Ein konstruktiver Ausblick
Kreditwürdig
Unternehmensanleihen 2024: Ein konstruktiver Ausblick
Von Michael Klawitter *)
Investoren von Euro-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating blicken positiv auf das bisherige Jahr zurück. Die Papiere verzeichneten bislang einen Gesamtertrag von rund 4,5%. Dies übertrifft die Performance im Segment der Euro-Staatsanleihen (2,5%) klar. Mit mehr Risiko konnten Anleger noch höhere Erträge auf der Anleiheseite erzielen: Euro-denominierte High-Yield-Anleihen performten seit Jahresanfang mit etwa 8%. Doch reicht der positive Rückblick auch für einen ertragreichen Blick in die Zukunft? Es spricht einiges dafür, dass Unternehmensanleihen auch 2024 eine positive Performance aufweisen und Staatsanleihen im Gesamtertrag erneut übertreffen werden.
Wie schon in diesem Jahr sollte die Konjunktur in der Eurozone auch 2024 nur ein schwaches Wachstum aufweisen, wobei der Tiefpunkt des Zyklus inzwischen durchschritten sein dürfte. Deutschland bleibt aufgrund der überproportionalen Bedeutung der verarbeitenden Industrie und der durch die energetische Transformation anstehenden Strukturbrüche das schwächste Glied in der Wachstumskette. Für die USA, wo das Wachstum im bisherigen Jahresverlauf nach oben überraschte, überwiegt am Markt die Überzeugung, dass trotz der hohen Leitzinsen der US-Notenbank 2024 eine „sanfte Landung“ der US-Wirtschaft gelingen wird und echte Rezessionssorgen unbegründet sind.
Hohe Finanzierungskosten
Zwar haben die Zentralbanken in den USA und der Eurozone seit 2022 die Zinsen im Rekordtempo angehoben, und die Realrenditen sind inzwischen durchweg wieder positiv, doch sind diese Impulse bisher nur gedämpft bei den Unternehmen angekommen. Ausschlaggebend dafür ist, dass die Wirkung der ultraexpansiven Geldpolitik der Vergangenheit weiterhin nachhallt.
So konnten sich Unternehmen mit Investment-Grade-Rating zwischen 2015 und Ende 2021 aufgrund der ultraexpansiven Geldpolitik der EZB im Durchschnitt zu 0,65% in Euro am Anleihemarkt refinanzieren, wobei sich die Laufzeit der ausstehenden Anleihen verlängerte. 2020 und 2021, als die Geldpolitik der EZB ihre expansivste Phase durchlief, stieg die Laufzeit der neu begebenen Unternehmensanleihen zeitweise im Durchschnitt auf mehr als sieben Jahre an. Entsprechend sind die zu refinanzierenden Anleihefälligkeiten aktuell weiterhin moderat. Daran wird sich auch 2024 (noch) nicht viel ändern. Die vielfach zitierte Fälligkeitswelle wird erst 2025 und 2026 spürbar werden. Aufgrund der hohen Inflation der vorigen Jahre sind Umsätze und Cashflows der Unternehmen deutlich gestiegen, so dass das Verhältnis zwischen Zinskosten und Cashflow in vielen Fällen unter den Niveaus des Jahres 2022 liegt. Dies begrenzt bei vielen Unternehmen die Gefahr einer deutlichen Bilanzverschlechterung und damit die Befürchtung eines Anstiegs von Unternehmensausfällen. Entsprechend könnte sich der seit 2022 feststellbare Trend der Ratingverbesserung bei Unternehmen mit Investment-Grade-Rating auch 2024 fortsetzen. Die aktuellen Renditeaufschläge von Unternehmensanleihen über Swaps von knapp 100 Basispunkten (BP) erscheinen damit durchaus adäquat. Gegenüber Euro-Staatsanleihen liegt der Renditeaufschlag bei 150 BP, deutlich über dem Durchschnitt zwischen 2014 und Ende 2021 (114 BP).
Bewegung bei High-Yields
Etwas differenzierter ist die Einschätzung für Unternehmen aus dem High-Yield-Universum. Hier ist die durchschnittliche Restlaufzeit ausstehender Anleihen mit 3,6 Jahren deutlich kürzer, entsprechend höher ist schon jetzt der Refinanzierungsdruck zu den aktuell hohen Konditionen. Es kann also nicht überraschen, dass es bereits 2022 und 2023 bei Unternehmen aus dem High-Yield-Bereich auf beiden Seiten des Atlantiks zu mehr Ratingbewegungen nach unten als nach oben kam. Allerdings erfolgt die (leichte) Rating-Eintrübung vor dem Hintergrund, dass Kreditausfälle weiterhin auf historisch sehr niedrigen Niveaus stehen. Zudem gehen sie einher mit überdurchschnittlichen Renditeaufschlägen von mehr als 400 BP, die über Swaps bei absoluten Renditen bei mehr als 8% lagen.
Inverse Euro-Zinskurve
Die großen Performanceunterschiede zwischen Staats- und Unternehmensanleihen in diesem Jahr resultieren zum einen aus den hohen Spread-Aufschlägen und zum anderen aus der unterschiedlichen Restlaufzeit der in den jeweiligen Anleiheindizes enthaltenen Wertpapiere. Anleihesegmente wie Euro-Staatsanleihen mit einer langen Restlaufzeit (durchschnittlich etwa 8,5 Jahre) sind dabei gegenüber Unternehmensanleihen, die kürzere Laufzeiten aufweisen, im Umfeld einer inversen Zinskurve benachteiligt. 2024 spricht einiges dafür, dass die Euro-Kurve invers bleibt. Zwar dürfte die EZB den Zinsgipfel bei 4% für den Einlagensatz erreicht haben, doch lassen die Äußerungen fast aller EZB-Ratsmitglieder bei weiterhin hoher Kerninflation und kräftigem Lohndruck keine Bereitschaft für eine schnelle Zinswende im kommenden Jahr erkennen.
Stabile hohe Leitzinsen sprechen für verhaltene Volatilität im vorderen Kurvenbereich, während bei längeren Laufzeiten u.a. die Auswirkungen des Bilanzabbaus der EZB zu vermehrter Renditevolatilität führen können. Der Laufzeitbereich zwischen drei und fünf Jahren sollte damit unter Risiko-Chancen-Gesichtspunkten attraktiv bleiben. Zusammen mit adäquaten Risikoaufschlägen sollten Unternehmensanleihen 2024 ohne ein deutlich schwächeres Konjunkturbild als erwartet erneut einen klar positiven Ertrag und eine Outperformance gegenüber Staatsanleihen aufweisen.
*) Michael Klawitter arbeitet im Floor Research der DekaBank.