DWS stuft Dividendenaktien als "Allrounder für unruhige Zeiten" ein
„Allrounder für unruhige Zeiten“
DWS-CIO Jesch erläutert, warum man mit Dividendentiteln bequem durch die Mitte laviert
Aufgrund großer Ungewissheit bei Konjunktur und Inflation macht Björn Jesch, Global CIO der DWS, eine gewisse Orientierungslosigkeit der Anleger aus. In solch unruhigen Zeiten stellten dividendenstarke Aktien gefragte Allrounder dar, mit denen man bequem durch die Mitte lavieren könne.
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Kursgewinne sind nicht alles. Denn auch Dividenden sind eine wichtige Ertragsquelle für die Aktienanlage. Gemäß einer Untersuchung des Flossbach von Storch Research Institute sind Dividenden sogar in den vergangenen 20 Jahren für 52,2% des am deutschen Aktienmarkt geschaffenen Werts verantwortlich. Jetzt hat Björn Jesch, Global CIO der DWS, dazu eine neue Rechnung vorgelegt. Denn beim Dax, der vor wenigen Wochen ein neues Rekordhoch bei 16.300 Punkten markierte, entfällt auf die Dividenden über 25 Jahre sogar ein Anteil von 76% am Gesamtertrag.
In einer aktuellen Ausarbeitung stuft Jesch Dividenden als „Allrounder für unruhige Zeiten“ ein. Angesichts großer Ungewissheit hinsichtlich Konjunktur und Inflation herrsche bei den Anlegern eine gewisse Orientierungslosigkeit. „Mit Dividendentiteln laviert man bequem durch die Mitte“, erklärt Jesch zum zuletzt größer werdenden Interesse an dividendenstarken Aktien.
Beim Dax spricht der DWS-CIO von der „traurigsten Aktienrally als Basis für Dividendentitel“. Denn die Rally des Dax, der als Performanceindex die Ausschüttungen der Dax-Werte enthält, ist vor allem auf Dividendenzahlungen und die dann reinvestierten Dividenden zurückzuführen. Jesch wörtlich: „Als Kursindex gerechnet hat der Dax seit Januar 2022 noch kein neues Hoch erreicht und liegt nur knapp über seinem Stand von März 2000, dem damaligen Hoch im Internet-Boom.“
Dividenden sind für die Performance wichtig, aber Dividenden sind eben auch nicht alles. Denn insbesondere hohe Kursgewinne können der Treiber für eine langfristig hohe Performance sein. So haben S&P 500 und Nasdaq 100 nach den Berechnungen der DWS über 25 Jahre Kursgewinne von 277% bzw. 1.058% erzielt, so dass sich der Gesamtertrag der Indizes auf 500% bzw. 1.275% stellt. Das ist deutlich mehr als der Dax, der über 25 Jahre auf einen Gesamtertrag von 192% kommt. Der Anteil von Dividenden am Gesamtertrag macht denn auch nur 45% beim S&P 500 und 17% beim Nasdaq 100 aus.
„Dass solide Dividendenzahler stets die beste Wahl für Anleger sind, kann allein mit Blick auf die Wertentwicklung keiner ernsthaft behaupten“, stellt Jesch zu Recht fest. „Wir denken jedoch, dass ein Schwerpunkt auf Titel mit regelmäßigen Ausschüttungen sehr gut ins jetzige Marktumfeld passt.“ Dabei gehe es nicht darum, Dividendentitel über alle anderen Anlageformen zu stellen, sondern zu erläutern, warum sie gerade im jetzigen Marktumfeld, das von Unsicherheiten geprägt sei, ein guter Allrounder sein könnten. „Denn hierin liegt in der Regel ihre Stärke: relativ gut für verschiedene Marktszenarien gewappnet zu sein“, sagt Jesch. „Das schließt ein gewisses Sicherheitsnetz mit ein.“
Für dividendenstarke Aktien spreche, dass die großen US-IT-Werte schon wieder zu den Top-Favoriten professioneller Anleger gehörten. Dementsprechend hoch sei aber auch die Fallhöhe, wenn der Sektor nicht die gewünschten Ergebnisse liefere. Denn auch der IT-Sektor bleibe anfällig für eine Abkühlung der Wirtschaft, vor allem jene Firmen, die stark vom zyklischen Werbemarkt abhingen.
Vorteile von guten Zahlern
Zudem seien Aktien nicht mehr alternativlos, nachdem vor allem Unternehmensanleihen wieder stattliche Renditen abwerfen würden. Gegenüber Anleihen hätten Dividendentitel aber zwei Vorteile: „Sie sind besser gegen Inflation gewappnet, angenommen, dass die Unternehmen die Preissteigerungsraten an die Kunden weitergeben können“, erläutert Jesch. „Sollte es an den Börsen doch besser laufen als geplant, hat man mit Dividendentiteln noch weiteres Kurspotenzial.“ Die Aktienmärkte seien in den vergangenen Jahren von der Ausweitung der Gewinnmarge und der Ausweitung der Bewertungsmultiplikatoren stark getrieben worden. Ginge man aber hier allein von einem Stillstand aus, dürfte das tendenziell den Dividendentiteln zugutekommen, meint der DWS-CIO. „Denn das spräche für eine Seitwärtsbewegung der Aktienmärkte, und wo nur wenig Kursgewinne zu erwarten sind, sollten nachhaltige Dividendenausschütter gefragt sein.“
Gute Dividendenzahler könnten mit weiteren Vorteilen punkten. So sende eine konstante Dividende ein starkes Signal aus. Denn sie lasse darauf schließen, dass das Unternehmen davon ausgehe, auch in Zukunft ausreichende Gewinne zu erwirtschaften, um Dividenden zu zahlen. Das gelte gerade für die zuverlässigsten Dividendenzahler: reife Unternehmen aus konjunkturresistenten Sektoren.
„Regelmäßige Ausschüttungen disziplinieren auch die Geschäftsführung“, erläutert Jesch. „Wenn die freien Mittel nach Dividendenzahlen zum knappen Gut werden, denkt man über ihren weiteren Gebrauch noch intensiver nach.“ Darüber hinaus erhalte der Anleger mit Dividendentiteln nicht nur ein regelmäßiges Einkommen. Sondern man könne davon ausgehen, dass die Dividenden mit den Gewinnen, die Gewinne mit dem Umsatz und der Umsatz mit der Inflation wachse. „Somit kann man der Inflation sogar entgegenwirken.“
Doch stehe und falle eine Dividendenstrategie mit der Auswahl der richtigen Titel. Welches Unternehmen ein nachhaltig guter Dividendenzahler sei, lasse sich aber nicht einfach anhand weniger Kennzahlen feststellen. „Sucht man Nachhaltigkeit und wenig Schwankungsbreite bei den Auszahlungen, so empfiehlt sich unseres Erachtens derzeit der Fokus auf zwei Kenngrößen“, so Jesch. „Mit einer Dividendenrendite von 1 bis 6% und Ausschüttungsquoten von 30 bis 80% (abhängig vom Reifegrad der Firma) ist man in der Vergangenheit ganz gut gefahren.“ Vor allem werde man damit nicht von überzogenen Dividendenversprechen enttäuscht.