Enel hält Aktionäre bei Laune
Von Gerhard Bläske, MailandItaliens großer Energiekonzern Enel will in den kommenden drei Jahren vor allem die Investitionen in erneuerbare Energien und das Endkundengeschäft erhöhen sowie die Ertragskraft weiter verbessern. Die Ausschüttungsquote an die Anteilseigner soll schon von 2018 an dauerhaft bei 70 % des verfügbaren Nettogewinns liegen, wobei den Aktionären eine Garantiedividende versprochen wird. Die Dividendenrendite ist schon bisher mit 4,5 % recht attraktiv. Die Vorstellung des Dreijahresprogramms bis 2021 am Anfang der Woche in Mailand kam bei den Anlegern sehr gut an. Der Aktienkurs zog seither an.Der in den Bereichen Stromerzeugung und Erdgas tätige Konzern aus Rom, der zu 23,6 % vom italienischen Staat kontrolliert wird – weitere 5,6 % hält der amerikanische Vermögensverwalter BlackRock – ist mit einem Börsenwert von 46,7 Mrd. Euro neben Eni und den Großbanken Unicredit und Intesa Sanpaolo einer der wenigen Schwergewichte der Mailänder Börse. Enel zählt neben der französischen EDF auch europaweit zu den großen Versorgern, wobei der Fokus in Italien und Spanien liegt. Außerdem ist Enel in Russland und der Slowakei sowie außerhalb Europas vor allem in Südamerika aktiv. Sonne und WindKonzernchef Francesco Starace will das Investitionsvolumen in den nächsten drei Jahren um 12 % auf 27,5 Mrd. Euro erhöhen, wobei mit 10,6 Mrd. Euro der größte Brocken in CO2-freie Energien wie Wasser, Sonne und Wind fließen soll: Das sei der große Wachstumstreiber, so der CEO. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Endkundengeschäft. Darüber hinaus setzt Starace in der Mittelfristplanung auf weitere Kostensenkungen und die Digitalisierung. Das ohnehin schon sehr profitable Geschäft soll noch rentabler werden: Das Bruttobetriebsergebnis (Ebitda) soll von voraussichtlich 16,2 Mrd. Euro (plus 20 % gegenüber Vorjahr) bis 2019 auf 19,4 Mrd. Euro steigen und der Nettogewinn im gleichen Zeitraum von 4,1 auf 5,6 Mrd. Euro wachsen. Den Aktionären verspricht Starace nicht nur eine stabile Pay-out-Quote von 70 % bis 2021. Sie werden auch eine Mindestdividende erhalten, die von den bereits angekündigten 0,28 Euro für 2018 bis 2021 auf 0,36 Euro steigen soll. Weniger ehrgeizig ist Enel beim Schuldenabbau: Die Verschuldung soll auf dem derzeitigen Niveau von etwa 42 Mrd. Euro stabilisiert werden. Der Verschuldungsgrad erreicht damit 198,4 %. Das Unternehmen prüft ernsthaft ein Aktienrückkaufprogramm.Starace kündigte an, dass der Anteil erneuerbarer Energien, der derzeit 48 % der Erzeugung ausmacht, bis in drei Jahren auf 62 % wachsen soll. Regional sind die Investitionsschwerpunkte vor allem Italien (8 Mrd. Euro) und Spanien. Auf der Iberischen Halbinsel kontrolliert Enel 92 % des lokalen Anbieters Endesa, die zuletzt für einen Großteil des Ebitda-Wachstums stand und über starke Positionen in Südamerika verfügt. Nach Einschätzung der Mediobanca hat Endesa für den Zeitraum Januar bis September sehr starke Umsatz- und Ertragszahlen vorgelegt.Südamerika trägt mehr als ein Viertel zum Ebitda des Konzerns bei. Durch die Übernahme von Eletropaulo vor kurzem hat Enel in Brasilien sieben Millionen neue Kunden gewonnen und damit seine Führungsposition auf dem Halbkontinent ausgebaut. In Russland verfügt Enel über zwei Windparks und hat weitere Pläne, die aber noch nicht spruchreif seien.Starace plant vorerst allenfalls kleinere Akquisitionen. In kleineren Ländern oder Sektoren, in denen man nicht die kritische Größe erreiche, seien auch Veräußerungen denkbar. Schwach ist Enel in Asien. Für China gibt es keine Pläne, wohl aber für Indien, wo der Konzern schon präsent ist. Gegen Ende der Dreijahresperiode will der CEO auch Länder wie Indonesien, Südkorea und Japan stärker ins Visier nehmen.Zu den Investitionen in die Digitalisierung zählen auch solche in ultraschnelle Breitbandnetze. Enel ist mit 50 % an der Netzgesellschaft Open Fiber beteiligt, deren andere Hälfte von der staatlichen Bank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) kontrolliert wird. Starace zeigte sich sehr zufrieden mit der Entwicklung der Gesellschaft und versicherte, die Beteiligung keinesfalls verkaufen zu wollen. Plänen der Regierung, die Open Fiber gern mit dem Netzgeschäft von Telecom Italia (TIM) zusammenlegen würde, steht er kritisch gegenüber, will das Thema aber nicht näher kommentieren.Große Wachstumschancen sieht der Konzernchef, dessen Mandat bis 2021 geht, auch in der Elektro-Mobilität. Enel beteiligt sich über die Sparte Enel X am Aufbau einer Ladeinfrastruktur in Europa. Bis 2023 ist ein Netz mit 1 250 Ladestationen und 2 500 Ladepunkten geplant. In einer Kooperation mit Renault baut Enel außerdem ein Ladenetz in Italien und Österreich auf. Viele KaufempfehlungenAnalysten beurteilen Enel insgesamt positiv und halten die Aktie, die binnen zwölf Monaten annähernd 20 % ihres Wertes verloren hat, im Fünfjahresvergleich aber um 41,5 % zugelegt hat, mit derzeit 4,66 Euro für attraktiv. Von den 33 Analysten, die das Papier regelmäßig beurteilen, empfehlen 29 den Kauf, drei raten zum Halten und nur einer gibt eine Verkaufsempfehlung ab. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 5,51 Euro. Goldman Sachs gibt eine Kaufempfehlung, hat aber das Kursziel leicht von 5,60 auf 5,55 Euro gesenkt. Risiken sieht Analyst Alberto Gandolfi in Preisrückgängen und höheren Risikoaufschlägen für einzelne Länder. Sein UBS-Kollege Sam Arie hat die Aktie auch auf Kaufen gestellt, wobei sein Kursziel mit 4,56 Euro deutlich vorsichtiger ausfällt.Mediobanca-Analystin Sara Piccinini hebt vor allem das starke Wachstum bei den erneuerbaren Energien hervor, weist aber auf die hohe Verschuldung hin. Das Institut belässt es bei “Neutral” und einem Kursziel von 5,30 Euro.