Blended Finance

Eine neue Anlage­klasse für institutionelle Investoren

Blended-Finance-Strategien nutzen öffentliche Entwicklungsfinanzierung, um Privatkapital zu finanzieren. Sie stellen einen Weg dar, um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen.

Eine neue Anlage­klasse für institutionelle Investoren

Zu Beginn ein paar guten Nachrichten: Die UN-Klimakonferenz COP 26 im schottischen Glasgow Ende des vergangenen Jahres hat mehreres sehr deutlich gemacht. Erstens, dass es in der Weltgemeinschaft mittlerweile eine überwältigende Bereitschaft zum Kampf gegen den Klimawandel und zur Unterstützung der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) gibt. Zweitens, dass sich sowohl die öffentlichen Hände als auch der Privatsektor weltweit verpflichtet haben, die hierfür notwendigen Finanzmittel aufzubringen – es geht um mehrere Billionen Dollar. Und drittens schließlich herrscht ein weitgehender Konsens darüber, dass Maßnahmen in der industrialisierten Welt allein nicht ausreichen werden. Vielmehr kommt es gerade auch in den weniger entwickelten Ländern der Welt darauf an, eine Weichenstellung in Richtung mehr Nachhaltigkeit zu finanzieren.

So weit, so gut – doch hier wird es nun etwas komplizierter. Gerade die Finanzierung derartiger Projekte in Entwicklungsländern bringt Probleme mit sich. Öffentlich bereitgestellte Gelder decken hierfür bei weitem nicht den Bedarf ab, für privatwirtschaftliche Investitionen hingegen gibt es zwei wesentliche Hindernisse: Risikoüberlegungen und die Frage des Marktzugangs. So ist es institutionellen Anlegern aufgrund regulatorischer Vorgaben zu­meist höchstens in geringem Umfang möglich, in Länder mit einem Sub-Investment-Grade-Rating zu investieren. Die Folge: 97% der Anleiheportfolios europäischer Versicherungen sind in der entwickelten Welt angelegt, nur ganze 3% des Investitionsvolumens gehen in Entwicklungs­länder.

Marktzugang schwierig

Hinzu kommt das Problem des Marktzugangs: Investments über geregelte Märkte wie Börsen in Entwicklungsländern kommen zu einem guten Teil dem Finanz- sowie dem Immobiliensektor zugute, die aber vielerorts nicht die Treiber des Wirtschaftswachstums sind. Viel wichtigere Sektoren wie Infrastruktur und Landwirtschaft, aber auch der regionale Mittelstand, gehen hingegen weitgehend leer aus.

Blended Finance kann hier helfen. Unter Blended Finance versteht man die strategische Nutzung öffentlicher Entwicklungsfinanzierung und/oder philanthropischen Fördermitteln zur Mobilisierung privatwirtschaftlichen Kapitals. Derartige Strategien bringen öffentliche und private Gelder in einer risikogestaffelten Struktur zusammen und investieren in Projekte, die auf das Erreichen der SDGs in Entwicklungsländern ausgerichtet sind. Dies ermöglicht institutionellen Anlegern, dort wirkungsorientierte Investitionen – sogenannte Impact Investments – zu tätigen und gleichzeitig eine attraktive Zielrendite zu erwirtschaften.

Konkret besteht eine Blended-Finance-Strategie aus zwei Kapitalpositionen, einer „Junior“- und einer „Senior“-Position. Die öffentlich finanzierte Junior Position fängt die ersten Verluste auf. Ihr gegenüber ist die privatwirtschaftlich finanzierte Senior Position vorrangig. Eine derartige „First-Loss-Struktur“ ist der Schlüssel, um das Risiko für Institutionelle zu verringern und ein Investment-Grade-Profil zu erreichen. Im Portfolio wird eine hinreichende Diversifikation der Investitionsprojekte angestrebt, so dass das Kapital der Junior-Position als angemessener Risikopuffer ausreicht und die Volatilität der Renditen für die Senior-Position reduziert wird.

Allianz Global Investors (Allianz GI) verfügt seit mittlerweile fünf Jahren über Erfahrungen mit Blended Finance. Ein zentrales Element hierbei sind Partnerschaften. Erstens, mit Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen, um von deren lokaler Präsenz, der langjährigen Investmenterfahrung, dem Zugang zu attraktiven Projekten mit Impact-Charakter und ihrem Wissen über ESG-Risikominderung zu profitieren. Eine zweite Gruppe von Partnern sind die öffentliche Hand und wohltätige Geber-Institutionen. Deren Einbindung als Erstverlust-Träger ermöglicht die Risikoreduktion, die für ein Engagement der dritten Gruppe – privatwirtschaftliche Institutionelle – erst die notwendige Bedingung ist. Bei Blended Finance geht es somit um einen Multi-Stakeholder-Ansatz.

2017 wurde so in Zusammenarbeit mit der zur Weltbank-Gruppe gehörenden International Finance Corporation und der Swedish International Development Cooperation Agency (SIDA) ein Vehikel für Infrastrukturinvestments in Emerging Markets aufgelegt. Während COP 26 wurde das Zielvolumen dieses Fonds auf 1 Mrd. Dollar verdoppelt, mit dem Ziel, auch landwirtschaftliche und Mittelstandsprojekte zu finanzieren.

Hohe Finanzierungszusagen

In Deutschland wurde 2019 indes in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der KfW der Africa-Grow-Dachfonds aufgelegt. Dessen Ziel ist, über lokale Fonds kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups in Afrika zu finanzieren, um eine wirtschaftliche, nachhaltige und soziale Entwicklung zu fördern. Insgesamt konnte AllianzGI mittlerweile mehr als 2 Mrd. Dollar an Finanzierungszusagen für Blended-Finance-Strategien einwerben.

In einem nächsten Schritt werden wir eine Blended-Finance-Strategie anbieten, die nicht mehr exklusiv nur mit einem oder wenigen Partnern zur Entwicklungsfinanzierung zusammenarbeitet. Vielmehr wird durch eine offene Plattform das Sourcing, also die Projektselektion, vom Tragen des Erstverlustes getrennt und auf mehrere Schultern verteilt. Dies reduziert die Komplexität und ermöglicht ein schnelleres Aufsetzen der Strategie. Zielinvestments werden Nachhaltigkeitsprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern sein, die auf Klimaschutz und die Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel abstellen.

All dies zeigt: Als öffentlich-private Finanzierungspartnerschaft mit geeigneter risikogestaffelter Strukturierung ermöglicht Blended Finance die Bereitstellung der in den Schwellen- und Entwicklungsländern dringend benötigten Gelder, um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu verfolgen. Institutionellen Anlegern bietet sich durch diese neue Anlageklasse ein deutlich breiteres Universum für wirkungsorientierte Investments, und das in der von ihnen gewünschten oder benötigten Risikoklassifizierung.

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Ein guter Einstiegszeitpunkt für Lokalwährungsschwellenländeranleihen (227), Berenberg

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