Die Saudis setzen sich durch
Ölmarkt
Die Saudis setzen sich durch
Von Dieter Kuckelkorn
Der saudi-arabische Ölminister Abdulaziz bin-Salman hatte vor einigen Monaten die Akteure am Ölmarkt gewarnt, sich nicht als Leerverkäufer zu bedienen und damit auf einen weiter fallenden Ölpreis zu setzen. Damals waren sich bereits die Analysten einig, dass es in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres Knappheit auf dem Ölmarkt geben wird und dass der Preis eigentlich steigen müsste. Die Marktteilnehmer waren zu diesem Zeitpunkt aber komplett auf die sich abschwächende Weltkonjunktur fixiert, womit sich eine auffällige Diskrepanz zwischen dem niedrigen Preis an den Terminmärkten und der Knappheit am Markt für physisches Öl ergab.
Derartige Diskrepanzen sind fast nie von langfristiger Natur, und inzwischen ist der Brent-Ölpreis auch wieder deutlich auf über 85 Dollar gestiegen. Dementsprechend haben sich auch die Akteure am Terminmarkt neu positioniert und ihre Schlagseite mit vielen Short-Kontrakten und wenig Long-Positionen korrigiert. Dazu haben Saudi-Arabien und Russland etwas nachgeholfen, indem die Saudis ihre über die Opec-Verpflichtungen hinausgehenden Kürzungen von 1 Mill. Barrel pro Tag (bpd) auch für den September verlängert haben. Russland steuert weitere Kürzungen von 300.000 bpd bei. Dass das von Saudi-Arabien und Russland geführte Kartell Opec plus am Freitag keine weiteren Kürzungen beschlossen hat, fällt mit Blick auf die genannten Reduzierungen kaum ins Gewicht. Denn gemäß Schätzungen von Standard Chartered beträgt das Defizit auf dem Ölmarkt im August stolze 2,8 Mill. bpd bei einem gesamten Marktvolumen von rund 100 Mill. bpd. Im September soll es bei 2,43 Mill. bpd liegen und bis Dezember bei mehr als 2 Mill. bpd. Dies resultiert in einem spürbaren Abbau der weltweiten Lagerbestände, denn auf der Nachfrageseite hat sich nach Einschätzung von Goldman Sachs der chinesische Ölverbrauch deutlich besser gehalten als gedacht.
Daher dürfte der Ölpreis weiter steigen. Goldman Sachs sagt beispielsweise für Brent 93 Dollar voraus. Sollten noch spekulative Übertreibungen an den Terminmärkten diesmal in Richtung der Long-Positionierungen hinzukommen, ist vielleicht sogar noch mehr drin.