengungen belohnt. Das ist in diesem Ausmaß 2014 nicht mehr zu erwarten. Dennoch gibt es weiterhin den Trend zu niedrigen Corporate-Spreads. Sowohl von technischer Seite als auch angesichts der konjunkturellen Erholung in der Eurozone stehen die Zeichen weiterhin gut. Die Liquiditätsversorgung an den Märkten ist momentan der wichtigste Treiber für die derzeitige Bond-Hausse. Ein substanzieller Rückgang der hohen Liquidität ist in den nächsten Monaten eher nicht zu erwarten. Das Investoreninteresse dürfte daher hoch bleiben.- Die Euroschuldenkrise wird vollkommen ausgeblendet. Droht da kein Störfeuer?Wir sind mit der generellen Empfehlung in das neue Jahr gestartet, Emittenten aus der europäischen Peripherie gegenüber denen aus Kerneuropa überzugewichten. Größere Stolpersteine aufgrund der Euroschuldenkrise sehen wir in den kommenden Wochen nicht, zumal wir in den vergangenen Monaten einen gewissen Gewöhnungseffekt in Bezug auf die Euroschuldenkrise feststellen konnten. Mittelfristig gibt es aber einige Punkte, die für einen Stimmungsumschwung sorgen könnten. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass bei den Europawahlen Ende Mai euroskeptische Parteien stärker denn je abschneiden werden. Als potenzielle Gefahr steht weiterhin der anstehende EZB-Aktivaqualitäts- und Stresstest für Banken im Raum. Sollte über die Testergebnisse vorzeitig etwas durchsickern, könnte dies für Verunsicherung sorgen.- Die Anleger nehmen am Primärmarkt alles auf, was kommt. Auf welchen Nachschub, sprich welches Neuemissionsvolumen, in diesem Jahr dürfen sich die Anleger denn bei auf Euro denominierten Corporates einstellen?Das Neuemissionsvolumen am Primärmarkt sollte auch 2014 wieder ein hohes Niveau erreichen können, denn die Fälligkeiten von Unternehmensanleihen steigen dieses Jahr an. Und auch von der Seite des Zinsniveaus ist weiter von Unterstützung für den Primärmarkt auszugehen. Insgesamt rechnen wir auf Basis zahlreicher Einflussfaktoren und der weiteren Entwicklung der Eurokrise sowie der diversen Risikoherde der Welt mit einen Rückgang des Neuemissionsvolumens von rund 280 Mrd. Euro im vergangenen Jahr auf 230 Mrd. Euro im laufenden Jahr.- High-Yielder gehen zu Sätzen weg, die vor zwei oder drei Jahren unvorstellbar gewesen wären. Und seinerzeit wurde schon von niedrigen Renditen gesprochen. Ist das noch gesund?Zugegeben, die Renditen am Corporate-Bond-Markt haben sehr niedrige Niveaus erreicht. Solange allerdings die Liquiditätsversorgung an den Märkten so üppig bleibt wie bisher, kann man von der Überrendite der High-Yielder gegenüber den übrigen Anleihen noch ein Weilchen profitieren. Man muss dann allerdings sehr schnell den Ausstieg suchen, wenn der Markt dreht. Denn High-Yield-Bonds reagieren sehr schnell und überproportional empfindlich auf Marktkrisen.- Bei diesen Spreads und den absolut niedrigen risikolosen Renditen gehen die Unternehmen natürlich gern an den Markt und besorgen sich frisches Fremdkapital. Ist der niedrige Spread und damit Liquiditätshortung die einzige Motivation oder gibt es derzeit noch andere Gründe, um zu emittieren?Den dringendsten Emissionsbedarf haben Unternehmen, bei denen Anleihen fällig werden, die noch nicht refinanziert worden sind. Der Anteil der Fälligkeiten von Eurobonds ist 2014 übrigens mit 189 Mrd. Euro höher als im Vorjahr mit 159 Mrd. Euro und auch höher als im kommenden Jahr mit 144 Mrd. Euro. Dann gibt es sicherlich bei niedrigen Zinsen einen Anreiz, sich Liquidität zu beschaffen für Fälligkeiten im folgenden Jahr oder aber zur Finanzierung von Investitionen. Auch Akquisitionen könnten 2014 Unternehmen dazu bewegen, als Emittent am Bond-markt aufzutreten.- Welche Branchen sehen Sie 2014 verstärkt am Primärmarkt auftreten?In der Summe werden wir 2014 erneut ein starkes Emissionsvolumen von Telekom- und Versorgerunternehmen sehen, allerdings mit geringeren Volumina als noch im Vorjahr wegen Desinvestitionsprogrammen und Ausschüttungsbremsen. Auch im Automobilsektor sehen wir – getrieben von einem global steigenden Automobilabsatz – weiterhin hohen Finanzbedarf für das Absatzfinanzierungsgeschäft. Aufgrund von Sondereffekten im vergangenen Jahr dürfte allerdings der Refinanzierungsbedarf im Automobilsektor leicht unterhalb dem des Jahres 2013 liegen.- 2012 und auch im vergangenen Jahr war zu beobachten, dass ebenfalls verstärkt Emittenten mit einem Sitz außerhalb der Eurozone mit Euroanleihen aufgetreten sind. Setzt sich das 2014 fort? Auf der Suche nach Opportunitäten halten die Anleger ja auch bei derartigen Adressen nach Anlagemöglichkeiten Ausschau.Wir gehen davon aus, dass der Trend anhält. Die Nachfrage der Investoren ist ja ungebrochen hoch.- Auf der Suche nach Rendite sind die Anleger aber auch die Laufzeitenkurve heraufgewandert oder die Bonitätskurve nach unten. Im langen Kurvenende engten sich die Spreads ein, schlechtere Bonitäten kamen noch günstiger an Geld. Setzt sich dieser Trend bei den Investoren fort?Die langen Laufzeiten sind beliebt. Aufgrund historisch niedriger Corporate-Bond-Renditen stehen Anleihen mit längeren Laufzeiten und niedrigeren Bonitäten wegen der höheren erzielbaren Kupons auch weiterhin im Fokus der Investoren. Insbesondere Versicherungen, Pensionskassen und Asset Manager nehmen auf der Suche nach einer etwas höheren Verzinsung auch längere Laufzeiten und niedrigere Bonitätsnoten bei Neuinvestments billigend in Kauf. Emissionen von Unternehmen aus dem Non Investment Grade haben 2013 um rund zwei Drittel zugelegt.- Kristallisiert sich bereits ein seitens der Unternehmen favorisiertes Laufzeitenband heraus?Am Primärmarkt überwiegen derzeit Laufzeiten von über sieben Jahren. Innerhalb der Langläufer hat zwar nach wie vor das Laufzeitensegment von sieben bis zehn Jahren den größten Anteil, aber Laufzeiten von über zehn Jahren holen deutlich auf. Wir haben auch seit Längerem wieder Anleihen mit ultralangen Laufzeiten von über 50 Jahren gesehen – ausnahmslos Hybridanleihen.- Hybride feierten 2013 ihr großes Comeback. Was erwarten Sie von diesem Segment in diesem Jahr?Das hängt vorwiegend an der Entwicklung des Zinsniveaus im Euroraum und in den Vereinigten Staaten. Das Zusammenspiel aus niedrigen Zinsen und gleichzeitig sehr hoher Liquidität am Markt hat den Hybrid-Boom sowohl 2005 als auch 2013 genährt. Wir gehen in unserer längerfristigen Zinsprognose davon aus, dass eine durchgreifende Zinswende noch auf sich warten lässt. Angesichts dieser Prognose rechnen wir auch für das laufende Jahr mit einer regen Emissionstätigkeit bei Hybrid-Anleihen, wenngleich die hohen Niveaus von 2013 voraussichtlich verfehlt werden. Mit den erwarteten ersten Zinserhöhungen ab Mitte 2015 wird die Emissionstätigkeit bei Hybrids wahrscheinlich weiter nachlassen. Im Verlauf der kommenden Jahre werden wir dann vermutlich Neuemissionsniveaus von deutlich unter 10 Mrd. Euro sehen.- Wie war die Sekundärmarktentwicklung durch die Bank weg in den ersten sechs Wochen des neuen Jahres?Der Sekundärmarkt zeigte sich in den ersten sechs Wochen recht durchwachsen. Nach einem fulminanten Jahresauftakt kamen Ende Januar Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung der Emerging Markets auf, die die Credit-Märkte kurzzeitig verunsichert haben. Nachdem der erste Schock verdaut war, haben sich die Märkte wieder beruhigt und sowohl bei den Anleihen als auch bei den Credit Default Swaps haben die Spreads in etwa auf das Ausgangsniveau vom Jahresbeginn 2014 zurückgefunden.- Wie viel Spread-Potenzial ist denn noch vorhanden?Vieles spricht dafür, dass die Spreads im Euro-Corporate-Bond-Markt durch die konjunkturelle Erholung weiter Unterstützung erfahren werden. Die Spreads nehmen die verbesserte Konjunkturlage aber bereits zum Teil vorweg, so dass wir auf dem bereits erreichten Niveau nur noch ein moderates Einengungspotenzial – bei allerdings ebenfalls recht begrenztem Ausweitungsrisiko – im unteren zweistelligen Basispunktebereich sehen.- Welche Branchen sind denn noch für Investments interessant?Aufgrund der hohen laufenden Zinserträge – der sogenannten Carry – sollte in der Peripherie auf Basis unserer Markterwartung noch Outperformance-Potenzial drin sein. Die im Sektorvergleich hohe Carry bei Telekomunternehmen und Versorgern lässt die beiden Sektoren vorerst weiter attraktiv erscheinen. Allerdings ist auch hier der Spielraum für weitere Spread-Einengungen eingeschränkt.- Und wo laufen die Bonds schon heiß?Von Überhitzung würde ich noch nicht sprechen, aber sicherlich ist im Corporate-Bond-Sektor der weitaus größte Teil der Einengung der Spreads in den meisten Sektoren bereits weitgehend gelaufen. Wirklich negativ gestimmt sind wir momentan nur für den Pharma- und den Handelssektor. Im Pharmasektor erwarten wir, dass sich die relativ schlechte Entwicklung der Healthcare Credits gegenüber dem iBoxx Euro Non Financials fortsetzen wird. Healthcare Credits haben zwar die mit Abstand beste durchschnittliche Bonität im iBoxx, werden aber auf den niedrigsten Spread-Levels gehandelt. Da sehen wir einfach kein Potenzial mehr. Im Handelssektor ist der Ratingschwerpunkt der im iBoxx vertretenen Emittenten in den unteren Bereich des Investment Grade abgerutscht. Der Puffer für weitere Ratingverschlechterungen ist eher marginal. Mit Blick auf die erreichten niedrigen Levels dürfte das Spread-Einengungspotenzial in dieser Branche recht begrenzt sein.—-Das Interview führte Kai Johannsen.