„Die Commerzbank-Aktie ist ein Spekulationsobjekt geworden“
Im Gespräch: Georg von Wallwitz
„Uns gefallen Unternehmen wie SAP und Siemens“
Der Top-Vermögensverwalter über die Commerzbank-Aktie, attraktive Einzelwerte und warum Dividendentitel weiter zulegen dürften
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Nach Meinung von Georg von Wallwitz würde eine Übernahme der Commerzbank Sinn machen. Der Vermögensverwalter stuft die Voraussetzungen für weitere Kursgewinne bei Aktien als günstig ein. In Deutschland favorisiert er Titel wie Siemens und MTU. Auch mit Anleihen könne man wieder gut Geld verdienen.
Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung in Frankfurt hat der renommierte Vermögensverwalter Georg von Wallwitz erläutert, warum die Situation an den Märkten für Aktien günstig ist. Auch zu Einzelwerten hat der erfahrene Portfoliomanager eine klare Meinung. „Die Commerzbank-Aktie ist ein Spekulationsobjekt geworden. Ein Kauf kommt für uns derzeit nicht infrage, weil die Aktie infolge der Übernahmebestrebungen bereits deutlich gestiegen ist“, erklärt von Wallwitz. „Die Upside, wenn es durchgeht, ist da relativ gering, die Downside, wenn es nicht klappt, erheblich.“ Natürlich wäre es nach Meinung des Top-Vermögensverwalters schön gewesen, wenn man die Aktie im Vorfeld der Übernahmebestrebungen gehabt habe.
Coba-Übernahme macht Sinn
Persönlich würde von Wallwitz schon davon ausgehen, dass das Ganze durchgeht. „Eine Übernahme würde Sinn machen, die Unicredit hat ja unter Beweis gestellt, dass sie auch deutsche Institute sehr gut managen kann“, sagt der Vermögensverwalter. Für den Finanzplatz Deutschland würde eine Übernahme der Commerzbank keinen großen Unterschied machen. Doch könne die deutsche Regierung natürlich dafür sorgen, dass der deutsche Einfluss in Mailand gegeben sei.
Ohnehin dürften auch deutsche Manager in Mailand sitzen und mitbestimmen, wenn das Geschäft in Deutschland nach einer Übernahme eine noch größere Bedeutung für die Unicredit habe. Das sei ja dann auch im eigenen Interesse der Unicredit.
Von Wallwitz war für die DWS und Hauck & Aufhäuser tätig und ist Gründer und Gesellschafter von Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement mit Sitz in München und Frankfurt. Eyb & Wallwitz ist einer der größten unabhängigen Vermögensverwalter in Deutschland und feiert in diesem Jahr das 20-jährige Jubiläum. „Die Voraussetzungen für weitere Kursgewinne an den Aktienmärkten sind günstig“, erklärt von Wallwitz, der als Lead-Portfoliomanager mehrere Investmentfonds wie das 1,7 Mrd. Euro schwere Erfolgsprodukt Phaidros Funds Balanced lenkt. „Wir befinden uns im Zinssenkungszyklus, und die US-Wirtschaft befindet sich in einem Soft Landing. Hinzu kommt die positive Entwicklung der Unternehmensgewinne, was die hohe Bewertung von US-Aktien stützt.“
Rücksetzer immer möglich
Der erfahrene Vermögensverwalter, der schon etliche Börsenzyklen erlebt hat, erläutert: „Einen Rücksetzer an den Aktienmärkten von rund 10% kann es immer geben. Eine größere Korrektur von 20% oder mehr erwarte ich nicht, schließlich haben wir einen Zinssenkungszyklus, da sind größere Rückschläge unwahrscheinlich.“ Bei amerikanischen Aktien gelte es, die positive Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft zu berücksichtigen. „US-Aktien sind zwar relativ hoch bewertet, dafür läuft die US-Wirtschaft auch sensationell gut.“
Von Wallwitz setzt auf aktives Vermögensmanagement und ein genaues Hinschauen. „Mich würde es nicht wundern, wenn die Kurse der Magnificent 7 eine Pause einlegen. Schließlich geben diese Unternehmen enorme Summen aus, und es ist noch nicht klar, ob das Geld, was in KI investiert wird, gut verzinst zurückkommt“, sagt der Investmentprofi. „Wir betrachten die Mag7 als Gruppe differenziert, sprich wir schauen auf die Einzelwerte. Durch die Zuflüsse in ETFs sind viele große Werte sehr teuer.“
Problematisch sei es am Aktienmarkt, zu teuer einzukaufen, dies habe sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt. „Wenn ich etwas kaufe, was schon sehr teuer ist, dann kann nach vorne die Rendite nicht mehr so hoch sein“, erklärt der Vermögensverwalter. Insbesondere gelte es jetzt, sich etwas breiter aufzustellen. „In den USA sind wir in mehreren Nebenwerten, die wir für attraktiv halten, investiert.“
„China meiden wir“
Der erfahrene Profi warnt: „ETF-Investoren springen zwar gerne darauf, was gerade Mode ist, aber auf Sicht von fünf bis zehn Jahren sind es meist schlechte Investitionen, wenn irgendwo zu viel Geld investiert wurde. Ein Beispiel dafür waren vor 20 Jahren die BRICS, da ist – aktuell Indien ausgenommen – auch wenig für die Anleger herausgekommen.“ Auch bei der Entwicklung in China ist er skeptisch. „Aktieninvestments in China meiden wir. Wir bezweifeln, ob ein staatlich verordneter Börsenboom auf Dauer funktioniert.“
Bei Aktien gelte es, immer das einzelne Unternehmen zu betrachten „Wir schauen auf die Einzelaktien, und da gibt es auch in den Emerging Markets überzeugende Titel. So halten wir zum Beispiel den südamerikanischen E-Commerce-Pionier und Platzhirsch Mercadolibre seit mehreren Jahren in unserem Aktienfonds“, erklärt von Wallwitz.
„Auf der Aktienseite investieren wir gemäß unseres Schumpeter-Ansatzes in Monopolisten und Herausforderer. In deutsche Autoaktien und in Stahltitel sind wir nicht investiert. Diese Branchen haben mit Überkapazitäten zu kämpfen und haben keinen Burggraben, der sie schützt“, erläutert der Börsenprofi. „Auch Tesla ist stark überbewertet, wenn die Robotaxis nicht erfolgreich sind.“
Gut aufgestellt
Von Wallwitz nennt auch Unternehmen, deren Aktien er favorisiert, darunter auch deutsche Titel. „Am deutschen Aktienmarkt gefallen uns Unternehmen wie SAP und Siemens. So profitiert Siemens stark von der Tendenz zur Automatisierung von Fabriken und ist weltweit gut aufgestellt“, analysiert der Fondsmanager. „Wir haben auch die MTU-Aktie übergewichtet. Denn das Unternehmen profitiert von einer hohen Nachfrage in der Flug- und Rüstungsindustrie.“
Als Vermögensverwalter, der insbesondere auch gemischte Portfolios steuert und stets auch die Risiken von Investments im Blick hat, investiert von Wallwitz auch in Festverzinsliche. „Mit Anleihen kann man inzwischen wieder gut Geld verdienen“, erklärt der Fondsmanager, der übrigens Mathematik und Philosophie studiert hat und regelmäßig Bücher über Finanz- und Wirtschaftsthemen veröffentlicht. „Dabei nutzen wir Staatsanleihen als Sicherheitspolster in unseren gemischten Portfolios.“
Treasuries-Rendite auskömmlich
Attraktiv seien auch amerikanische Staatsanleihen, wobei natürlich dabei das Währungsrisiko zu beachten sei. „Mit Renditen von über 4% bieten US-Treasuries aktuell eine auskömmliche Rendite“, erklärt von Wallwitz. „Bundesanleihen sind bei Renditen von 2% wenig attraktiv. Die Rendite von Bunds dürfte in Richtung 2,5% ansteigen, dann sind sie auch wieder interessant.“