TECHNISCHE ANALYSE

Ein Index will wieder nach oben

Von Christian Henke *) Börsen-Zeitung, 15.7.2020 Den heimischen Anlegern dürfte seit Mitte März ein großer Stein, wenn nicht sogar ein ganzes Gebirge vom Herzen gefallen sein. Die durch Covid-19 verursachten Kursverluste waren massiv. Die...

Ein Index will wieder nach oben

Von Christian Henke *)Den heimischen Anlegern dürfte seit Mitte März ein großer Stein, wenn nicht sogar ein ganzes Gebirge vom Herzen gefallen sein. Die durch Covid-19 verursachten Kursverluste waren massiv. Die Börsenwelt hatte sich Ende Februar schlagartig verändert. In den letzten Wochen ging es für den deutschen Leitindex wieder aufwärts. Anfang Juni war sogar die psychologische Marke bei 13 000 Punkten in Sichtweite.Allerdings gab und gibt es immer wieder Störfeuer durch das Coronavirus. Immer wieder machen sich Marktteilnehmer Sorgen über die Rekordstände bei den Neuinfektionen in den USA und die daraus resultierende Angst vor einer weltweiten Konjunkturschwäche Die Pandemie dürfte die Finanzmärkte noch eine Weile beschäftigen. Des Weiteren dürfte die in den USA beginnende Berichtssaison große Beachtung finden. Widerstände vorausWir wollen nun einen Blick auf den Kursverlauf des Dax werfen. Im Tageschart nähert sich das heimische Börsenbarometer einem wahren Widerstandsbollwerk. Die erste Hürde ist das jüngste Verlaufshoch bei 12 662 Punkten von Anfang Juli 2019. Am Dienstag notiert der Dax darunter. Anschließend wartet auf dieser Zeitebene das Hoch bei 12 842 Punkten vom 6. Juli dieses Jahres. Die eigentlichen Widerstände kommen dann aber noch. Dies sind die beiden Zwischenhochs bei 12 859/12 913 Punkten von Anfang Juni. Knapp darüber liegt die horizontale Widerstandslinie bei rund 12 950 Punkten.Die bereits eingangs erwähnte “runde” Zahl bei 13 000 Punkten stellt die letzte Hürde dar. Erst dann könnte der Weg bis zum Allzeithoch bei 13 789 Punkten eingeschlagen werden. Es könnte jedoch noch weiter gen Norden gehen. Der Dax hat seit Anfang Juni ein aufsteigendes Dreieck gebildet. Gelingt der nachhaltige Bruch der oberen Begrenzung der genannten Fortsetzungsformation nach oben, bestünde aus charttechnischer Sicht Kurspotenzial bis 14 400 Punkte. Zugegeben, ein weit entferntes Ziel. Mehrere SichtweisenIm Folgenden wollen wir uns mit drei Handelsansätzen die Wahrscheinlichkeit weiter steigender Notierungen anschauen. Den Anfang macht das Trendausbruchsverfahren. In diesem Fall wird die Performance in den zurückliegenden fünf, zwanzig, achtunddreißig und fünfzig Handelstagen angeschaut. Der aktuelle Schlusskurs sollte über den Eröffnungskursen der genannten Zeitabschnitte liegen. Demnach befindet sich der Index in einem Aufwärtstrend. Umgekehrt hält sich der Kurs des Basiswertes in einem Abwärtstrend auf, wenn der Schlusskurs unter den Eröffnungskursen auf Sicht der vergangenen fünf, zwanzig, achtunddreißig und fünfzig Handelstagen liegt. Hierbei ist wichtig, dass die Performance der letzten zwanzig, achtunddreißig und fünfzig Tage den eigentlichen Trend darstellt. Die jüngste Performance, also auf Basis der letzten fünf Tage, wird für das Timing verwendet. Kurzfristig steht die Ampel zurzeit auf Gelb. Zwei Durchschnitte Im zweiten Verfahren kommen zwei gleitende Durchschnitte zum Einsatz. Die auch als Cross-over-Ansatz bekannte Strategie berücksichtigt die beiden exponentiellen 10- und 50-Tage-Glättungslinien. Die Schnittpunkte zwischen dem Kurs und der Durchschnittslinie werden nicht beachtet. Weitaus wichtiger ist, wenn der kürzere Durchschnitt die längere Linie von oben nach unten bzw. von unten nach oben kreuzt. Bei der Variante mit den einfachen Glättungslinien der letzten 50 und 200 Tage dürften die Begriffe “Todeskreuz” und “Goldenes Kreuz” bekannt sein. Unter Tradern ist die Periodenlänge 10 und 50 Tage sehr beliebt. Ende Mai hat der kürzere Durchschnitt die längere Linie von unten nach oben gekreuzt. Seitdem steht die Ampel auf Grün. Zumal die beiden Durchschnittslinien bei aktuell 12 546/11 983 Punkten als Unterstützungen fungieren. Beliebtes Indikatoren-Modell Das dritte Handelssystem besteht aus vier Indikatoren, die zwar schon ihre Jahre auf dem Buckel haben, dennoch bis zum heutigen Tag äußerst effektiv sind. Mitglieder des Quartetts sind der exponentielle gleitende Durchschnitt, das Momentum, der Relative-Stärke-Index (RSI) und der Williams %R, jeweils auf Basis der zurückliegenden fünfzig Handelstage. Entscheidend für Kaufsignale ist, dass der Schlusskurs des gleitenden Durchschnitts oberhalb der 50-Tage-Linie liegen muss. Das Momentum sollte oberhalb der Nulllinie aus dem Handel gehen, RSI und Williams %R über dem Wert von 50. Dies ist seit Ende Mai der Fall. Das Einstiegssignal hat unverändert Bestand. Erst wenn die vier “Dinosaurier” unter den genannten Werten schließen, würde die Ampel auf Rot springen. Es bleibt spannendEs gibt Tausende und Abertausende verschiedene Ansätze, den Dax zu analysieren. Wir haben uns für die drei beschriebenen Ansätze entschieden, die sich als profitabel herausgestellt haben. Dennoch hat die klassische Charttechnik ein Wort mitzureden. Der erwähnte Widerstandsbereich bei 12 859/ 13 000 Punkten muss signifikant aus dem Weg geräumt werden. *) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG Europe GmbH.