Finanzmärkte

ESMA-Chefin fordert einfaches Regulierungssystem

ESMA-Chefin Verena Ross fordert eine einfache Regulierung auf der Jahrestagung der ICMA. Marktbasierte Finanzierungen werden in der EU nur unzureichend genutzt.

ESMA-Chefin fordert einfaches Regulierungssystem

ESMA-Chefin fordert einfaches Regulierungssystem

ICMA tagt in Brüssel – Euroclear-CEO Urbain: Europäische Kapitalmärkte erweitern und vertiefen – Investitionen für starke Finanzmärkte nötig

ESMA-Chefin Verena Ross hat sich auf der ICMA-Jahrestagung für ein einfaches und transparentes Regulierungssystem eingesetzt, um die europäischen Finanzmärkte innovativer und attraktiver zu machen. Marktbasierte Finanzierungen würden nicht ausreichend genutzt.

kjo Brüssel

Green und Sustainable Finance, Green Transition, Regulierungsaspekte, die Aussichten für die internationalen Bondmärkte, aber auch Anforderungen an eine neue Arbeitswelt in der Finanzindustrie waren nur einige der Themen, die auf der diesjährigen 56. Jahrestagung (Annual General Meeting & Conference) der International Capital Market Association (ICMA) diskutiert wurden. Zum Auftakt der Veranstaltung, die dieses Jahr in Brüssel mit rund 1.000 Teilnehmern von über 600 Institutionen aus der Finanzwelt stattfand, wies Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion (KMU), in ihrer Keynote darauf hin, dass dies ein kritischer Zeitpunkt sei, um über die Kapitalmärkte und die KMU zu sprechen, da die EU ein schleppendes Wachstum erlebe und die Unternehmen in der EU im internationalen Wettbewerb nicht so gut abschnitten, wie sie könnten. McGuinness sprach von einem wachsenden Interesse an der Vollendung der Kapitalmarktunion und forderte eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den europäischen Kapitalmärkten sowie eine Diskussion über die Bedeutung der T+1-Abwicklung im Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Verena Ross, Vorsitzende der ESMA (European Securities and Markets Authority), bezog sich in ihren Ausführungen auf das jüngste Positionspapier der ESMA zum Aufbau effektiverer und attraktiverer Finanzmärkte in der EU. Das Positionspapier enthält Analysen zu den EU-Kapitalmärkten unter Berücksichtigung der EU an den Märkten. Ross legte dar, dass marktbasierte Finanzierungen in der EU im Vergleich zum Rest der Welt derzeit nicht ausreichend genutzt werden. Sie machte darauf aufmerksam, dass dies mit Auswirkungen auf die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der EU-Finanzmärkte im internationalen Vergleich verbunden ist. Sie machte deutlich, dass Investitionen in diesem Kontext wichtig sind, um starke Kapitalmärkte und Finanzunternehmen zu gewährleisten, die die Interessen der Anleger in den Mittelpunkt stellen. Ross rief zum Handeln auf und erklärte, dass ein einfaches und transparentes Regulierungssystem sowie die Zusammenarbeit in der Finanzindustrie notwendig seien, um die europäischen Märkte innovativer und attraktiver zu machen.

Unsichere Zeiten durchlebt

Valérie Urbain, Chief Executive Officer (CEO) von Euroclear, wies darauf hin, dass die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte unsichere Zeiten durchlebt hätten und man nun vor der Aufgabe stehe, sich in einer unsicheren Landschaft zurechtzufinden, wobei Europa weiterhin mit Herausforderungen für das Wirtschaftswachstum konfrontiert sei sowie mit den Herausforderungen einer alternden Bevölkerung und des Klimawandels. Sie machte auf die Notwendigkeit aufmerksam, die europäischen Kapitalmärkte zu erweitern und zu vertiefen, um damit die Realwirtschaft zu unterstützen, das Niveau der Privatkundeninvestitionen zu verbessern, den Zugang zu marktbasierten Finanzierungen und zu Risikokapital zu erweitern. Urbain wies auf das Wachstum und die Beliebtheit von Eurobonds hin. Dies seien Instrumente, die Kreditnehmern bei der Kapitalbeschaffung helfen und weltweit ein breites Spektrum von Anlegern anziehen würden. Die Anleihemärkte seien die größte Finanzierungsquelle für Unternehmen zur Unterstützung ihres Wachstums und böten Haushalten die Gelegenheit für die Anlage von Ersparnissen. Letztlich gehe es auch darum, die Solidität und Attraktivität der europäischen Kapitalmärkte für Unternehmen und Anleger gleichermaßen zu gewährleisten.

Janet Wilkinson, die seit vorigem Jahr Chair der ICMA ist und bei der Royal Bank of Canada (RBC) Capital Markets als Managing Director den Bereich Global Markets Flow Sales verantwortet, hob in ihrer Rede die enormen Veränderungen an den internationalen Kapitalmärkten in den Zeiten von geopolitischen Spannungen hervor. Derartige Veränderungen habe man in dieser Form vorher so nie gesehen. Die Veränderungen beträfen die Bereiche Fintech, Sustainable Finance und Fixed Income insgesamt. Sie stellte für die ICMA für die kommenden zwölf Monate weitere Veränderungen in Aussicht. In einer Diskussionsrunde zu internationalen Kapitalmarkttrends und den Aussichten für die Märkte widmeten sich die Teilnehmer insbesondere den Regulierungsaspekten. Sie waren sich darin einig, dass eine Harmonisierung und Vereinfachung der Regulierung an der Zeit sei. Es werde derzeit sehr tief bis in alle Details reguliert. Und das schafft nach Ansicht von Gaspare La Sala, CEO Pictet Trading & Sales der Banque Pictet, ein falsches Gefühl von Sicherheit. Es müsste die Komplexität reduziert werden, und damit würden dann auch geringere Kosten entstehen.

Risiko muss bleiben

Zudem wurde darauf hingewiesen, dass auch das Risiko selbst im Markt bleiben müsse und damit die Möglichkeit der Risikoübernahme. Es müsse auch weiter Raum für die Risikoübernahme geschaffen werden. Die Märkte würden in ihrer Funktion der Risikoteilung besser funktionieren, als im Vergleich dazu Regierungen diese Aufgabe wahrnehmen könnten. Thematisiert wurde in diesem Zusammenhang auch der Fall der Credit Suisse. Dieser sei unvorhergesehen gewesen. Aber auch mehr Regulierung bedeutet nach Ansicht der Experten nicht, dass ein Fall wie Credit Suisse vermieden werden kann.

Wie schon in den Vorjahren gehörte auch Green und Sustainable Finance in diesem Jahr wieder zu den zentralen Themen der ICMA-Tagung. Hierbei wurde ebenfalls auf die Regulierung Bezug genommen. Auf der eine Seite gebe es bei grünen Anleihen erhebliches Nachfragepotenzial, da immer mehr Anleger auf eine grüne Ausrichtung ihrer Portfolios setzen. Auf der anderen Seite sehe die EU-Taxonomie aber eine sehr tiefgehende Abgrenzung vor, was denn überhaupt als grün anzusehen ist. Damit würden dann auch Projekte durchs Raster fallen, die vor einigen Jahren noch als grün definiert worden wären und auch zur grünen Transition beitragen könnten.

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