Erwartungen an Fed-Zins nehmen ab

Markt veranschlagt Wahrscheinlichkeit einer Erhöhung im Juli nur noch mit 22 Prozent

Erwartungen an Fed-Zins nehmen ab

Marktteilnehmer halten die Wahrscheinlichkeit, dass es bis zum Juli noch zu einer Leitzinserhöhung der US-Zentralbank kommen wird, für nur noch sehr gering. Ein Zinsschritt bis zum Jahresende gilt aber als wahrscheinlich.Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtDer sehr deutlich hinter den Erwartungen zurückgebliebene US-Arbeitsmarktbericht hat an den Finanzmärkten deutliche spuren hinterlassen. Wurde bis vor kurzem noch fest mit einer Leitzinserhöhung der amerikanischen Notenbank Fed bis Juli gerechnet, gilt ein Zinsschritt bis dahin nun als nicht mehr wahrscheinlich.Das lässt sich deutlich an den US-Zins-Futures ablesen. Laut den Berechnungen von Bloomberg implizieren sie nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 2 %, dass die amerikanischen Währungshüter bereits in der kommenden Sitzung des Offenmarktausschusses am 14. und 15. Juni ein weiteres Mal an der Zinsschraube drehen werden. Die in den Kontrakten eingepreiste Wahrscheinlichkeit einer Erhöhung im Juli, die vor dem Arbeitsmarktbericht noch bei 55 % lag, beläuft sich jetzt nur noch auf 22 %. Allerdings wird nach wie vor eine Anhebung noch in diesem Jahr erwartet. Die eingepreiste Wahrscheinlichkeit liegt hier bei 61 %, nach dem sie vor einem Monat noch 55 % betragen hatte. Gemischte SignaleVon der Rede der Fed-Chefin Janet Yellen vom Montag gingen gemischte Signale aus. Einerseits erklärte sie, dass positive Entwicklungen der US-Wirtschaft wahrscheinlich stärker sein werden als negative Kräfte. Andererseits sprach sie sich für allmähliche Zinserhöhungen aus, was eine wieder etwas zögerlichere Haltung als zuvor anzudeuten scheint. Die Marktreaktionen waren verhalten, was auch mit den starken Bewegungen nach den Arbeitsmarktzahlen zu erklären ist. Die Rendite zweijähriger Treasuries, die nach der Rede bis auf 0,83 % gestiegen war und zuletzt bei 0,80 % gelegen hatte, lag am Dienstagabend mit einem Abschlag von 2,5 Stellen bei 0,75 %. Der Euro, der nach der Rede mit 1,1392 den höchsten Stand seit dem 12. Mai erreicht und bei 1,1350 geschlossen hatte, wurde gestern am frühen Abend wenig verändert bei 1,1355 gehandelt. Vor der Rede hatte die in den Futures eingepreiste Wahrscheinlichkeit einer Anhebung im Juli bei 31 % gelegen.Analysten äußerten sich nach der Rede sehr unterschiedlich zum Timing der nächsten Erhöhung. “Juni ist vom Tisch, und eine Erhöhung im Juli ist nun ebenfalls höchst unwahrscheinlich”, so Daiwa Capital Markets. Aber die Fed-Chefin habe signalisiert, dass die nächste Zinsveränderung aufwärts gerichtet sein werde. Goldman Sachs erklärte, dass der Juni ausgeschlossen sei, blieb aber bei der Auffassung, dass die Wahrscheinlichkeit einer Erhöhung im Juli bei 40 % liege. Nach Meinung der Unicredit ist die Fed zu einer abwartenden Haltung zurückgekehrt. Allerdings glaubt die Bank, dass der Markt falschliegt. Die Futures verschöben die nächste Anhebung nun auf den Dezember und preisten für die nächsten zweieinhalb Jahre nur drei Erhöhungen ein. Das sei trotz der wieder zögerlichen Haltung der Fed nicht richtig. Die Commerzbank glaubt, dass eine Erhöhung im Juli in Abhängigkeit von der Datenlage weiterhin möglich ist.