DEVISENWOCHE

Die Uhr tickt für die tschechische Notenbank

Von Sandra Striffler *) Börsen-Zeitung, 14.3.2017 Der April naht mit großen Schritten - und unter den Investoren, die die tschechische Krone (CZK) im Blick haben, ist eine zunehmende Nervosität zu spüren. Die dortige Notenbank (CNB) stellt seit...

Die Uhr tickt für die tschechische Notenbank

Von Sandra Striffler *)Der April naht mit großen Schritten – und unter den Investoren, die die tschechische Krone (CZK) im Blick haben, ist eine zunehmende Nervosität zu spüren. Die dortige Notenbank (CNB) stellt seit längerem die Aufgabe der seit November 2013 bestehenden Wechselkursuntergrenze in Euro-Krone bei 27 tschechischen Kronen (CZK) zwischen dem zweiten Quartal 2017 und “Mitte des Jahres” in Aussicht.Dass die entsprechenden Spekulationen lichterloh lodern, zeigen auch die jüngst von der CNB veröffentlichten Interventionszahlen für Januar. Demnach mussten die Währungshüter zu Beginn des Jahres mit knapp 15,8 Mrd. Euro am Markt eingreifen, um ein dauerhaftes Abrutschen von Euro-Krone unter 27 CZK zu verhindern. Derart tief griff die Zentralbank noch nie in die Tasche, um die Krone gegenüber dem Euro zu zügeln. Auf das Jahr hochgerechnet war die CNB 2016 somit mit etwas mehr als 31 Mrd. Euro am Markt aktiv. Zum Vergleich: 2015 waren es knapp 9 Mrd. Euro, 2014 war die CNB überhaupt nicht gefordert, und 2013, als die Untergrenze eingezogen wurde, musste sie 7,5 Mrd. Euro aufwenden. Die aktuell rege Interventionstätigkeit spiegeln auch die Bestände der tschechischen Fremdwährungsreserven wider. Sie sind zu Beginn des Jahres auf ein Rekordhoch von 96,6 Mrd. Euro gestiegen. Im Vormonatsvergleich ist dies ein Plus von beinahe 20 % und gegenüber dem Vorjahresniveau sogar eine Zunahme von etwa 55 %. Preisdruck wächst aktuellUrsächlich für die deutlich intensivierten Spekulationen über die nahende Aufgabe der Wechselkursuntergrenze ist der deutlich gestiegene Preisdruck. Nicht nur, dass die Teuerungsrate das Inflationsziel der CNB von 2,0 % (im Jahresvergleich) im Dezember 2016 erstmals seit dem Jahreswechsel 2012/2013 wieder ins Visier nahm. Vielmehr legte die Preissteigerungsrate auch im Januar und Februar weiter zu und bewegt sich mit 2,2 % bzw. 2,5 % oberhalb des Preisziels der Notenbank. Die CNB dürfte von dieser Entwicklung sprichwörtlich rechts überholt worden sein, ging sie selbst im November doch noch davon aus, dass ihr Preisziel erst im dritten Quartal 2017 wieder erreicht werden dürfte.Ungeachtet dessen wäre die tschechische Notenbank unserer Ansicht nach gut beraten, nun einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von den Marktentwicklungen mitreißen zu lassen, liegt doch bekanntlich in der Ruhe die Kraft. In diesem Zusammenhang geben wir zu bedenken, dass der deutliche Preisanstieg auch in Tschechien u.a. maßgeblich auf einen energiepreisbedingten Basiseffekt und damit auf einen Faktor, der jenseits des Einflusses der CNB liegt, zurückzuführen ist. Wie viele andere Notenbanken weltweit sollten sich auch die tschechischen Währungshüter nicht von diesem temporären Effekt übermäßig beeinflussen lassen, zumal sie ihren eigenen Prognosen von Anfang Februar zufolge in der Kernrate (ohne Energie) im ersten und zweiten Quartal dieses Jahres weiterhin nur einen vergleichsweise moderaten Anstieg erwarten, der auf Jahressicht mit 1,6 % bzw. 1,8 % weiterhin unterhalb ihres Inflationsziels von 2,0 % liegen dürfte. Unter Zugzwang sollte die CNB aus Preisgründen weiterhin nicht stehen. Aber auch aus interventionstechnischen Gründen sollte sie nichts überstürzen. Zwar musste die Notenbank, wie eingangs erläutert, zuletzt tiefer in die Tasche greifen. Verglichen mit ihren Schweizer Amtskollegen bewegt sie sich aber bislang weiterhin in vergleichsweise ruhigem Fahrwasser. Ein Maß hierfür ist beispielsweise der Bestand an Fremdwährungsreserven in Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese Relation belief sich in der Schweiz 2014 auf etwas mehr als 70 %, bevor die dortigen Währungshüter dann Anfang 2015 den Franken von der Leine ließen. In Tschechien dürfte das Verhältnis 2016 gerade einmal etwas mehr als 40 % betragen haben, was auch deutlich macht, dass die Wechselkursuntergrenze vom Markt als glaubwürdig erachtet wird. Deflation verhindertZudem sollte die CNB nicht vergessen, dass ihr die Wechselkursuntergrenze treue Dienste erwiesen hat, blieb Tschechien doch als einzigem CE3-Land das Abrutschen in eine Deflation erspart. Überlässt die tschechische Notenbank die Krone nun zu früh wieder den Marktkräften und wertet diese gegenüber dem Euro deutlich auf, besteht das Risiko, dass diese Erfolge in Gefahr geraten und die CNB schlimmstenfalls die Krone wieder einfangen muss. In diesem Worst-Case-Szenario, unter dem auch die Reputation der Zentralbank leiden würde, wären die Interventionskosten der Notenbank wohl um ein Vielfaches höher, als wenn sie sich jetzt noch etwas Zeit lässt, um sicherzugehen, dass der Anstieg der Teuerungsrate wirklich nachhaltig ist und zudem maßgeblich von heimischen Fundamentalfaktoren getragen wird.Aus den obigen Überlegungen heraus halten wir ein Festhalten an der Wechselkursuntergrenze noch bis in die Mitte des Jahres hinein für angemessen und warnen vor einem übereilten Ende. Wohlwissend, dass die CNB diesen Schritt jederzeit gehen kann und nicht auf einen bestimmten Termin angewiesen ist, wäre es doch interessant zu erfahren, wie die CNB die Inflationsaussichten zeitnah zur nahenden Wechselkursfreigabe einschätzt. Der nächste denkbare Zeitpunkt wäre hierfür der 4. Mai, stellt sie doch dann ihren revidierten Inflationsbericht vor. Bislang geht die CNB in der Headline- und in der Kernrate davon aus, dass diese nach einem temporären Überschießen ihres Inflationsziels dieses im zweiten Halbjahr 2018 wieder leicht zu unterschreiten beginnen. Da die Währungshüter jedoch eine nachhaltige Preisniveaustabilität als Voraussetzung für die Freigabe der Krone nennen, dürfte der Markt besonders die längerfristigen Inflationsprognosen genau im Auge behalten. Behält sie bis Mitte des Jahres ihre Wechselkursuntergrenze bei, könnte ihr zudem in der zweiten Jahreshälfte allmählich die EZB Schützenhilfe leisten. So hat die CNB bereits angekündigt, nach dem Ende der Wechselkursuntergrenze unbegrenzt am Markt eingreifen zu wollen, um eine dauerhafte übermäßige Aufwertung der Krone (gegenüber dem Euro) zu verhindern. Hilfe von der EZBKommen nun, wie von uns erwartet, im zweiten Halbjahr allmählich EZB-Tapering-Spekulationen auf, welche dem Euro unter die Arme greifen sollten, dürfte der Abwärtsdruck auf Euro-Krone auch von dieser Seite gedämpft und das Interventionsbudget der CNB zumindest etwas entlastet werden.—-Sandra Striffler ist Devisenanalystin bei der DZ Bank.