IM INTERVIEW: CORINNE MOLITOR, ICFA

Ein Beschleuniger für Green Finance

Luxemburg hilft Initiatoren von Klima- und Umweltprojekten auf die Sprünge - Fondsförderung mit Kapital und Know-how - Positive Resonanz auf Pilotprojekt

Ein Beschleuniger für Green Finance

– Frau Molitor, Luxemburg hat den International Climate Finance Accelerator ins Leben gerufen. Was ist die Intention?Wir wollen unsere Finanzexpertise, die wir bei Fonds und nachhaltigen Investments haben, mit unseren Initiativen und Projekten im Bereich der Klima- und Umweltfinanzierung kombinieren. ICFA unterstützt Fondsmanager, die zum ersten oder zweiten Mal einen Fonds auflegen, der im Bereich von Klima- beziehungsweise Umweltfinanzierungsprojekten aktiv werden möchte. Diese Fondsmanager brauchen dahingehend Unterstützung, dass dieser Fonds die optimale Struktur und Aufstellung gemäß den jeweiligen Fondszielen bekommt.- Wer steht hinter ICFA? Wer sind Kapitalgeber beziehungsweise Mitglieder?Die Idee dafür hatten Mitglieder unserer Climate Finance Task Force. Dazu gehören die beiden großen Anwaltskanzleien hier in Luxemburg, Arendt & Medernach sowie EHP, die vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Beratungsunternehmen PwC, EY, KPMG und Deloitte sowie Innpact, eine private Beratungsfirma in Sachen Impact Finance und LMDF, das ist ein Mikrofinanzfonds, der von Luxemburg aus gemanagt wird. Diese Vertreter haben dem luxemburgischen Finanz- und Umweltministerium den Vorschlag eines sogenannten Accelerators unterbreitet, der bei diesen Ministerien viel Anklang fand und die deshalb zusammen mit den genannten privaten Institutionen dieses Public Private Partnership ins Leben gerufen haben. Mit ins Boot kam dann auch noch Luxflag, die Label-Agentur für grüne und nachhaltige Investments. Die Finanzierung der Aktivitäten von ICFA kommt vom Finanz- und Umweltministerium. Auf der operationalen Ebene bringen sich dann die privaten Institutionen ein und bieten ihre Aktivitäten den Gründern zu einem Discount an. Und einen Teil ihrer Arbeit machen sie auch pro bono.- Wie sieht die Art der Förderung von Unternehmen und Projekten im Bereich Klima-/Umweltschutz aus?Es gibt zunächst einmal ein Selektionsverfahren, das der Fondsmanager durchlaufen muss, um generell als Fördermitglied ausgewählt werden zu können. Im Anschluss wird er in ein Unterstützungsprogramm aufgenommen, in dem es verschiedene Varianten der Förderung gibt. Er wird also Teil dieses Ökosystems und hat darüber einen sehr viel leichteren Zugang zu den öffentlichen und privaten Institutionen und ihren angebotenen Leistungen. Des Weiteren bekommt er einen Coach zugeteilt, der mit ihm dann gemeinsam sämtliche Bereiche seiner Aktivitäten durchleuchtet und somit screent, wo er noch Unterstützung benötigt. Entweder kann der Coach dann schon direkt eingreifen und helfen, oder er stellt Kontakte zu den entsprechenden Institutionen her.- Und sonst?Des Weiteren bieten wir Workshops an, in denen die Teilnehmer zum einen in Sachen Klima- und Umweltfonds Inhalte präsentiert bekommen. Zum anderen erhalten sie dort aber auch eingehende Schulungen zu Fondsmanagement, Risikomanagement, Fundraising, Pipeline-Management et cetera. Das wird komplett von Vertretern aus der Praxis geleitet.- Gibt es auch finanzielle Unterstützung?Ja, die Fondsmanager bekommen einen finanziellen Rahmen im Umfang von 80 000 Euro als Vorfinanzierung, den sie für unterschiedliche Aspekte nutzen können, angefangen bei rechtlicher Beratung über Reporting bis hin zum Impact Management. Über diesen Betrag können sie im Rahmen des Projektes vollkommen frei verfügen. Daneben erhält der Fondsmanager aber auch noch ein sogenanntes Operating Capital von 200 000 Euro. Das ist ein Kredit mit einer Laufzeit von fünf Jahren, der über die Management Fee zurückfließen soll. Mit diesem Geld können sie die Zeitspanne von der Fondsidee bis zur Auflegung des Fonds und der Erzielung erster eigener Einkünfte – zum Beispiel über die Management Fee – überbrücken. Daraus können sie dann auch ihr Team, das Fundraising und den Ausbau der Investment Pipeline bezahlen.- Wo wird überall gefördert oder Anschubhilfe geleistet? Werden nur in Luxemburg ansässige Unternehmen beziehungsweise Projekte gefördert, oder findet das auch international statt?Es gibt keinerlei Beschränkungen bezüglich der Nationalität des Fondsmanagers oder hinsichtlich der später stattfindenden Investitionen. Bei den Investments muss es sich aber um klimarelevante Investitionen handeln. Das fassen wir zusammen unter Förderung der erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, sogenanntes Mitigation Finance – also Maßnahmen zur Milderung des Klimawandels -, Finanzierungen von Anpassungen an Klimaveränderungen, Wiederaufforstungsprojekte sowie Projekte gegen Wüstenbildung oder -ausbreitung, die unter dem Begriff REDD+ zusammengefasst werden. Diese Aktivitäten können in Entwicklungsländern, aber auch entwickelten Ländern stattfinden. Bei den Fondsmanagern haben wir es mit einem breiten Spektrum an Nationalitäten zu tun. In der diesjährigen Gruppe des geförderten Personenkreises sind Deutsche, Franzosen, US-Amerikaner, Kanadier und etwa Norweger.- Was streben Sie darüber hinaus an?Der ICFA strebt an, dass es zu einem intensiven Kontakt der Fondsmanager untereinander kommt und sich diese hier in Luxemburg bei den Workshops treffen. Wir wollen dort ein partnerschaftliches Umfeld schaffen, von der dann auch die Gruppe der geförderten Personen – also die neuen Fondsmanager – im Folgejahr profitieren kann. Diese Personen leisten dann selbst auch wiederum einen Input in Sachen Klimafinanzierung und was in diesem Zusammenhang sinnvoll ist.- Werden nur Klima-/Umweltschutzprojekte gefördert oder auch Projekte in anderen Bereichen wie Müllentsorgung, Abwasseraufbereitung, Smart City et cetera oder ist so etwas ausgeschlossen?Die Kriterien des ICFA bezüglich einer etwaigen Förderung sind die gleichen Kriterien wie die des Luxflag Climate Finance Label. Das ist komplett kohärent. Diese Kriterien sind ebenso wie die unterschiedlichen Bereiche, in denen Aktivitäten stattfinden können, detailliert auf unserer Webseite zu finden. Climate Finance ist insofern ein sehr weit gefasster Begriff. Müllentsorgung oder etwa die Abwasseraufbereitung gehört ganz klar dazu. Eingeschlossen sind auch Schulungs- beziehungsweise Erziehungsprogramme in Sachen Umweltschutz.- Wie sieht ein typisches Projekt aus, für das eine ICFA-Förderung in Betracht kommt? Worauf wird geachtet und was wird ausgeschlossen?Sämtliche Projekte, die hier vom ICFA gefördert werden, investieren alle in nicht börsennotierte Unternehmen oder Projekte. Wir fördern also keinerlei Projekte, die in börsengehandelte Aktien oder gelistete Anleihen investieren. Denn wir sind der Ansicht, dass in diesen Bereichen eine Unterstützung des ICFA nicht erforderlich ist. Wir wollen innovative Projekte fördern, die mit einem hohen Impact im Umweltbereich verbunden sind. Hier geht es vielfach um Investitionen in kleinere Unternehmen beziehungsweise kleinere Projekte, die aber einen direkten Umwelteinfluss zeigen.- Worauf achten Sie besonders?Wir achten sehr genau darauf, dass der Fondsmanager mit einer soliden Impact Investment Strategie zu uns kommt. Das beinhaltet, dass er ausgearbeitet hat, wo er ganz konkret einen Impact erzielen will zum Beispiel im Bereich der CO2-Reduktion oder in Hinblick auf angestrebte Kubikmeter geklärtes Wasser. Dazu müssen dann auch konkrete Indikatoren vorliegen, wie dieser Impact gemessen wird. Der Impact muss dann auch über die gesamte Laufzeit der Investition gemanagt werden. Der Fonds muss für sich selbst auch eine klare ESG-Strategie haben, muss also selbst Umweltkriterien, Sozial- und Governance-Aspekte klar berücksichtigen. Alle drei Bereiche ESG müssen berücksichtigt werden, wobei der Klimaaspekt am stärksten betont wird.- Wie ist ICFA aufgestellt im Hinblick auf Personal und erforderliche Infrastruktur?ICFA ist ein Pilotprojekt, das Anfang dieses Jahres gestartet wurde. Wir haben im Februar eine Initiative, das heißt einen Call for Proposal, gestartet und waren sehr positiv überrascht, dass wir gleich 25 Projektanfragen für eine etwaige Förderung bekommen haben. Wir haben eine sehr schlanke Struktur, denn wir wollten erst mal testen, wie der Markt auf die Idee des ICFA reagieren wird, wie viel Anklang das in der Community finden wird. Deshalb hat der ICFA kein eigenes Personal. Wir haben einen sogenannten Accelerator-Agent. Dabei handelt es sich um Innpact. Ich bin mit einem weiteren Mitarbeiter zusammen hier, um die Arbeit der Fondsmanager zu unterstützen. Ansässig sind wir im House of Startups und nutzen damit das Gebäude und somit auch die Office-Strukturen sowie die angebotenen Services, die dann auch den Fondsmanagern offeriert werden.- Wie sind Sie im Hinblick auf Ihre Mitglieder und in Sachen Gewinnverwendung aufgestellt?Wir haben unsere elf Mitglieder in einem gemeinnützigen Verein organisiert. Dieser Verein ist der einzige Anteilseigner einer GmbH. Diese kommerzielle Gesellschaft wird aber die Statuten einer “Societal Impact Company” erhalten, die sich der Erreichung von Zielen in Umwelt und Soziales verschrieben hat. Der gesamte erzielte Ertrag wird in der GmbH verbleiben, es finden keinerlei Ausschüttungen in Form von Dividenden oder Ähnlichem an den Anteilseigner statt, sondern die in der Zukunft zurückfließenden Gelder werden dann wieder für die nächste Generation von zu fördernden Fondsmanagern verwandt.- Wie viele fördern Sie pro Jahr?Für dieses Jahr hatten wir uns die Förderung von vier Fondsmanagern vorgenommen, im nächsten Jahr sollen es dann zwei Gruppen – unsere sogenannten Kohorten – zu je vier Fondsmanagern sein. Ende 2019 wollen wir dann also bei insgesamt zwölf geförderten Fondsmanagern angekommen sein. Denn unsere Intention besteht darin, noch sehr viel mehr Gelder in die Investitionen von Klima- und Umweltschutzprojekten zu lenken. Zudem wollen wir sehr viele Projekte unterschiedlichster Ausrichtungen fördern, denn das Thema Klima- und Umweltschutzfinanzierungen ist naturgemäß sehr breit gefächert. Unsere Gesellschaft muss heute Anstrengungen in vielen unterschiedlichen Bereichen unternehmen. Erfolgskriterien sind für uns die Zahl der Fonds und der Fondsmanager, die wir unterstützt haben und vor allem auch die Volumina der Assets under Management, die in diesen Bereichen investiert werden konnten und die dann auch mit einem konkreten Impact verbunden sind.- Welchen Mehrwert bringt Luxemburg in dieser Hinsicht, welchen Mehrwert bringt eine Aufnahme in ICFA?Es gab vor ICFA schon Initiativen, die Projekte fördern. Es gab aber keine Initiative, welche die Fondsmanager förderte, also diejenigen Intermediäre, die zwischen Investoren und Projekten stehen. Und wir haben festgestellt, dass der Bedarf vorhanden ist, genau diese Intermediäre im Bereich Klimafinanzierung aufzubauen, damit wir eben auch mehr Investitionen in die Klimafinanzierung bewerkstelligen können. Fonds erachten wir als das optimale Instrument, um diese Aktivitäten anzugehen, weil man eine Risikosteuerung und andere Aspekte des klassischen Fondsgeschäfts zur Verfügung hat. Luxemburg hat eine Expertise im Fondsgeschäft, denn wir verwalten hier in Fonds mittlerweile mehr als 4 Bill. Euro. Wir haben zudem rein rechtlich auch die Möglichkeit, öffentliche Investoren in solche Fonds, in sogenannte Blended Finance Strukturen, investieren zu lassen, so dass das Risiko nicht komplett von privaten Anlegern getragen werden muss. Es gibt somit einen sehr attraktiveren Rahmen für die Investments, den wir hier von Luxemburg aus bereitstellen können.—-Das Interview führte Kai Johannsen.