Eon-Abspaltung Uniper startet an der Börse
Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfEon steht kurz davor, die umfangreichste Neuausrichtung in der Geschichte des Energiekonzerns abzuschließen. Voraussichtlich an diesem Freitag wird die Finanzaufsicht BaFin grünes Licht für den Börsenprospekt der abgespaltenen Kraftwerkstochter Uniper geben. Am Wochenende vom 10. und 11. September wird Eon dann den eigenen Aktionären ihr Eigentum an Uniper in einem neuen Wertpapier verbriefen.Eon legt ihnen 53 % der Uniper-Aktien ins Depot und will die übrigen 47 % der Anteile aus steuerlichen Gründen bis Ende 2017 selbst behalten. Am Montag, dem 12. September wird es ernst. Dann müssen die Investmentbanken J.P. Morgan und Morgan Stanley, die die erstmalige Börsennotierung von Uniper koordinieren, neue Investoren für die Uniper-Aktie finden.Denn rund 30 % der Eon-Aktionäre sind Indexfonds, die Indizes wie den Dax nachbilden und die sich deshalb aus der Uniper-Aktie verabschieden werden, weil sie ab Dienstag, den 13. September, nicht mehr im Dax notieren wird. Mit dem Kurs von Eon wird es aufgrund der Abspaltung abwärtsgehen: Der Kurs von Eon hat sich binnen vier Jahren halbiert auf gut 8 Euro, die Marktkapitalisierung liegt bei 18 Mrd. Euro. Der Börsenwert von Uniper wird auf 5 Mrd. Euro geschätzt.Der Kurs von Uniper wird nicht in einem herkömmlichen Bookbuilding-Verfahren ermittelt, sondern am Morgen des 12. September in den eineinhalb Stunden bis circa 9.30 Uhr in Verhandlungen zwischen den Banken und kaufwilligen Investoren gebildet. In den darauffolgenden Tagen ist weiterhin mit starken Schwankungen des Uniper-Kurses zu rechnen. Je nachdem, welcher Wert Uniper an der Börse zugemessen wird, muss Eon zum Jahresende den Buchwert von Uniper, der aktuell bei 12 Mrd. Euro liegt, um voraussichtlich 3 Mrd. bis 4 Mrd. Euro herabsetzen.Wie Uniper am ersten Handelstag abschneidet, sollte allerdings nicht überbewertet werden. “Man kann den Erfolg von Uniper am Aktienmarkt nicht auf Basis eines einzigen Tages bewerten. Bei einem Spin-off zieht man gewöhnlich erst nach einem Jahr Bilanz”, sagte Uniper-Chef Klaus Schäfer kürzlich.Zum Jahresende rechnen Index-Fachleute jedenfalls damit, dass Uniper in den MDax aufgenommen wird. Das Düsseldorfer Unternehmen hat für das erste Halbjahr 2016 verbesserte Zahlen aus dem operativen Geschäft berichtet. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag mit 1,5 Mrd. Euro rund 50 % über dem Vorjahr (erstes Halbjahr 2015: 1 Mrd. Euro). Den Löwenanteil steuerte dazu aktuell der globale Energiehandel des Unternehmens bei. Künftig dürfte auch das derzeit schwächere Geschäft mit der Stromerzeugung wieder eine größere Rolle spielen, sofern die Strompreise wieder anziehen.Dass Eon die Tochter Uniper abspaltet, ist die bisher dramatischste Reaktion eines Unternehmens auf die Energiewende – die radikale Umstellung auf erneuerbare Energien. Die Kehrtwende in der deutschen Energiepolitik war für Eon bisher ein Desaster, weil der Strom aus Gas und Kohle vom Strom aus Sonne und Wind verdrängt wurde. Der Großhandelspreis stürzte von 60 Euro je Megawattstunde im April 2011 auf heute 27 Euro ab.Uniper verfügt vor allem über Gas-, Steinkohle-, Wasserkraft- und Atomwerke in Deutschland, Großbritannien und Schweden. Bisher leidet der Stromerzeuger extrem unter dem seit dem Atomunfall von Fukushima im Jahr 2011 um die Hälfte gesunkenen Großhandelspreis für Strom. Im ersten Quartal fiel ein Nettoverlust von fast 4 Mrd. Euro an, weil Uniper weitere Abschreibungen und Drohverlustrückstellungen auf die Kraftwerke und Gasspeicher verbuchte.Die Hoffnung ruht nun auf der Zukunft. Bisher war die Energiewende, in deren Zuge der aufgrund staatlicher Regulierung vorrangig eingespeiste Strom aus Sonne und Wind die Preise verdarb, der Fluch des Unternehmens. Vielleicht verkehrt sich dieses Bild in einigen Jahren ins Gegenteil. Denn der konventionelle Gas- und Kohle-Kraftwerkspark wird spätestens nach der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke in Deutschland im Jahr 2022 wieder dringend gebraucht: für die Tage, an denen Schnee die Solaranlagen bedeckt und eine Flaute die Windräder an der Küste still stehen lässt.Dann werden schnell zuschaltbare Gastkraftwerke dringend benötigt, von denen Uniper etliche besitzt. Sie machen rund ein Drittel vom Kraftwerkspark des Unternehmens aus. Über einen sogenannten Kapazitätsmarkt, dessen Einführung immer wieder diskutiert und von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als “Hartz IV für Kraftwerke” tituliert wurde, könnten die Kraftwerksbetreiber künftig dafür bezahlt werden, dass sie Reserven zum Ausgleich der Schwankungen bei der Einspeisung des Ökostroms zuverlässig ausgleichen.Für Eon beginnt mit der Abspaltung von Uniper ebenfalls eine neue Zeitrechnung. Der Mutterkonzern ist nur noch über seine 47 % Uniper-Anteile und über die bei ihm verbliebenen deutschen Atommeiler vom Kraftwerksgeschäft abhängig. Künftig verdient Eon sein Geld mit den Netzen, dem Vertrieb und dem Ökostrom.Vor allem aber mit den Netzen. Auch hier steht schon in Kürze eine wichtige Entscheidung an: Die Bundesnetzagentur legt die Eigenkapitalverzinsung für Investitionen in die Strom- und Gasnetze in der nächsten Regulierungsperiode fest.Für Neuinvestitionen liegt die Eigenkapitalrendite derzeit bei 9,1 % vor Körperschaftsteuer. Künftig könnte die Verzinsung nach den aktuellen Vorschlägen auf 7 % gedrückt werden. Als Argument für eine Absenkung durch den Regulierer gilt vor allem die Niedrigzinsphase, in der auch andere Investitionen nur noch mit einer geringeren Rendite belohnt werden. Andererseits sind die Netze der entscheidende Faktor für ein Gelingen der Energiewende – und deshalb werden die Investitionen in die Netze wohl auch politisch belohnt werden. Nur wenn die Netze im Norden Deutschlands so ausgebaut werden, dass der Windstrom von der Küste ins Land geleitet werden kann, ergibt die vom Erneuerbare-Energien-Gesetz ausgelöste Ökostromschwemme Sinn.