Endlich wieder Renditen mit Anleihen: Ein Lichtblick für Pensionsfonds?
Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (308)
Anleiherenditen: Ein Lichtblick für Pensionsfonds?
Die ultralockere Geldpolitik der letzten Jahre hat die Märkte geprägt. Regierungen und Zentralbanken senkten die Zinsen drastisch und tätigten umfangreiche Anleihenkäufe im Rahmen der quantitativen Lockerung, was zu einer lang anhaltenden Phase niedriger Renditen geführt hat. Im Juni 2020 wiesen 80% der weltweit ausstehenden Anleihen eine Rendite von höchstens 2% auf, bei fast zwei Dritteln der Papiere lag die Rendite unter 1%. Pensionsfonds waren gezwungen, entweder niedrige Renditen zu akzeptieren oder auf Vermögenswerte mit längerer Laufzeit zu setzen. Auf der Suche nach Rendite zogen Pensionsfonds nun auch Immobilien, Rohstoffe, Private Debt und alternative Anlagen in Betracht.
In den letzten 15 Monaten hat sich das Umfeld jedoch verändert. Die Europäische Zentralbank hat die Zinsen zehn Mal in Folge erhöht, und sie stehen nun bei 4,5%, dem höchsten Stand seit 15 Jahren. Um bessere Renditen zu erzielen, müssen Anleger nun nicht mehr höhere Kreditrisiken, längere Laufzeiten oder eine geringere Liquidität in Kauf nehmen, denn festverzinsliche Anlagen stellen endlich wieder eine attraktive Option dar.
Trotz dieser positiven Entwicklung bleiben für Anleger wichtige Fragen unbeantwortet: Wie hoch ist das Rezessionsrisiko? Wann werden die Zentralbanken die Zinserhöhungen beenden? Kurzfristig höhere Zinsen wirken einer Verengung der Spreads entgegen, und es ist zu erwarten, dass die Zinsen und damit auch die Renditen für einige Quartale, wenn nicht sogar über Jahre hinweg, hoch bleiben werden. Es wird voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis die Zentralbanken ihre Inflationsziele erreichen. Obwohl der US-Verbraucherpreisindex im Juni nur noch um 3% gestiegen ist, was eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem letztjährigen Anstieg von über 9% darstellt, liegt der Wert immer noch über dem Zwei-Prozent-Ziel der Fed. In Großbritannien bleibt die Inflation mit 7,9% hartnäckig hoch, und in Europa lag sie im Juni noch bei 7,1%.
Die Frage ist also, ob und wie lange Zinsen und Renditen noch steigen werden. Selbst wenn es keine weiteren Zinsanhebungen gibt, sind wir von Lockerungen noch weit entfernt. Änderungen der Geldpolitik wirken sich immer verzögert auf die Wirtschaft aus, und die Zentralbanken werden die Zinsen daher nicht allzu schnell wieder senken. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Inflation erneut steigt.
Das Marktumfeld hat sich massiv verändert und bietet Anlegern Renditemöglichkeiten, die es in den letzten zehn Jahren so nicht gegeben hat. Wenn Pensionsfonds eine jährliche Nominalrendite von 3 bis 3,5% erzielen müssen, sind Staatsanleihen mit Renditen von 4 bis 5% und mehr wieder eine gute Wahl. Angesichts der Inflation ist jedoch ein Blick auf reale Renditen wichtig. So erhalten Anleger beispielsweise eine Realrendite von 0,88% für 10-jährige britische Staatsanleihen, während ihre US-Pendants eine reale Rendite von 2,17% bieten. US-Anleihen mit Investment-Grade-Rating liefern immerhin 3,72% und übertreffen damit gut bewertete Anleihen aus Europa (2,19%) und Großbritannien (2,47%). Unter den hochverzinslichen Anleihen sind ebenfalls die amerikanischen am höchsten: Sie erwirtschaften 6,69%. Aber auch europäische High-Yield-Anleihen bieten eine Realrendite von 5,78%.
Nachdem die Zinsen in den letzten zwölf Monaten rasant gestiegen sind, ist mit einer gewissen Volatilität an den Kreditmärkten zu rechnen, sobald sich die Zinserhöhungen bemerkbar machen – insbesondere wenn die Zinsen auf einem hohen Niveau verharren. Die Kreditauswahl, die damit verbundene Fundamentalanalyse sowie Research werden daher entscheidend für die Performance sein.
Obwohl kreditsensitive Sektoren zu Jahresbeginn volatil waren, stabilisierten sie sich in den letzten Monaten, und auch hochwertige festverzinsliche Wertpapiere entwickelten sich gut. Die meisten Märkte für festverzinsliche Wertpapiere sind langfristig gut bewertet, mit soliden Bilanzen, angemessenem Wachstum und guten Erträgen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die die Zeit des billigen Geldes genutzt haben, um sich zu refinanzieren. Insgesamt sind europäische Investment-Grade-Anleihen wahrscheinlich etwas besser bewertet als Hochzinsanleihen.