Ein China-Kracher zieht an den Anlegern vorbei
Von Norbert Hellmann, SchanghaiDer furiose Börsenauftakt des chinesischen Internetkonzerns Alibaba wird im Reich der Mitte mit einem lachenden und einem weinenden Auge verfolgt. Dass die Erfolgsgeschichte des dominierenden E-Commerce-Anbieters zum größten Initial Public Offering (IPO) an der Wall Street führt und Alibaba den Weg zu einem globalen Auftritt im Internetsektor Seite an Seite mit Namen wie Google, Facebook oder Amazon führt, wird als Triumph chinesischen Entrepreneurgeists und Symbol für ein Mithalten Chinas im Technologiesektor verstanden.Für Chinas spekulationsverrückte Kleinanleger, die über 80 % der Marktkapitalisierung an den Börsen des Festlands stellen, steht jedoch das Bedauern im Vordergrund, dass sie am Kursfeuerwerk der Alibaba-Aktie gar nicht oder nur auf sehr verschlungenen Pfaden partizipieren können. Chinesische Kapitalverkehrsbeschränkungen führen unweigerlich dazu, dass die Anleger im Reich der Mitte keine Wertpapierengagements auf ausländischen Märkten beziehungsweise in Fremdwährung denominierten Titeln tätigen können.Theoretisch gibt es zwar Möglichkeiten, über ein Quotenprogramm zur vorsichtigen Lockerung von wertpapierbezogenenen Kapitalverkehrsregeln unter dem Stichwort Qualified Domestic Investors via Vermögensverwaltungsfirmen auch ausländische Engagements zu tätigen. Hier haben jedoch nur wohlhabende Investoren ein Entree, von komplizierten Genehmigungsverfahren einmal abgesehen. Gleiches gilt für die Möglichkeit via Offshore-Konten. Schwung für den MarktIndirekt allerdings bringt das IPO von Alibaba dennoch ein wenig Schwung in den chinesischen Aktienmarkt. Der CSI 300 Index der größten an den Börsen Schanghai und Shenzhen notierten Werte konnte am Freitag vor dem Handelsstart der Alibaba-Aktie um 0,9 % zulegen, der Subindex CSI 300 Information Technology ist in den letzten Tagen noch kräftiger vorangekommen. Analysten in China verweisen aber darauf, dass sich der Alibaba-Effekt auf anderem Wege bemerkbar macht. Dabei muss man vor allem Unternehmen im Auge behalten, die mit Alibaba in geschäftlicher Verbindung stehen oder besser noch mit einer wie auch immer winzigen Beteiligung am Objekt der Begierde beteiligt sind. Beispiele für erstere Kategorie sind Unternehmen wie Hundsun Technologies, ein Entwickler von Finanzsoftware, der in Verbindung mit Alibabas Nebengeschäften im Bereich Online-Finanzdienste steht. Diese Aktie konnte im Lauf des Septembers um gut 25 % zulegen, was Marktbeobachter auf den Sogeffekt des Hypes um ein erfolgreiches Debüt von Alibaba zurückführen.Selbst außerhalb des Technologiebereichs gibt es frohe Kunde zu vermelden, insbesondere bei Logistikunternehmen, die mit der Abwicklung des schwunghaften Online-Versandgeschäfts via Alibabas Plattformen befasst sind. China Shipping Container Lines etwa, deren Muttergesellschaft bei internationaler Seefrachtlogistik mit Alibaba kooperiert, konnte in den letzten Wochen um über 20 % zulegen und sich damit vom flauen Trend in der Branche abheben.Ein interessantes “Proxy” für die Alibaba beschert auch der chinesische Sportartikelhersteller China Dongxiang Group. Dort hatte das Management die kluge Eingabe, sich bereits im Jahr 2011 mit einer Beteiligung von 0,3 % für immerhin 100 Mill. Dollar über einen vom Alibaba-Gründer Jack Ma geführten Private Equity Fonds bei Alibaba einzukaufen. Der Wert der Beteiligung dürfte sich nun etwa versechsfacht haben. Die Marktkapitalisierung der Gesellschaft dürfte künftig wesentlich mehr mit dem Auf und Ab der Alibaba-Aktie als mit dem nicht mehr sonderlich profitablen Sportartikelgeschäft zu tun haben. Der Titel gibt einen besonders hübschen Alibaba-Tracker ab.