Marktausblick

ESG-Investments im Blick

Am europäischen Anleiheprimärmarkt ist in den ersten sechs Monaten des Jahres praktisch kein Handelstag vergangen, an dem die Anleger nicht bei einer grünen, sozialen oder nachhaltigen bzw. nachhaltigkeitsgebundenen Anleihe zugreifen konnten....

ESG-Investments im Blick

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Am europäischen Anleiheprimärmarkt ist in den ersten sechs Monaten des Jahres praktisch kein Handelstag vergangen, an dem die Anleger nicht bei einer grünen, sozialen oder nachhaltigen bzw. nachhaltigkeitsgebundenen Anleihe zugreifen konnten. Emittenten aus allen Bereichen bedienen den Markt mit solchen zweckgebundenen Bonds, um darüber Klima- bzw. Umweltschutzprojekte, soziale Maßnahmen oder nachhaltige Aspekte zu finanzieren. ESG (Environment, Social und Governance) steht bei Emittenten und Anlegern hoch im Kurs, und der soziale Aspekt hat durch die Pandemie nochmals eine Höhergewichtung erfahren. Die nachhaltige Rendite, die damit erzielt werden kann, liegt unter der risikolosen Rendite wie etwa der zehnjährigen Bundesanleihe. Anleger sind also bereit, hier einen Abschlag hinzunehmen. Auch das ist eine Errungenschaft dieses Marktsegmentes. Die zehnjährige Bundrendite liegt im Bereich von minus 0,20%. Die grünen Bundesanleihen sind mit noch höheren Parkgebühren verbunden.

Auch in der neuen Woche ist davon auszugehen, dass die Emissionstätigkeit in diesem Bereich weiterhin aktiv bleibt. Und die Emittenten können sich wohl weiterhin darauf einstellen, dass sie eine gute Nachfrage nach ihren zweckgebundenen Anleihen registrieren werden. Denn immer mehr Investoren werden auf das Thema ESG aufmerksam und richten ihre Portfolios entsprechend aus. Das sorgt für höhere Nachfrage.

Das bestätigen auch Studien und Umfragen, von denen es in der neuen Woche anlässlich des Halbjahresultimos wohl auch noch weitere geben wird. UBS Asset Management (UBS-AM) gab nun die Ergebnisse einer von der Economist Intelligence Unit (EIU) durchgeführten weltweiten Studie mit dem Titel „Resetting the agenda – How ESG is shaping our future“ bekannt. Darin befragte die EIU 450 institutionelle Investoren weltweit.

Regionale Unterschiede

Fast drei Viertel der Umfrageteilnehmer gaben an, dass ihre ESG-konformen Investments in den drei Jahren vor 2020 und nicht nur – wie durch aktuelle Daten belegt – während der Pandemie eine bessere Performance erreicht haben als vergleichbare traditionelle Investments. Drei Viertel der Investoren stimmten laut Studie zu, dass die Pandemie ihr Interesse an ESG-konformen Investments gestärkt hat. Und sie erwarten in den nächsten drei bis fünf Jahren eine weitere Zunahme der in nachhaltige Investments fließenden Anlagegelder. Seit Anfang 2020 dürften sich die Faktoren, die zu einer stärkeren ESG-Integration beitragen, an­gesichts der weitreichenden Folgen der Covid-19-Pandemie verändert haben. Was die Berücksichtigung findenden ESG-Faktoren angehe, gebe es kleinere regionale Unterschiede: Investoren im asiatisch-pazifischen Raum betonen soziale Aspekte (53%) stärker als die in anderen Regionen, und für Investoren in Nordamerika haben Umwelt- (60%) und Unternehmensführungsfaktoren (61%) einen höheren Stellenwert. Nordamerikanische Investoren liegen bei der ESG-Integration laut Studie anscheinend vor ihren Kollegen aus anderen Regionen. 41% von ihnen würden ESG-Kriterien bei mindestens 50% des von ihnen verwalteten Vermögens berücksichtigen, verglichen mit einem Viertel im asiatisch-pazifischen Raum und lediglich 18% in Europa.