Die Suche nach neuen Einnahmequellen
Geld oder Brief
Pfandbriefbank sucht Einnahmequellen
Von Michael Flämig, München
Wer am 26. Februar Aktien der Deutschen Pfandbriefbank gekauft hat, der kann sich glücklich schätzen. Denn der Kurs ist seitdem um mehr als die Hälfte gestiegen. Diese Rechnung dürfte jedoch den meisten Aktionären eher ein bitteres Aufstöhnen abnötigen. Denn langfristig engagierte Anleger haben erhebliche Verluste zu beklagen. Selbst nach dem Kursanstieg rangiert die Spezialbank für die gewerbliche Immobilienfinanzierung mit rund 5,40 Euro je Aktie nur auf dem Niveau der Bewertungstiefen in der Coronakrise. Im Vergleich zum Kursrekord im Februar 2020 ist die Notierung sogar um zwei Drittel eingebrochen.
Doch nicht nur dies. Die Anteilseigner müssen für 2023 auf eine Ausschüttung verzichten. Dies ist ein harter Schlag für eine Gesellschaft, die sich als Dividendenwert positioniert hat. Wie geht es also weiter mit der Deutschen Pfandbriefbank?
Neue Strategie im Oktober
Die Zeichen stehen auf Veränderung der Strategie. Die Vorstandsspitze ist neu formiert. Seit März führt der konzernexterne Kay Wolf die Bank. Der seit 2017 bei dem Institut beschäftigte Marcus Schulte hat im vergangenen Dezember das Finanzressort übernommen. Der Kapitalmarkt kann Neuigkeiten vor allem im Herbst erwarten. Der Vorstand wird auf einem Kapitalmarkttag, der voraussichtlich in der zweiten Oktoberwoche stattfindet, seine neue Strategie ausführlich erläutern.
Aus Aktionärssicht wirft der Kursverlauf der vergangenen vier Jahre vor allem die Frage auf, ob die Pfandbriefbank zu einseitig von der Immobilienfinanzierung abhängig ist – und damit zu große Risiken eingeht für den Moment, wenn die Werte der Immobilien einbrechen und damit auch Finanzierungen wackeln.
Zumindest spiegelt der Kursverlauf diese Sorge. Die Coronakrise und das damit verbundene Homeoffice drückte die Bewertung im Jahr 2020 innerhalb von drei Monaten von gut 15 auf rund 5 Euro pro Aktie, und einen ähnlichen Einschlag mussten die Teilhaber mit der US-Immobilienkrise zum Jahresanfang hinnehmen. Markus Kienle, Vorstand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, formulierte auf der Hauptversammlung seine daran anknüpfende Unzufriedenheit. Warum die Deutsche Pfandbriefbank denn so hart von der Immobilienkrise getroffen worden sei, lautete seine Frage: „Gibt es ein Klumpenrisiko bei Büroimmobilien?“
Nun ist es eine zweischneidige Angelegenheit, über Kursabschläge zu klagen, wenn reinrassige Geschäftsmodelle unter einer Branchenschwäche leiden. Andernorts jammert der Kapitalmarkt regelmäßig, dass Konglomerate in starken Marktphasen den einseitig spezialisierten Wettbewerbern hinterherlaufen – Siemens ist in Deutschland ein herausragendes Beispiel hierfür.
Expertise soll gehebelt werden
Die Deutsche Pfandbriefbank hält dagegen, ihr Kerngeschäft sei viel stabiler als das Engagement vieler Konkurrenten. Sie konzentriere sich auf den erstrangigen Teil der Finanzierungen, wird Wolf nicht müde zu betonen. Zugleich aber sieht der Vorstandsvorsitzende ebenfalls die Notwendigkeit, die Bank breiter aufzustellen: „Wir müssen vor allem unsere exzellente Immobilienexpertise nutzen, um unsere Einnahmen viel stärker zu diversifizieren.“
Der erste Ansatz: Die Bank baut, wie schon seit längerem geplant, den Geschäftsbereich Real Estate Investment Management auf. Er bietet Immobilieninvestmentprodukte mit nachhaltigen Merkmalen für professionelle Investoren an, so dass Anbieter wie KGAL oder Patrizia zu Konkurrenten werden. Für die ersten beiden Fonds kooperiert die Pfandbriefbank mit Universal Investment und Hauck Aufhäuser Lampe. Sie denkt aber über den Erwerb einer eigenen Kapitalverwaltungsgesellschaftslizenz nach. Ein Zukauf wird nicht ausgeschlossen. An Eco Estate, mit Groß & Partner als Beratungsunternehmen für Nachhaltigkeit gegründet, hält die Bank nur 35%. Dagegen versiegen andere Ertragsquellen. Die Bereiche öffentliche Finanzierung und das Value-Portfolio (Staatsbudgetfinanzierung), die in einer Einheit jenseits des Kerngeschäfts zusammengefasst sind, werden abgebaut. Das Finanzierungsvolumen betrug per Ende März noch 11,6 Mrd. Euro. Das Portfolio erfüllt nicht die Rentabilitätsansprüche des Managements.
Marktentwicklung ist entscheidend
Wolf hat sich das Bilanzmanagement auf die Fahne geschrieben. Dass ein Finanzierungsvolumen von 900 Mill. Euro aus nicht notleidenden Engagements verkauft wurde, ist eine Folge dieses Bekenntnisses. Warum allerdings die Pfandbriefbank keine relevanten Ertragschancen an einer Stelle sieht, an der eine Real-Estate-Tochter von Blackstone groß einsteigt, ist unklar. Auch die Refinanzierungsbedingungen verbessert Wolf mit einer Welle von Anleiherückkäufen.
Kurzfristig allerdings hängt die Aktie der Pfandbriefbank unmittelbar an der Wertentwicklung auf dem Immobilienmarkt. Die Signale werden zuversichtlicher. „Positiv zu vermerken ist, dass es Anzeichen dafür gibt, dass sich die Stimmung der Anleger bessert“, sagte jüngst auch Wolf.