IM INTERVIEW: BERNHARD BRELOER, ROBECO, UND FERDINAND HAAS, DWS

"Es gibt keine wirklich stabilen Zusammenhänge"

Die beiden Finanzmarktexperten über Sinn und Grenzen von Faktor-Strategien und den Einbezug von ESG-Faktoren

"Es gibt keine wirklich stabilen Zusammenhänge"

Faktoren sind Wertpapier-Eigenschaften, die der Wissenschaft zufolge Überrenditen erklären. Die Börsen-Zeitung hat sich mit zwei Kennern von Faktorstrategien, Bernhard Breloer von Robeco und Ferdinand Haas von DWS Group, über die unterschiedliche Ansätze und Grenzen solcher Strategien unterhalten. Herr Breloer, Herr Haas, was bringt Factor Investing?Haas: Es gibt zwei Philosophien. Die eine behauptet, dass es eine geringe Anzahl an Makro-Faktoren gibt, die eine Repräsentation von Investmentrisiken darstellen. Das ist die Schule von Fama und French, die eine begrenzte Zahl Faktoren annimmt, die über die Zeit hinweg stabil bleiben. Dann gibt es die zweite Sicht, die eher unserer entspricht. Die lehnt sich an die Arbitrage Pricing Theory oder sogar an Graham und Dodd an und stützt sich auf eine Vielzahl granularer Faktoren, wie etwa das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder das Kurs-Buchwert-Verhältnis. Diese werden hier lediglich als Kriterien gesehen, die attraktivere von weniger attraktiven Aktien unterscheiden helfen. Das heißt?Haas: Es handelt sich im Unterschied zum Fama-French-Ansatz, der versucht, das “big picture” zu erklären, um ein Bottom-up-Konzept. Wir würden uns schwertun, uns auf eine begrenzte Zahl von Faktoren zu beschränken und dabei anzunehmen, dass diese stabil sind. Die Logik der Faktor-Begründer Eugene Fama und Kenneth French ist aus unserer Sicht außerdem brüchig.Breloer: Wenn man so möchte, stehen wir ein wenig zwischen diesen beiden Meinungen. Einerseits konzentrieren wir uns auf wenige Faktorthemen, sind aber anderseits der Meinung, dass sich diese über unterschiedliche Variablen abbilden lassen. Wir suchen Faktorkriterien, die weltweit funktionieren, auch in unterschiedlichen Assetklassen, also nicht nur bei Aktien, sondern auch bei Anleihen, Währungen oder Rohstoffen. Es gibt über 400 verschiedene Faktorsignale, aber unserer Erkenntnis nach sind die wenigsten auch universell einsetzbar. Ziel ist es, mit einer auf Faktoren basierten Wertpapierauswahl einen Mehrertrag zu erzielen. Dies kann bedeuten, dass ich defensiv agiere und eine marktähnliche Rendite bei geringer Volatilität verfolge. Oder ich agiere offensiver und bewege mich auf einem ähnlichen Risikoniveau wie der Markt, mit dem Ziel einer Outperformance. Herr Haas, Sie sagten, die Logik von Fama und French sei brüchig. Weshalb?Haas: Wenn Überrenditen über die lange Sicht nicht verschwinden, muss es sich um echte Risikoprämien handeln. Dies haben Kenneth Arrow und Gérard Debreu im Gleichgewichtsmodell, aber auch Stephen Ross in der Arbitragepreistheorie gezeigt. Eine echte Risikoprämie lässt sich mit einem Versicherungsvertrag aus Sicht des Versicherers vergleichen: Wenn das Risiko eintritt, wird eine Summe ausbezahlt, und es tritt ein entsprechender Verlust ein, ansonsten aber fallen konstant Erträge an. Aus dieser Perspektive betrachtet erschließt sich mir nicht, warum es eine Größenprämie im Markt geben soll: Warum sollen klein- und mittelgroße Unternehmen eine Risikoprämie bieten? Sind sie wirklich riskanter, oder handelt es sich hier nicht sogar häufig um sehr stabile erfolgreiche Geschäftsmodelle, die unabhängig vom Konjunkturverlauf in einer Nische wachsen können? Eine Risikoprämie sollte aus meiner Sicht anders aussehen.Breloer: Wir sehen ähnliche Schwierigkeiten bei der Small-Cap-Prämie hinsichtlich der Rechtfertigung zu deren Existenz. Rein empirisch ist die Überschussrendite über die Zeit hinweg kleiner geworden, so dass wir uns auf diese nicht explizit fokussieren. Grundsätzlich bleibt die Frage, ob immer eine risikobasierte Erklärung die Existenz einer Prämie rechtfertigen muss. Aus unserer Sicht sind teilweise Marktstrukturen verantwortlich. Ein Beispiel: Markteilnehmer scheuen teilweise risikoarme Aktien, weil sie einen zu hohen Tracking Error produzieren oder in steigenden Marktphasen zu geringere Renditen produzieren. Beide Punkte sind für einen Portfoliomanager nicht attraktiv oder karriereschädigend, wenn man berücksichtigt, dass häufig eine Bezahlung nach Outperformance erfolgt beziehungsweise der Erfolg auch an den verwalteten Vermögen gemessen wird. Letzteres steigt am stärksten während positiver Marktphasen. Kurz: Es gibt rationale Verhaltensmuster, welche die Existenz einer Prämie dauerhaft stärken. Was ist mit Momentum – ein beliebter Faktor?Haas: Das funktioniert manchmal, aber wir sehen es eher als eine irrationale Verhaltensanomalie und nicht als eine Prämie. Das kann man temporär mal spielen, aber ich bezweifle sehr, dass das wirklich nachhaltig ist.Breloer: Eine Momentum-Strategie ist einerseits einer der stärksten Faktoren auf dem Papier. Die Krux ist aber, dass dieser Faktor einen hohen Portfolioumschlag voraussetzt. In der Folge kann dann von dem theoretisch erzielbaren Alpha wenig übrig bleiben. Entsprechend muss man sich in der Praxis Gedanken machen, wie das Alpha nach Handelskosten erhalten bleibt. Für uns bleibt der Momentum-Faktor ein elementarer Baustein unserer Anlagestrategien. Wie zuverlässig sind die auf ökonometrischen Modellen beruhenden Erkenntnisse im Bereich der Faktoren denn?Haas: Wir haben eine sehr vorsichtige Sicht darauf, mit welchen Methoden der Statistik belastbare Aussagen gemacht werden können. Es ist etwas wie mit des Kaisers neuen Kleidern: Wir verwenden in den Wirtschaftswissenschaften statistische Modelle, die vielleicht gar nicht für einen Einsatz in einem Umfeld wie dem Finanzmarkt geeignet sind. So unterstellt die Anwendung einer Regressionsanalyse implizit, dass die Daten aus dem Wiederholen ein und desselben Experiments entstanden sind. Daraus lässt sich dann ableiten, dass bei einer Voraussetzung XY dann das Resultat Z zu erwarten ist. Bei der Betrachtung von Kapitalmarktdaten aber gibt es beispielsweise das Problem von Strukturbrüchen. Die Daten, die wir untersuchen, sind nicht notwendigerweise stationär, das heißt, das Verhalten der Märkte verändert sich über die Zeit hinweg.Breloer: Wie gesagt ist es wichtig, auf robuste Strategien zu setzen, die auf multiplen statistischen Tests basieren, die eine hohe Signifikanz haben sollten. Die einzelnen Ergebnisse müssen sich weltweit replizieren lassen, also eine Strategie sollte sowohl in den USA als auch in den Emerging Markets funktionieren. Bei aller Rechnerei muss alles einer logischen ökonomischen Ratio folgen. Am Ende des Tages macht es keinen Sinn, dass in einer integrierten Welt eine Idee nur in einer Anlageregion funktioniert beziehungsweise komplett anders dargestellt werden sollte. In vielen Risikomanagement-Programmen wird die Performance Attribution eingesetzt, also der Versuch, das relativ bessere oder schlechtere Abschneiden eines Portfolios mit bestimmten Kriterien erklären zu können. Da tritt das Problem wohl auch auf?Haas: Generell gibt es dort das gleiche Problem, insbesondere dann, wenn die Erkenntnisse im Rahmen der Risikosteuerung eingesetzt werden. Sie haben die Grenzen einer Faktoranalyse erwähnt. Im Anlageprozess brauchen Sie aber Ergebnisse, auf deren Basis Sie Entscheidungen treffen können. Wie gehen Sie da vor?Breloer: Entscheidend ist für uns, dass die ausgewählten Faktoren universell einsetzbar sind und über einen Zyklus hinweg funktionieren. Das bedeutet aber auch, dass diese Faktoren nicht in jedem Jahr gleich gut abschneiden müssen. Wir suchen nicht die Eier legende Wollmilchsau, sondern eine robuste Komposition von Faktorsignalen, die über einen Handelsalgorithmus gut umsetzbar ist. Für uns ist es wichtig, die Möglichkeit von Data Mining auszuschließen beziehungsweise stark zu reduzieren.Haas: Wir schauen uns an, was den Markt am aktuellen Rand bestimmt, also welche Faktoren in der jüngsten Vergangenheit am besten die Renditedifferenz erklären. Wir meinen, dass sich aus der Datenanalyse also schon eine Erkenntnis ziehen lässt und nicht alles umsonst ist. Aber die Märkte verändern sich schnell, und es gibt keine wirklich stabilen Zusammenhänge. Wir wissen nicht, in welche Richtung die Veränderungen gehen, aber wir versuchen, uns bestmöglich anzupassen. Die langfristige Faktoranalyse lassen Sie bei DWS also weg?Haas: Wir ergänzen das Bild durch Einbezug von Faktordaten aus der Historie. Unser Ansatz ist es, mit der Kenntnis einer begrenzten Vorgeschichte die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten künftiger Ereignisse ermitteln zu können. Wichtig ist, dass wir ein möglichst annahmefreies Modell verwenden. Am Ende bleibt ein differenziertes Portfolio, das auf den besten Faktoren beruht.Breloer: Bei uns ist das Bild umgekehrt. Wir fokussieren uns auf die längerfristigen Strategien, die über eine gewisse Anzahl von Variablen repräsentiert werden. Zudem nehmen wir je nach Strategie eine Anreicherung um kurzfristigere Signale vor. Darüber hinaus untersuchen wir die bestehenden Strategien regelmäßig nach Verbesserungspotenzial beziehungsweise überprüfen deren Aktualität. Man spricht in diesem Zusammenhang aber von keiner Revolution, sondern eher von einer Evolution, die hier vonstatten geht. Welche Faktoren verwenden Sie?Haas: Wir untersuchen 200 Faktoren, darunter auch die Verteilung der Ergebnisschätzungen von Analysten, genauso wie Kurs-Gewinn-Verhältnis und Kurs-Buchwert-Verhältnis. Diese Faktoren sortieren wir in fünf Cluster, um Diversifikation zu gewährleisten. Es bringt nichts, sich auf eine begrenzte Zahl von Faktoren zu beschränken, die sich dann im Laufe der Zeit als unergiebig herausstellen. Wie geht Robeco in der Ermittlung von Faktorsignalen vor?Breloer: Die erste Ebene ist die rechnerische, quantitative, also die Datenanalyse. Wir glauben, einen robusten Ansatz zu haben, und nutzen dabei vier Hauptfaktoren: Value, Momentum, Quality und Low Risk. Der Size-Faktor kommt nur indirekt dazu, da sich im Small-Cap-Universum interessante Titel bezogen auf die anderen Faktoren finden. Small Caps mit guten Eigenschaften bezogen auf Value, Momentum, Quality und/oder Low Risk können einen Mehrertrag erzielen. In einem nächsten Schritt kann man Faktoren weiter verbessern, indem man auf die Vermeidung von ungewollten Risiken beziehungsweise das Verhalten der Faktoren zueinander achtet. Schließlich kommen Handelsfriktionen hinzu, also Kosten zur Umsetzung. Der Prozess sollte derart gestaltet werden, dass die verwendeten Faktorsignale möglichst klar umgesetzt werden, um das jeweils verfolgte Ziel umzusetzen. Womit befassen Sie sich sonst in der Analyse?Breloer: Wir werten auch Nachrichtensignale aus textbasierten Auswertungen aus oder beziehen etwa Einflussfaktoren aus dem Credit-Markt ein. Wir verbessern die Ausgangsstrategie weiterhin durch den Einbezug unterschiedlicher neuer Variablen und Methoden. Zum Beispiel lassen sich über maschinelles Lernen nichtlineare Zusammenhänge besser einfangen. Untersuchungen zeigen, dass die Handelskosten sehr viele Faktorstrategien unrentabel machen. Wie gehen Sie damit um?Haas: Ja, das ist ein großes Problem. Naive Faktorstrategien sind eine der Anlagestrategien, die im Trading die höchsten Handelsvolumina erzeugen. Das macht sie aus Sicht einer Investmentbank zu attraktiven Strategien. Sie haben also hohe Handelskosten?Haas: Wir profitieren ja nicht von Handelskosten. Im Gegenteil: Wir haben ein inhärentes Interesse an Stabilität, aber durch die rotierende Faktorauswahl müssten wir unser Portfolio nach dem Modell gegebenenfalls mehrfach im Jahr neu zusammenstellen. Wir übersetzen deshalb Bewertungsdifferenzen in eine Alpha-Voraussage, und dann halten wir die Handelskosten inklusive Markteinfluss und Steuern dagegen. Ist nach Abzug dieser Aufwendungen kein Alpha mehr erzielbar, handeln wir ganz einfach nicht. Dadurch reduziert sich der tatsächliche Portfolioumschlag auf rund 60 % in einem Jahr.Breloer: Handelskosten hängen stark vom Faktorfokus ab. Wir gehen beispielsweise davon aus, dass wir unsere Low-Risk-lastigen Strategien mit einem Portfolio-Turnover von rund 25 % pro Jahr abbilden können. Die Faktoren Value und Quality kommen auf einen Umschlag von rund 30 % pro Jahr, Momentum hingegen auf 100 %. Um den Umschlag im Griff zu halten, achten wir in der Portfoliokonstruktion darauf, dass wir einen Puffer verwenden. Wir verkaufen also einen Titel erst, wenn er nachhaltig gefallen ist. Der von Herrn Haas genannte Portfolioumschlag von 60 % trifft für die Strategien mit einem höheren Momentum-Anteil in den Emerging Markets zu. Werden die Handelskosten generell im Assetmanagement unterschätzt?Haas: Das kann durchaus sein. Wir sind uns der Unterschiede aber schmerzlich bewusst: In einem friktionslosen Umfeld würde unser Modell eine Überrendite erzielen, die rund zehnmal so hoch wäre wie das, was sich tatsächlich in der Umsetzung erreichen lässt. Statt bei 15 Prozentpunkten landen wir so bei 1,5 Prozentpunkten pro Jahr. Das ist schon dramatisch.Breloer: Man sollte natürlich immer auf das Netto-Alpha schauen. 1,5 Prozent per annum oder mehr sind für uns langfristig sehr realistisch. Es kommt immer darauf an, wie viel Tracking Error eine Strategie hat. Machen Multifaktorstrategien aus Ihrer Sicht Sinn?Haas: Das ist abhängig von dem, was der Investor wünscht. Geht es um das Erzielen einer Überrendite? Sinnvoller erscheint mir hier wohl ein einfacher passiver Ansatz auf der Basis von Marktkapitalisierung, also eine effiziente Trittbrettfahrer-Strategie: Andere bringen die Informationen in den Markt, der sich durch günstige Mandate oder ETFs abbilden lässt.Breloer: Zunächst sollte ein Investor ein Faktorportfolio wählen, das seinen Risiko- und Renditeerwartungen entspricht. Dabei sollten sich die verschiedenen Faktoren nicht gegenseitig aufheben. Insgesamt zielen wir darauf ab, nach Faktoren diversifizierte Portfolios zusammenzustellen beziehungsweise diese nach Kundenwunsch auf die jeweiligen Faktoren zu fokussieren. Wichtig hierbei ist die richtige Abstimmung der Faktoren. Wenn sich die Faktoren bei einer schlecht konstruierten Strategie untereinander aufheben, macht eine kostengünstige passive Anlage wohl mehr Sinn. Wie beurteilen Sie die Faktorstrategien der Indexanbieter?Haas: Der Indexanbieter MSCI hat etwa seinen Value-Index zuerst auf dem Kurs-Buchwert-Verhältnis aufgebaut. Seit 2009 hat das Kurs-Buchwert-Verhältnis aber nie mehr richtig funktioniert, und MSCI erweiterte den Index um die Faktoren Kurs-Gewinn-Verhältnis und Dividendenrendite. Jetzt gibt es einen “Enhanced”-Ansatz, der wieder andere Faktoren ins Spiel bringt. Es ist vielleicht gar nicht so ratsam, Modelle für die Ewigkeit zu suchen. Lieber sollte man quasi das Segeln lernen und die wechselnden Winde nutzen, statt zu versuchen, das Wetter insgesamt zu prognostizieren. Wir versuchen entsprechend gar nicht, angeblich stabile Risikoprämien auszunutzen.Breloer: Grundsätzlich ist es ein erster Schritt in Richtung Factor Investing. Allerdings gibt es einige Möglichkeiten, diese Indizes bezogen auf Faktorausprägungen zu verbessern. Häufig wird Transparenz als Vorteil der Indizes gegenüber aktiven Faktoransätzen genannt. Dies ist aber langfristig ein Nachteil. Warum? Bei den meisten geläufigen Indizes wird im Voraus bekannt gegeben, welche Titel zum offiziellen Rebalancing-Termin dem Index hinzugefügt beziehungsweise verkauft werden. Arbitrageure können diese Information ausnutzen und sich entsprechend mit Long-/Short-Ordern positionieren, wie wir in einer Studie nachgewiesen haben. Dies führt dazu, dass die Rendite der Index-Investoren niedriger ausfällt. Ist dies in weniger liquiden Marktsegmenten ein Problem?Breloer: Ja, gerade in weniger liquiden Schwellenländer-Titeln kann dies ausgeprägte Folgen haben. Wir berücksichtigen dies in unseren hauseigenen Transaktionskostensystemen entsprechend. Welche Rolle spielen neue Faktoren, wie etwa ESG-Faktoren, also Aspekte der Umwelt, des Sozialen und der Unternehmensführung?Haas: Wir Integrieren ESG-Faktoren seit Jahren, und ein quantitativer Ansatz ist ideal positioniert, um Auswirkungen von ESG zu analysieren. Wir können konsistent simulieren, wie die Umsetzung einer Strategie unter Einbezug von ESG-Faktoren funktioniert hätte. ESG-Strategien bieten nicht garantiert eine stabile Überrendite: So ist beispielsweise das Maß der Kohlestoffintensität eines Geschäftsmodells auch vom politischen und regulatorischen Rahmen abhängig. Seit US-Präsident Trump an die Macht gekommen ist, haben kohlestoffintensivere Unternehmen zumindest in den USA ein anderes Umfeld als noch unter Barack Obama. Bei der Simulation und Analyse solcher Risiken kann ein quantitativer Ansatz helfen.Breloer: ESG-Faktoren beziehen wir in alle Anlagestrategien systematisch ein. Grundsätzlich sind alle unsere quantitativ gemanagten Portfolien gemessen an den Robeco SAM ESG-Scores mindestens so nachhaltig wie der Referenzindex. Das ist natürlich nur ein erster Schritt für ein nachhaltigeres Portfolio. Eine weitere Option besteht darin, Ausschlusslisten zu verwenden, aber weitergehend einen niedrigeren Umweltfußabdruck, beispielsweise durch die Reduktion des CO2-Ausstoßes, sowie eine Steigerung des ESG-Scores zu implementieren. Die letzten Entwicklungen beziehen auch die Sustainable Development Goals – SDG – mit ein. Betrachten Sie ESG-Faktoren als Renditefaktoren?Breloer: Die Frage ist, ob ESG zum Risikomanagement verwendet wird oder als Performance-Faktor. Die Datenbasis ist aus unserer Sicht noch nicht breit genug und auch rückwirkend erst zu kurz vorhanden, um hier eine wirklich definitive Aussage zu treffen. Dazu braucht es noch einige Jahre. Allerdings zeigen unsere internen Studien anders als die anderer Marktteilnehmer, dass sich Zusammenhänge zum Quality-Faktor aufzeigen lassen. Insbesondere gilt dies für den Teilbereich Governance, also gute Unternehmensführung. Das Interview führte Dietegen Müller.