Es gibt keinen Planeten B
Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ Mit diesen Worten protestieren Schüler und Jugendliche von „Fridays for Future“ gegen eine Politik des Raubbaus an der Natur. Denn es gibt nur einen Planeten Erde. Doch droht dieser durch die globale Klimaerwärmung großen Schaden zu nehmen.
Innerhalb des Megatrends zu grünen Investments hat die Fondsindustrie Produkte kreiert, die speziell auf das Thema Klima ausgerichtet sind. Diese Klimafonds investieren gezielt in Aktien, bei gemischten Fonds auch in Anleihen von Unternehmen, die kein oder relativ wenig CO2 beanspruchen. „Eine Investition in diese Fonds führt aber zu keiner zusätzlichen CO2-Reduktion“, erläutert Prof. Timo Busch von der Universität Hamburg im Interview mit rendite. „Doch tragen diese Produkte dazu bei, dass für Unternehmen Anreize bestehen, über Investitionen ihren CO2-Verbrauch zu reduzieren.“ Besonders in den vergangenen Monaten haben die Klimafonds hohe Mittelzuflüsse erzielt. Und die beiden Produkttabellen zeigen, dass auch die langfristige Performance dieser Fonds stimmt.
Durch den Ausbruch der Corona-Pandemie hat das Thema Klima zwar an medialer Aufmerksamkeit eingebüßt, gleichwohl bleibt es wichtig. Und in wenigen Monaten, so das wahrscheinlichste Szenario, dürften Wirtschaft und Gesellschaft die Pandemie weitgehend überwunden haben. Dann wird das Klimaproblem erneut mehr Aufmerksamkeit erlangen.
Das Gesicht und eine der der Initiatorinnen von „Fridays for Future“ ist die schwedische Schülerin Greta Thunberg, deren Schulstreik fürs Klima weltweit für große Aufmerksamkeit sorgte. Vor dem UN-Klimagipfel in Kattowitz erklärte Greta, dass es für das Klima das einzig Sinnvolle jetzt sei, die Notbremse zu ziehen. „Mir geht es nicht darum, bekannt zu sein“, so Greta wörtlich. „Mir geht es um Klimagerechtigkeit und um einen lebenswerten Planeten.“
Auch die Politik hat die aus der globalen Erwärmung resultierenden Gefahren in den vergangenen Jahren erkannt, und praktisch alle Staaten dieser Welt haben sich im Pariser Klimaabkommen auf das Ziel einer Begrenzung der globalen Klimaerwärmung auf 1,5 Grad festgelegt. Inzwischen sind die USA, die unter Donald Trump das Klimaabkommen aufgekündigt hatten, unter dem neuen Präsidenten Joe Biden dem Abkommen wieder beigetreten. Auch die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament haben sich gerade auf ein europäisches Klimagesetz geeinigt. Dieses schreibt die Klimaneutralität der EU bis 2050 fest.
Bei den Klimafonds gibt es nun zum einen eine Reihe aktiv gesteuerter Klimafonds, die durch den aktiven Ansatz sehr beweglich sind, aber auch laufende Kosten pro Jahr in Höhe traditioneller Produkte aufweisen. Wie in der gesamten Investmentindustrie, so sind auch bei Nachhaltigkeits- und Klimafonds die kostengünstigen passiven ETFs erst in den vergangenen Jahren verstärkt begeben worden – wobei speziell die meisten Klima-ETFs neueren Datums sind. Insofern gibt es bei diesen Produkten durchaus auch einen Greta-Effekt.
Templeton Climate Change seit 1991
Nun ist die Umweltbewegung insgesamt bereits 40 Jahre alt oder noch älter. (So ist Umweltschutz durch die Grünen seit 1983 im Deutschen Bundestag vertreten). Und auch aktive Klimafonds sind kein gänzlich neues Produkt. So wurde der inzwischen 850 Mill. Euro schwere Templeton Global Climate Change bereits 1991 aufgelegt. Und Produkte wie die Klimafonds von BNP Paribas, LBBW, Nordea, ÖkoWorld und Schroders wurden in den Jahren von 2006 und 2008 begeben.
Allerdings wurden mit der stärkeren Wahrnehmung des Problems der globalen Erwärmung in der Öffentlichkeit gerade in den vergangenen Jahren auch etliche neue aktive Klimafonds aufgelegt. Dazu zählen die aktiven Produkte von Allianz, Amundi, DWS und GLS. Manche Gesellschaften haben auch gar keinen Klimafonds im Angebot und decken das Thema allein breiter über nachhaltige Fonds ab, die nicht nur oder nicht vor allem aufs Klima fokussiert sind. Wobei auch diese breiter aufgestellten Nachhaltigkeitsfonds vor allem Aktien oder Anleihen von Unternehmen enthalten, die wenig CO2 beanspruchen. Etliche grüne Fonds sind auch mit CO2-Filtern ausgestattet, so dass Firmen mit großem CO2-Fußabbruck durchs Raster fallen. Viele Wege führen also nach Rom beziehungsweise zu einer geringen Belastung des Weltklimas durch Kohlendioxid.
Im Detail gibt es zwar Unterschiede zwischen den einzelnen aktiven Klimafonds, insbesondere beim Auswahlprozess von Unternehmen und bei Ausschlüssen von bestimmten Firmen. So schließt zum Beispiel der LBBW Global Warming Investitionen in kontroverse Geschäftsfelder wie Alkohol, Tabak, Glückspiel, Waffen/Rüstungsgüter, Kernenergie, fossile Brennstoffe sowie in kontroverse Geschäftspraktiken wie die Tolerierung von Kinderarbeit aus. Von der grundsätzlichen Ausrichtung her sind die Klimafonds aber ähnlich. Dreckige Unternehmen, Firmen, die vergleichsweise sehr viel CO2 beanspruchen und damit dem Klima schaden, sind in diesen Fonds nicht enthalten. Atomkraft wird aber nicht von allen Fonds ausgeschlossen, schließlich sehen manche Experten diese Energieerzeugung trotz ihrer hohen Risiken, man denke nur an die Nuklearkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima, als wichtig an, um der globalen Erwärmung zu begegnen. Investoren, die nicht in Atom anlegen wollen, müssen also bei der Fondsauswahl genau hinsehen.
Lange Zeit fristeten nachhaltige Fonds und speziell Klimaprodukte ein stiefmütterliches Dasein, insbesondere bei privaten Anlegern. Es gab ein paar solcher Exotenfonds, die darin angelegten Mittel waren aber eher gering. Nicht zuletzt auch Greta und Fridays for Future haben für ein Umdenken breiter Bevölkerungsschichten gesorgt. Grüne Geldanlage ist inzwischen Mainstream, speziell Klimafonds generieren hohe Mittelzuflüsse. Die Nachfrage nach Produkten, die versuchen, über die Lenkungswirkung von speziellen Fonds dem Klimawandel entgegenzutreten, war jedenfalls besonders in den vergangenen Monaten immens.
Dies stellt nicht zuletzt eine Chance für Fondsgesellschaften dar, die mit auch von ihrer Nachhaltigkeitswirkung überzeugenden Klimafonds auf dem Markt sind. Und bei den Beratern sind diejenigen schwer im Vorteil, die sich mit dem Problem und den Folgen der Erderwärmung sowie mit den Details einzelner Klimafonds auskennen. Da wird der Berater geradezu zum Klimaexperten.
Beim inzwischen 7,8 Mrd. Euro schweren Nordea Global Climate & Environment Fonds waren die Mittelzuflüsse zuletzt so groß, dass der Anbieter das Produkt Anfang Februar im Rahmen eines Soft Close für neue Investoren zunächst einmal geschlossen hat. Dass der Absatz von Klimafonds brummt, zeigt sich auch an anderen etablierten Produkten, die durch Mittelzuflüsse auf eine zuvor nie gekannte Größe angewachsen sind. So sind im Schroder Global Climate Change inzwischen 3,5 Mrd. Euro, im BNP Paribas Climate Impact Classic 2,8 Mrd. Euro und im Klassiker LBBW Global Warming mehr als 800 Mill. Euro angelegt. Manchmal braucht es eben Jahre oder die Hilfe Gretas, bis ein durchaus überzeugendes Fondskonzept zum richtigen Erfolg wird. Die neueren Produkte wie der DWS Invest Climate kommen zwar (noch) nicht auf solche Summen, doch sind sie ja auch noch nicht lange am Markt. Und die ersten 500 Millionen oder die erste Milliarde Euro an Assets sind für ein Fondsprodukt bekanntlich immer am schwersten.
Die meisten Klima-ETFs weisen eine relativ kurze Historie auf. Viele dieser börsengehandelten Indexfonds wurden erst im vergangenen Jahr oder in den vergangenen Monaten begeben. Bereits im Juni 2017 hat BNP einen ETF auf den Low Carbon 100 Europe Index aufgelegt. Dieses inzwischen mehr als 800 Mill. Euro schwere Produkt wird von Morningstar mit der Höchstnote von 5 Sternen bewertet, aufgrund der Ausrichtung auf Europa liegt aber seine Performance hinter der von global anlegenden Klimafonds. So hat der 1,7 Mrd. Euro schwere ETF von Amundi auf den Global Climate Change Index auf Sicht von drei Jahren eine deutlich höhere Performance erzielt. Auf Jahresfrist mit einem Plus von 35,5 % klar zugelegt hat auch der 1,7 Mrd. Euro schwere ETF von Xtrackers auf den MSCI World Low Carbon SRI Leaders Index (vergleiche auch Tabelle unten). Dieser ist global auf Unternehmen mit hoher und mittlerer Marktkapitalisierung ausgerichtet, die im Vergleich zu ihren Mitbewerbern bessere ESG-Eigenschaften und eine geringere Kohlenstoffemission aufweisen.
Die Performance stimmt
Doch welche Ergebnisse liefern nun die Klimafonds für den Investor? Da gibt es zwei Aspekte, nämlich Lenkungswirkung (Impact) sowie die klassischen Kennziffern von Risk und Return. Wie insbesondere die Tabelle auf Seite 39 zu den mitunter seit etlichen Jahren existierenden aktiven Klimafonds zeigt, stimmt auch die Performance – insbesondere die der weltweit in Aktien anlegenden Klimafonds. Ein Performancenachteil gegenüber herkömmlichen Fonds ist jedenfalls nicht auszumachen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Technologiewerte, die wenig CO2 beanspruchen, und auch Gesundheitsaktien häufig einen relativ großen Anteil am Portfolio der Klimafonds einnehmen. Natürlich mag es sein, dass Aktien von Unternehmen, die sehr viel CO2 beanspruchen, im Rahmen einer zyklischen Erholung der Weltwirtschaft für mehrere Monate besser abschneiden als die Werte mit einer geringen Kohlenstoffdioxid-Emission. Langfristig dürfte das aber nicht der Fall sein, wird doch die Politik weltweit den CO2-Verbrauch aller Voraussicht nach verteuern und weniger klimaschädliche Prozesse und Unternehmen fördern.
Bei ETFs ist die Historie wie beschrieben kurz. Doch zeigt zum einen die Rückrechnung der relevanten Klimaindizes auf, dass auch hier die Performance stimmen dürfte. Zum anderen ist von anderen Assetklassen bekannt, dass ETFs nicht zuletzt aufgrund ihrer geringeren laufenden Kosten langfristig häufig sogar besser abschneiden als vergleichbare aktive Fonds.
Bleiben Klimafonds gefragt? Ja, weitere Mittelzuflüsse sind angesichts des Nachhaltigkeits- und Klimabooms wahrscheinlich. Und wenn etliche Unternehmen ihren CO2-Verbrauch deutlich vermindern, um als Investments für nachhaltige und klimaorientierte Investoren attraktiv zu sein, tritt auch eine Lenkungswirkung ein und dem Weltklima wäre geholfen. Denn nicht nur Schülerproteste, auch Geld kann viel Positives bewirken.